Zitate aus dem Januarheft, Nr. 764
Die aktuellen Kämpfe von Rechten und Linken seien, so Obama, ein »Psychodrama der Babyboomergeneration – ein in alten Missgunst- und Racheszenarien wurzelndes Märchen, das vor Ewigkeiten an ein paar Universitäten ausgeheckt worden ist«. Diese Behauptungen sind falsch und irreführend. Die Vereinigten Staaten haben nicht nur immer eine starke, unabhängige, radikale Linke gebraucht, sondern normalerweise auch gehabt. Obwohl diese Linke marginalisiert (wie heute der Fall) und zum Sündenbock gemacht worden ist (besonders in Notsituationen oder »Ausnahmezuständen«), hat sich in Phasen der Krise ihre Unverzichtbarkeit gezeigt – in Phasen, da die Identität des Landes in Frage stand.
Eli Zaretsky, Die Zukunft der Linken
Das Solidaritätsverbot schützt gegen die Eingriffe anderer Staaten und wahrt am Ende die Souveränität eines Volkes. Keine Troika darf sich erdreisten, das Macht- und Fiskalmonopol eines souveränen Staates in Frage zu stellen, keine Staatengemeinschaft Parlamente unter Druck setzen, Solidarhilfe zu bewilligen. Der souveräne Staat und seine Bürger müssen ganz und gar Herr ihrer Ausgaben und Einnahmen bleiben. Beider Würde muss geschützt werden. All jene, die das Solidaritätsverbot als hartherzig denunzieren, müssten zumindest anerkennen, dass das Prinzip Selbstverantwortung (Souveränität) den Stolz eines Volkes stärkt.
Rainer Hank, Solidaritätsverbot
Der Altbundeskanzer schrieb dem Verfasser lakonisch: »Vor einem Führungsanspruch Deutschlands in Europa ist zu warnen. Er würde die verlässliche Einbindung Deutschlands in den Prozess der europäischen Integration gefährden, die im ureigenen strategischen Interesse unseres Landes ist.« Schmidts Sätze führen zum Kern des Problems und weichen ihm doch zugleich aus. Er empfiehlt, das Hegemonieproblem dadurch zu lösen, dass man so tut, als existiere es nicht. Die Schwierigkeit der Rolle Deutschlands in Europa besteht heute aber gerade darin, dass das nicht länger funktioniert.
Christoph Schönberger, Nochmals: Die deutsche Hegemonie
In ihrer schillernden Vielfalt muten diese lange Zeit von der Geschichtswissenschaft nur wenig beachteten Einrichtungen heute seltsam an, erinnern an frühneuzeitliche Kunst- und Wunderkammern und werfen doch zugleich Probleme auf, die von drängender Aktualität sind, denn ähnlich wie Suchmaschinen agierten Adressbüros in einem Spannungsfeld zwischen Geheimhaltung und Übernahme von Polizeiaufgaben; nur zu oft widersprachen sich das Diskretionsbedürfnis der Klienten und das Streben der Obrigkeit nach Einflussnahme.
Anton Tantner, Adressbüros
Jetzt haben wir beides: die Documenta in aller Welt und die Ausstellung von Weltkunst in der Documenta. Bereits die beiden Vorgänger hatten die Verpflichtung auf Allerweltskunst durchgesetzt. Nun, Europa ist notdürftig von nur noch sieben Prozent der Weltbevölkerung gefüllt, da kann man schon mal großzügig sein. Andererseits können wir jetzt schon Minderheitenschutz einfordern. Das müsste man in hochsensiblen Documenta-Kreisen auch einmal berücksichtigen.
Wolfgang Kemp, Mit Blindman auf der Documenta 13
Die gegenwärtigen Inflationsängste sind mithin wohl übertrieben, aber die Inflationsmarker sind da: Staatsschulden, Geldmenge, Exportkonjunktur. Die Frage ist, ob, wo und wann der Funke überspringt etwa auf die Arbeitsmärkte und ob sich dann die aus der jüngeren Geschichte bekannten Spiralen bilden. Das ist schwer zu prognostizieren. Die Enteignungsängste in der Bevölkerung hingegen sind real und angesichts einer negativen Realverzinsung auch nicht von der Hand zu weisen.
Werner Plumpe, Inflationsängste
Walden geht davon aus, in jeder Nummer einen Beitrag von Kraus drucken zu können. Allerdings hat er nicht mit dessen Perfektionismus gerechnet. Als es beim Nachdruck einer gegen Maximilian Harden gerichteten Glosse aus der Fackel zu Druckfehlern kommt, verfasst Kraus eine wütende Beschwerde: »Ich sage Ihnen, dass die ganze deutsche Literatur Druckfehler vertragen kann – ich nicht . Ich halte es für das Problem der Probleme. Ich sage, wenn in einem Satz ein Druckfehler steht, und er gibt doch einen Sinn, so war der Satz kein Gedanke.« Nachdem acht Texte von ihm erschienen sind, entscheidet Kraus im September 1910, nichts mehr für den Sturm zu liefern.
Christian Schröder, Fackel im Sturm
In den vielen Artikeln überlagern sich zum Teil gänzlich unterschiedliche und kaum in Übereinstimmung zu bringende Weltsichten, die entweder auf das »grundsätzlich Gemeinsame« zielen (ohne es wirklich benennen zu können) oder die Differenz als Leitphänomen in den Vordergrund rücken. Man mag dies als immer noch virulente Diskussion zwischen »Moderne« und »Postmoderne« rubrizieren oder als Streit zwischen »Geisteswissenschaften« und »Kulturwissenschaften« verstehen. So fragwürdig manches an diesem Werk ist, als Symptom nach wie vor virulenter Konflikte in und zwischen den betroffenen Fächern kann es sehr wohl überzeugen.
Achim Landwehr, Geist mit Lesebändchen
Bis heute beurteilt man historistische Geschichtsschreibung anhand theoretisch oft ungelenker Selbstdeutungen der Historiker und zwischen ihnen ausgetragener Streitereien über angebliche intellektuelle Versäumnisse der jeweils anderen. Solche Streitereien trieben theoretische Einseitigkeiten hervor, die der Vielfalt der tatsächlich geübten Praxis nicht gerecht wurden. Wie so oft sind auch hier die Werke klüger als ihre Autoren. Wer sich heute neu mit den Arbeiten der Historiker des 19. Jahrhunderts befasst, der sieht: Historistische Geschichtsschreibung ist anders als ihr Ruf.
Jens Nordalm, Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts
Der alte Carl Schmitt sagte im privaten Kreis wiederholt, er habe Heidegger 1933 im Berliner Luxushotel Kaiserhof, Wilhelmplatz, gegenüber der Reichskanzlei, getroffen und gesprochen. Falls das zutrifft, muss die Begegnung im September gewesen sein. Schmitt war vom 5. bis 19. September in Berlin. Am Freitag, den 8. September, war er um 11 Uhr im preußischen Kultusministerium beim Ministerialrat Johann Daniel Achelis einbestellt und nahm den Ruf an. Heidegger meldete dem badischen Ministerium am 4. September: »Ich habe soeben von dem Herrn Kultusminister des Preußischen Staatsministeriums einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Philosophie an die Universität Berlin bekommen.«
Reinhard Mehring, 9. September 1933 im Kaiserhof?
Auf Grund ihrer immensen Erdöl- und Erdgasvorkommen sind diese beiden Staaten, Iran und Saudi-Arabien, zu den Führern der jeweiligen islamischen Machtgruppierungen, der schiitischen und der sunnitischen, aufgestiegen. Der Konflikt war durch das seit anderthalb Jahrtausenden bestehende, theologisch unversöhnliche Schisma zwischen Schiiten und Sunniten vorherbestimmt, hat aber in den letzten Jahren den Charakter eines Kalten Krieges um die Dominanz in der islamischen Sphäre angenommen. Diese Konfrontation ist der heutige »Nahostkonflikt«.
Chaim Noll, Islamischer Imperialismus
Nach kurzer Zeit in der Buchhandlung wurde mir klar, dass man in diesem Land keine Bücher las oder nur solche, die der Patriarch für sein Volk ausgewählt hatte. Und der Patriarch schrieb auch Bücher, er war nicht nur Führer der Revolution und König der afrikanischen Könige, sondern auch Filmemacher und talentierter Schriftsteller, wie manche Literaturkritiker aus Ägypten über ihn schrieben. Er hatte Kurzgeschichten verfasst, die nur von ihm und seinen Visionen handelten. Über die Perser hat Goethe gesagt, dass sie kein Theater kannten, weil der Despotismus keine Wechselrede erlaubt.
Rachid Boutayeb, Fragmente einer Reise nach Tripolis
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