Über die Jahrhunderte hin haben Mitglieder unterschiedlicher Gesellschaftsschichten aus vielen europäischen Ländern zum Europadiskurs beigetragen: Schriftsteller, Politiker, Philosophen, Vertreter der Kirchen und der Wissenschaft. Dieser Diskurs war vor allem ein Friedensdiskurs, der seine ethische Energie aus der Opposition zu großen Kriegen bezog. Er schuf Imaginationen, die als Erinnerungen Zeiten der Stabilität und der Harmonie beschworen und die als Utopien Vorstellungen von einem künftigen Europa schufen, das Institutionen bauen sollte, um Kriege zu verhindern. Dieser Europadiskurs als Friedensdiskurs reicht von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart, ein Dialog über die Jahrhunderte hin. Der deutsch-französische Antagonismus wie auch die deutsch-französische Freundschaft waren besonders wichtige Antriebskräfte der Europaessayistik. Man kann eine Genealogie dieses Diskurses rekonstruieren. Sie reicht vom "Großen Plan" des Herzogs von Sully bis zu Giscard d´Estaings Verfassungsvertrag für die Europäische Union, von Novalis´ Europavorstellungen bis zu Adolf Muschgs Essay Was ist europäisch? . Innerhalb dieses Europadiskurses gibt es zwei Grundrichtungen, eine politisch-pragmatische und eine philosophisch-kulturelle: Entwürfe für verwaltungsmäßige Institutionen, ohne die das Projekt eines europäischen Staatenverbundes nicht funktionieren kann; Religiöses und Ethisches, also die kulturelle Basis eines kontinentalen Gemeinwesens. Der politisch-pragmatische Essay wurde vor allem von Politikern und Publizisten verfasst und dominierte in Frankreich, der religiöse beziehungsweise ethische, auf gemeinsame zivilisatorische Werte ausgerichtete Europaessay wurde von Schriftstellern beigesteuert und herrschte in Deutschland vor. Die Vertreter beider Richtungen waren Visionäre, denn die Art von neuer europäischer Friedensordnung, die inauguriert wurde, hatte in der faktischen Geschichte vergleichbar noch nicht existiert. Der pragmatische und der ideelle Europadiskurs blieben durch die Jahrhunderte hin aufeinander bezogen: immer kritisch, zuweilen konstruktiv, weil man in den Zielen übereinstimmte, nicht selten auch destruktiv, weil kulturelle Werte vertreten wurden, die sich mit den Plänen und Aktionen der Projektemacher nicht vereinbaren ließen.
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