Die Geschichte der Geschichtsschreibung hat nicht nur einen ungeheuren Erkenntnis-, sondern einen nicht minder bedeutenden Formenreichtumhervorgebracht. Die Spannbreite der Zugänge und Methoden spiegelt die Komplexität der Welt wider, auf die sich Geschichtsschreibung einlässt. Sie entfaltet sich nicht nur in Genres und Spezialuntersuchungen, in Einzelforschungen und Synthetisierungsanstrengungen, Epochendarstellungen und Mikrostudien, Institutionen- und Geistesgeschichten, Biographien und Sozialgeschichten, und ihre Vitalität zeigt sich in einer unentwegten Verschiebung von Perspektiven und Neuerschließung oder Neubewertung von Quellen. Demgegenüber scheint die Arbeit mit dem Formenreichtum historischer Erzählung fast zweitrangig, so als könnte das Was vom Wie getrennt werden. Könnte es nicht sein, dass die Art und Weise, wie wir über das 20. Jahrhundert sprechen, hoffnungslos zurückgeblieben ist gegenüber dem, was sich ereignet hat? Könnte es sein, dass wir noch immer an den Formen des Gesellschaftsromans des 19. Jahrhunderts uns orientieren, wo wir längst in die Abgründe des 20. katapultiert sind? Und könnte es nicht sein, dass wir in einem Schematismus befangen bleiben, der uns daran hindert, den Abenteuern und Abgründen, die wir doch ausgemacht haben, eine angemessene Sprache zu geben? Vieles spricht dafür, dass die Neigung, sich auf "Haupt- oder Sonderwege" zu fixieren, dass die Sucht, alles auf den Begriff bringen zu müssen, nicht bloß forschungslogische Gründe hat, sondern zutiefst in einem Sicherheitsbedürfnis des historischen Betriebs begründet ist, der zu glauben scheint, dass sich die chaotische Unübersichtlichkeit des geschichtlichen Tumults durch Modelle und Begriffe bändigen ließe.
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