In der dritten seiner Unzeitgemäßen Betrachtungen stellt Nietzsche dem Leser einen Philosophen vor: Schopenhauer als Erzieher. Nicht als lebensfernen, beamteten akademischen Artifex des Denkens, sondern als jemanden, der rätsellösend und aufschlüsselnd zum Leben spricht, in dem wir alle stehen. So ähnlich mag es den Studenten ergangen sein, die an der Kunstakademie Düsseldorf mit Joseph Beuys in Berührung kamen. Er elektrisierte sie wie der Zitterrochen Sokrates seine Schüler, die Studenten gerieten umstandslos in seinen Bann und wussten nicht mehr, wie ihnen geschah. So beschreibt das Johannes Stüttgen, erst Student, dann Mitarbeiter, Mitstreiter und schließlich memorialer Sachwalter von Joseph Beuys in seinem mehr als tausend Seiten umfassenden Werk Der Ganze Riemen. Das Buch beschreibt die Zeit, die Joseph Beuys als Lehrer an der Kunstakademie gewirkt hat, beginnend mit dem Eintritt von Johannes Stüttgen als Student ebendort. Für diese Zeit sind alle Aktivitäten und Auftritte von Joseph Beuys in und außerhalb der Akademie beschrieben und dokumentiert. Der Autor realisierte damit eine persönliche Bitte von Beuys: "Ob ich also nicht einmal alles aufschreiben wolle, was damals in Düsseldorf passiert ist, wirklich alles, den ganzen Riemen". Sein Zweck und Ziel ist die Beglaubigung der These, die Beuys übrigens schon 1969 selbst geäußert hat, "dass die Lehrtätigkeit von Joseph Beuys an der Staatlichen Kunstakademie ein Kunstwerk ist". Das Werk ist methodisch gesehen eine in sich verschränkte, zeitlich limitierte Doppelbiographie: für die angegebene Zeit eine Biographie von Stüttgen und Beuys. Die biographische Folie von Stüttgen hat dabei die Funktion, eine Registraturinstanz bereitzustellen, die also nicht anonym bleibt, sondern mit Leib und Seele im Geschehen präsent ist, um den Film Beuys sichtbar werden zu lassen, als Film im Film. Auf diese Weise nimmt der Leser teil an einer Revue, in der Beuys der Hauptdarsteller ist, aber die eben nicht vor einem schweigenden Hintergrund präsentiert wird, sondern in seiner umfassenden szenischen Fülle im Spiegeldialog mit allen Beteiligten.
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