Zitate aus dem Novemberheft 2016, Nr. 810
Wenn ich mir auch nicht vorstellen kann, wie die neosaudischen Bauphantasmen
des neuen Tiflis von einer Zivilgesellschaft jemals eingemeindet (sozusagen
eingeholt) werden könnten. Mit der freundlich-idyllischen Bescheidenheit, den
hohen Zypressen in den winzigen Vorgärten, den weinlaubüberwachsenen
Holzveranden, den Backsteinmauern und selbstgezimmerten Holzzäunen ist es in
den meisten Vierteln von Tiflis jedenfalls aus, für immer.
Stephan Wackwitz, Traumstadt
Zwei Wellen der Globalisierung führten und führen dazu, dass sich die räumliche
Vorstellung von einem geschlossenen Handels- und Machtstaat auflöst. Weltweite
Informations-, Wirtschafts- und Verkehrs-, vor allem aber Migrationsströme
widersprechen statischen Modellen ortsstabiler Bevölkerungen, national
abgegrenzter Kulturen und nur ausnahmsweise überschrittener Grenzen, wie sie
dem konventionellen Verständnis von Nationalstaatlichkeit zugrunde
liegen.
Dieter Gosewinkel, Staatsbürgerschaft
Gesetze,
die das gesamte Universum regieren, können nicht strikt deterministisch sein,
es muss Möglichkeiten und Verzweigungen geben. Wie sind die zu den
verschiedenen Zeitpunkten nicht mehr realisierbaren und die noch nicht
realisierten Möglichkeiten zu behandeln? Etwa als Parallelwelten?
Ernst-Wilhelm Händler, Das Universum ist auch nicht mehr das, was es mal war
Eigene
Beachtung verdient die Selbstbezüglichkeit, mit der Benedikt über sich und
seine Amtsführung berichtet. Darf ein Papst Einzelheiten aus Gesprächen mit
hochrangigen Politikern ausplaudern, denen er bei ihren Besuchen im Vatikan
oder auf seinen Auslandsreisen begegnet ist? Erschwert er seinem Nachfolger und
den Diplomaten des Heiligen Stuhls nicht die Arbeit, wenn die Herren Obama,
Putin und Erdogan nun nachlesen können, was ihr päpstlicher Gesprächspartner
von ihnen gehalten hat? Muss Benedikt den Leuten erzählen, dass er mit der Wahl
seines Nachfolgers Franziskus nicht gerechnet habe?
Friedrich Wilhelm Graf, Religionskolumne
Dieses
konsequente und kompromisslose Schreiben Diskis aus der eigenen, weiblichen
Perspektive heraus, ohne sich zur Bannerträgerin einer bestimmten Position in
den zahllosen Culture-War-Debatten um Feminismus und Gender machen zu lassen,
hat sie für viele jüngere englischsprachige Autorinnen zu einer wichtigen
Referenz gemacht.
Christina Dongowski, Das letzte Buch
Im Zentrum beider Erzählprojekte steht indessen ein Kampf
nicht allein um Anerkennung, sondern auch um erzählerische Form. Bei Knausgard manifestiert
sich dieser in Darstellungsstrategien, die zwischen dem Minimalismus gezielt
banalisierter Alltagsbeschreibungen und dem Maximalismus kosmologischer
Reflexionen, zwischen einem Modus des Kampfs und einem der Korrespondenz
variieren. Ferrante legt ihren psychologischen und politischen Kampf im
überdeterminierten Verhältnis ihrer Protagonistinnen an.
Julika Griem, Nahkampf auf der Langstrecke
Wenn Müesser Yeniay in
diese unsere Welt, die stief ist, die Lyrik als Distanz legt, spannt sie den
Bogen vom Liebes- über das Landschaftsgedicht bis zum Feminismus und zum
politischen Gedicht, das aktuelle politische Ereignisse verhandelt. In einem
ihrer öffentlichen Statements von 2016 richtet sie sich mit kurzen und scharfen
Zeilen explizit gegen Lyriker und Lyrikerinnen, die ausschließlich
Ausdruckslyrik verfassen und verurteilt monothematisches Schreiben. Die Welt
mag stief sein, aber sie gehört für Müesser möglichst umfassend ins
Gedicht.
Achim Wagner, Diese Welt ist stief
Im Netz macht sich kein
Lehrer, kein Professor und auch kein Bibliothekar an der Ausgabetheke mehr
einen Reim auf die Folge der Lektüren oder notiert sie wenigstens auf
Karteikärtchen, um sie eventuellen späteren Biografen an die Hand zu geben. Den
unablässigen Übungsparcour der neuen Nutzer in den sozialen Netzwerken
kontrolliert nur noch die Werbeindustrie auf der Jagd – fishing – nach Adressen
und Kaufbedürfnissen und vielleicht ein Geheimdienst oder zwei.
Heiko Christians, Radikalisierung und Medienbildung
Es gilt gerade
deshalb, die literarische Dimension des Juristen Schmitt näher zu erkunden, das
Literarische bei Schmitt also nicht als originellen Nebenaspekt eines
vielfältig begabten Mannes zu verstehen, sondern vielmehr den spezifisch
literarischen Charakter gerade seiner rechtswissenschaftlichen Produktion in
den Blick zu nehmen.
Christoph Schönberger, Carl Schmitts literarische Jurisprudenz
Das Schweigen der
Kriegsteilnehmer in der Nachkriegsgesellschaft war, wo nicht eindeutig
traumatischen oder karrierestrategischen Ursprungs, nichts anderes als die
Fortsetzung der durch den Krieg noch auf die Spitze getriebenen Fähigkeit,
Dinge mit negativem Erinnerungswert beliebig ausblenden oder, was vielleicht
dasselbe ist, in etwas Anekdotisches verwandeln zu können.
Harry Walter, »Juden, beim Holzsägen«
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