Als die DDR in den späten achtziger Jahren ihrem Ende entgegenging, wollte Erich Honecker das Regime retten und erinnerte sich daher seiner Juden. Das hatte man bisher geflissentlich vermieden, unter dem Deckmantel des "Antifaschismus" hatte man alle Verantwortung für die Vergangenheit abgelehnt, jetzt aber versprach man finanzielle Abfindungen und äußerte sogar eine Einladung: Juden aus der Sowjetunion sollten sich in Deutschland ansiedeln. Es hat nichts geholfen, und der SED-Staat musste untergehen. Nach der Wiedervereinigung aber übernahm die Bundesregierung auch diese Hypothek der DDR, sie ließ die Einladung gelten, und sie tat es mit Handkuss. 1991 erklärte man alle Juden, die aus den GUS-Staaten einwandern wollten, zu Kontingentflüchtlingen, und gleichmäßig werden sie seither nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf alle Bundesländer verteilt. Das neue Deutschland, das sich der Welt präsentieren wollte, musste seine Judenfrage lösen, und wie später die Errichtung des Holocaustmahnmals wurde auch das Einschleusen der "Flüchtlinge" zu einem Akt der Staatsräson. Fünfzehn Jahre nach der Wiedervereinigung waren etwa 200000 Juden eingewandert, ihre Zahl in Deutschland hatte sich fast verzehnfacht, und alles hatte sich verändert. Die Zuwanderer waren keine polnischen oder osteuropäischen Juden mehr wie die DPs der Nachkriegszeit, und obwohl Millionen ihrer Vorfahren, sofern sie westlich von Moskau oder Stalingrad gelebt hatten, von den Nazis ermordet worden waren, kamen sie doch aus der ehemaligen Sowjetunion – nicht als die Opfer, sondern als die Sieger des Zweiten Weltkriegs. Mit einem politischen Schwert hatte die Bundesregierung den gordischen Knoten zerschlagen, der das deutsch-jüdische Verhältnis zu ersticken drohte, und ein moralisches Problem war aus der Welt geschafft. Aber es war zugleich die endgültige Verabschiedung des deutschen Judentums, und an diesem Punkt soll die hier skizzierte Geschichte daher enden. Die Juden in der Bundesrepublik machen einen neuen Anfang. Seine Zukunft, wie alle Zukunft, ist nicht abzusehen.
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