MERKUR

Heft 03 / März 2018

Heft 826

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Zitate aus Merkur, Nr. 826, März 2018

Auf den Bildern, mit denen sie diese Vorschläge visualisieren, peinigen uns professionelle Optimisten mit den Versprechen einer klaren und sauberen Stadt, ohne Dreck und Krankheit, wo Freizeit die Norm und Arbeit unsichtbar ist, wo Bewegung sanft und reibungslos verläuft, soziale Spannungen und Kriminalität nicht vorhanden und weder Gebäude noch Menschen den Demütigungen des Alterns ausgesetzt sind. Gegen tiefe Verunsicherung und unaufhaltsame Veränderung treten die Architekten mit Bildern einer gegen die Verheerungen der Zeit wundersam gefeiten Ordnung an. Sieht so wirklich die Stadt der Zukunft aus?
William Mann, Ein Nachzügler imaginiert die Stadt

Nehmen wir also an, das Leben ist aus einem flüssigen physikalischen Milieu hervorgegangen (ganz gleich mit welchem Inhalt, ob Wasser- oder Ammoniakmoleküle), und zwar nicht durch einen einfachen Zufall, sondern weil Leben als Phänomen ausschließlich in flüssigen Milieus möglich ist. Der Übergang der Lebewesen vom Meer auf das Festland wäre dann nicht als radikale Transformation zu interpretieren oder als Revolution in der Natur des Lebens und in seinem Verhältnis zum Milieu, das es beherbergt, sondern als graduelle Veränderung von Dichte und Aggregatzustand desselben flüssigen Milieus (der Materie), das unterschiedliche Formen annehmen kann.
Emanuele Coccia, Die Wurzeln der Welt

Die als eigenständige Disziplin auftretende Provenienzforschung ist kein Kind eines sich ausdifferenzierenden Wissenschaftsbetriebs. Ihre Eltern sind der Rechtsstreit und die Tagespolitik. Mehr als andere ist die neue Disziplin gewollt, bleibt bezogen auf praktische Zwecke. Eine Methodik, Zielsetzungen und Kriterien bildet sie über ihren alten handwerklichen Fertigkeiten erst jetzt, mitten in ihrem Höhenflug, heraus.
Thomas E. Schmidt, Provenienzen

Eigentlich alle, mit denen man spricht, erklären, hier habe sich in den letzten Jahren etwas verschoben. Das Wort des Vertriebs habe sehr viel mehr Gewicht als früher. Rein literarischer Wert zählt als Argument nur noch wenig. Viele Lektorinnen fühlen sich gedrängt, die Logik des Vertriebs von Anfang an in Entscheidungen über die Annahme von Manuskripten einzubeziehen.
Ekkehard Knörer, Literaturkolumne

An die Stelle von differenzierten Analysen, die angesichts der vielen bemerkenswerten Beispiele wünschenswert wären, rückt ein reflexhafter, nicht immer ressentimentfreier Impuls, der nach dem postmodernen »Ende der großen Erzählungen« deren Rückkehr herbeizuwünschen scheint – und auf diesem Weg zugleich jene Vorstellungen vom »Echten und Unmittelbaren« zu restituieren versucht.
Eckhard Schumacher, Present Shock

Personal und Handlung dieser Kipling’schen Geschichten sind dagegen in Teilen der älteren Aesopischen und La Fontaine’schen Tierfabelwelt geschuldet. Sie sind in gewisser Weise exotistische Aneignungen der europäischen Fabel. Allerdings verfasste Kipling diese Geschichten später im nordostamerikanischen Bundesstaat Vermont als ein auch unter Exoten noch recht bemerkenswerter Vertreter seiner Spezies: ein in Indien aufgewachsener britischer Staatsbürger, der schon früh von den Eltern in die ihm völlig unbekannte englische Heimat, in die Hölle einer britischen Gastfamilie, deportiert worden war und dort die übelsten und prägendsten Erfahrungen seines ganzen Lebens gemacht hatte.
Heiko Christians, Bei den Bandar-log

Fortan fahren zwei Busse zwischen dem Bahnhof und dem Lager: zwei Omnibusse der Marke Daimler-Benz, fabrikneu, die Serienummern der Motoren aufeinanderfolgend mit den Kennzeichen B-52230 und B-52227 und je 32 Sitzplätzen. Ein Jahr später wurde das Moor zum Kräutergarten. Häftlinge mussten kilometerlange Drainagekanäle ziehen, den Boden umstechen, fruchtbare Erde aufschichten, Beete anlegen, Sträucher einsetzen und Gladiolenzwiebeln pflanzen.
Michaela Maria Müller, Durchs Moor, durch Dachau

Die Kohlmeise sitzt, die Schwanzfedern immer noch stützend gespreizt, in meiner Hand, ich spüre ihre Krallen. Selten sehe ich einen lebenden Vogel so nah und so ruhig. Die Meise, denke ich, ist perfekt, jede einzelne Feder so fein geformt, so exakt, wie die Natur sie gerade machen konnte. Die Augen der Meise bewegen sich hinter den geschlossenen Lidern. Träumt sie? Wovon? Lebt sie ihre Kollision mit der Fensterscheibe nach?
Günter Hack, Einsamkeit ist ein Zustand ohne Meise

Er grüßte privat auch mal mit »Heil Hitler«, seine Exfreundin glaubt, Waffen »machen ihn geil«, und sein erklärter Traum war es, »alle Menschen auszuradieren«. Aber heißt das gleich, dass er wusste, wofür die Waffe verwendet werden sollte, die er da verkaufte?
Enis Maci, Umformungen

MERKUR Jahrgang 72, Heft 826, Heft 03, März 2018
broschiert
ISSN: 0026-0096

Autoren in dieser Ausgabe

William Mann, Emanuele Coccia, Bernhard Malkmus, Thomas E. Schmidt, Ekkehard Knörer, Eckhard Schumacher, Heiko Christians, Michaela Maria Müller, Günter Hack, Enis Maci,


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