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PSYCHE, 2020, Jg. 74, Ausgabe 9-10

PSYCHE, 2020, Jg. 74, Ausgabe 9-10

Eifersucht

DOI: 10.21706/ps-74-9

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Beschreibung


Eifersucht ist ein allgegenwärtiges Phänomen, das aber auch große destruktive Potenziale beinhaltet. Wie der populäre Spruch "Eifersucht ist die Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft“ zeigt, ist Eifersucht häufig mit teils großem Leid verbunden, in der Regel für beide Seiten, die eifersüchtige Person und die Person, auf die sich die Eifersucht bezieht. Wenn Eifersucht fehlt, ist es jedoch auch auffällig. Sie beginnt früh mit der Geschwister-Eifersucht und begleitet uns über die ödipale und adoleszente Eifersucht ins Erwachsenenleben.

Das Doppelheft 2020 bietet einen Überblick zur Literatur und entfaltet in verschiedenen Beiträgen ein ganzes Panorama eifersüchtiger Phänomene in Sexualität, forensischer Psychiatrie, antiker Kultur, Literatur und der analytischen Behandlung von Erwachsenen und Kindern.

Die Autorinnen und Autoren sind:
Daniel Barth, Susanne Döll-Hentschker, Lutz Garrels, Achim Geisenhanslüke, Carine Minne, Dhwani Shah, Christine Walde, Herbert Will

Das September-/Oktober-Doppelheft der PSYCHE ist dem Thema Eifersucht gewidmet.

Einleitend gibt Susanne Döll-Hentschker eine Literaturübersicht über emotionspsychologische, soziologische und psychoanalytische Arbeiten zur Eifersucht.

In ihrer Studie zu den Liebeselegien der altrömischen Dichter Properz und Ovid spürt Christine Walde der Entdeckung – oder auch: Erfindung – einer Gefühlskultur der Intimität nach, in der auch das – noch nicht auf den Begriff der Eifersucht gebrachte – Leiden an enttäuschter Zweisamkeit prominenten Raum einnimmt.

Achim Geisenhanslüke entwickelt in seiner Lektüre der »Novelle vom maßlos Wissbegierigen« aus Cervantes’ »Don Quijote« vor der Folie von Freuds Ausführungen zur Eifersuchtsparanoia eine erstaunlich moderne Deutung dieses »hässlichen Gefühls«.

In einem weiteren Überblicksartikel skizziert Herbert Will ein psychoanalytisches Prozessmodell gesunder und pathologischer »Schicksale der Eifersucht«, die er im Gegensatz zum Neid als triadische Struktur beschreibt.

Auch Daniel Barth und Carine Minne loten in ihren klinischen Beiträgen jeweils die entwicklungspsychologischen Unterschiede zwischen Eifersucht und Neid aus, Barth im Hinblick auf die Frage von Besitz und Besetzung, Minne mit Blick auf die Destruktivität.

An einem Roman von Julian Barnes illustriert Lutz Garrels die perverse Sexualisierung der eifersüchtigen Szene und deren Funktion für das narzisstische Gleichgewicht des krankhaft Eifersüchtigen.

Abschließend lenkt Dhwani Shah die Aufmerksamkeit auf Eifersuchtsgefühle des Analytikers in der Gegenübertragung und umreißt deren praktische und theoretische Bedeutung.

Bibliographische Angaben


Herausgegeben von:Johannes Picht, Susanne Döll-Hentschker, Udo Hock, Vera King und Herbert Will
1. Auflage, Erscheinungstermin: 28.08.2020, 250 Seiten, kartoniert
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187
ISBN: 978-3-608-97358-7

Details


Editorial
Formate: pdf, html
Susanne Döll-Hentschker, Herbert Will
Seite 631 - 634 | doi: 10.21706/ps-74-9-631
Übersichtsartikel
Eifersucht – aus verschiedenen Perspektiven betrachtet

Nach einer kurzen Darstellung der Definitionen von Emo­tionen und Emotionsregulierung folgen verschiedene Ansätze der Klassifikation von Eifersucht. Übereinstimmend wird Eifersucht als Prozess verstanden, der typischerweise durch eine triadische Beziehungsstruktur – sei diese real oder auch nur gefürchtet – ausgelöst wird. Auf diese wahrgenommene Gefahr gibt es mehrere Möglichkeiten der Reaktion. Diese sind nicht nur situationsabhängig, sondern variieren sowohl inter- wie auch intrapersonell. Im psychoanalytischen Diskurs dominieren heute Zusammenhänge zwischen frühen Beziehungserfahrungen und Eifersucht, wobei vor allem (kumulativ) traumatisierende Beziehungserfahrungen mit einer erhöhten Vulnerabilität für stärkere Eifersucht zusammenhängen könnten. Empirische Ergebnisse der Bindungsforschung zeigen ebenfalls solche Zusammenhänge.

The author begins with a brief discussion of the definitions of emotion and emotional regulation, proceeding from there to review various approaches to the classification of jealousy. There is a unanimous understanding of jealousy as a process typically triggered by a triadic relation structure, either real or feared. Reactions to this perceived danger differ. They are not only situation-dependent but may vary inter- and intrapersonally. Present-day psychoanalytic discourse trains its sights on the relations between early relationship experiences and jealousy, suggesting that there may be a connection above all between (cumulative) traumatic relationship experiences and heightened susceptibility to intense jealousy. Empirical findings from attachment research also indicate connections of this kind.

L’article présente d’abord brièvement les définitions des émotions et de la régulation des émotions, puis étudie les diverses classifications de la jalousie. La jalousie est unanimement conçue comme un processus typiquement déclenché par une structure relationnelle triadique – que celle-ci soit réelle ou seulement redoutée. Il existe plusieurs façons de réagir à ce qui est perçu comme un danger. Ces réactions ne dépendent pas seulement de la situation, mais varient à la fois entre les personnes et à l’intérieur de celles-ci. Le discours psychanalytique établit aujourd’hui prioritairement un lien entre les expériences relationnelles précoces et la jalousie et suppose qu’une accumulation d’expériences relationnelles traumatisantes pourrait être à l’origine d’une vulnérabilité accrue à une jalousie plus forte. C’est ce que confirment les résultats empiriques de la recherche sur les liens précoces.

Schlagworte: Eifersucht, Emotionen, Emotionsregulierung, Triangulierung, triangulation, emotional regulation, emotions, jealousy, Ent­wick­lungs­theorie, development theory, théorie du développement , jalousie , émotions , régulation des émotions 
Formate: pdf, html
Susanne Döll-Hentschker
Seite 635 - 659 | doi: 10.21706/ps-74-9-635
Hauptbeiträge
Die Entdeckung der Eifersucht im antiken Rom

Der Beitrag spürt der Entdeckung dessen, was man heute »Eifersucht« nennt, im antiken Rom in der Zeit des Kaisers Augustus nach. Die Autorin erläutert zunächst einige linguistische, sozioökonomische und gesellschaftliche Voraussetzungen, um dann in einem close reading von Gedichten der Elegiker Properz und Ovid Bedingungen und Umstände der Eifersucht in der Metropole Rom zu diskutieren. Diese philologische Auseinandersetzung bereitet psychologischen Überlegungen den Boden.

The article traces back the discovery of what we call »jealousy« to ancient Rome and the reign of Emperor Augustus. The author first discusses a number of linguistic, socioeconomic, and societal givens before engaging in a close reading of poems by the elegists Propertius and Ovid with a view to identifying conditions and circumstances favoring the emergence of jealousy in the Roman metropolis. This philological investigation paves the way for a psychological approach to the phenomenon.

L’article retrace la découverte de ce que l’on appelle aujourd’hui la « jalousie » dans la Rome antique sous le règne de l’empereur Auguste. L’autrice explique d’abord le contexte linguistique, socio-économique et social, puis discute des conditions et des circonstances de la jalousie dans la ville de Rome en lisant attentivement les œuvres des poètes élégiaques Properce et Ovide. Cette discussion philologique prépare le terrain pour des considérations psychologiques.

Schlagworte: Rom, Eifersucht, Ovid, jealousy, Liebeselegie, Properz, Rome, love elegy, Propertius, jalousie , Rome , poésie élégiaque , Properce , Ovide
Formate: pdf, html
Christine Walde
Seite 660 - 686 | doi: 10.21706/ps-74-9-660
Ein hässliches Gefühl?
Zur Geschichte der Eifersucht in der Psychoanalyse und der Literatur

Der Beitrag diskutiert die Bedeutung des Affekts der Eifersucht bei Freud im Vergleich zu literarischen Darstellungen des Gefühls. Während sich Freud selbst in seiner Analyse der Eifersucht von Shakespeares »Othello« hat leiten lassen, konzentriert sich die Studie auf die Novelle vom maßlos Wissbegierigen aus dem »Don Quijote«, um im Rekurs auf Cervantes Freuds Analyse zu bestätigen und zu erweitern. Eifersucht erweist sich als ein komplexes Gefühl, in dem sich verschiedene Affekte wie Liebe, Hass, Angst, Trauer und Scham überlagern. Die Komplexität der Eifersucht verhindert eine stabile Definition des Affektes, erlaubt aber zugleich eine differenzierte Analyse auf der Grundlage von literarischen Texten wie der Novelle von Cervantes, die Fallgeschichten mit hoher Aussagekraft präsentieren. Literatur und Psychoanalyse erweisen sich als Geschwister in einem Verhältnis, das von Eifersucht nicht ungetrübt ist.

The article compares the significance of the jealousy affect in Freud with literary portrayals of the »green-eyed monster.« In his analysis of jealousy, Freud largely took his bearings from Shakespeare’s Othello, whereas the present study concentrates on the novella The Curious Impertinent from part one of Cervantes’ Don Quixote. The findings it comes up with both confirm and extend Freud’s insights. Jealousy proves to be a complex feeling in which different affects like love, hatred, fear, grief, and shame are superimposed on one another. While the complexity of jealousy prevents a stable definition of the affect, it provides ample scope for sophisticated analysis on the basis of literary texts like Cervantes’ novella and the highly suggestive case histories they present. Thus literature and psychoanalysis stand revealed as siblings in a relationship that is itself not entirely free of jealousy.

L’article étudie l’importance de l’affect de la jalousie chez Freud en comparaison avec les représentations littéraires. Alors que Freud lui-même se réfère dans son analyse de la jalousie à l’Othello de Shakespeare, l’étude recourt à Cervantès et à la nouvelle Le Curieux impertinent de Don Quichotte pour confirmer et élargir l’analyse de Freud. La jalousie se révèle être un sentiment complexe dans lequel se chevauchent divers affects tels que l’amour, la haine, l’angoisse, le chagrin et la honte. La complexité de la jalousie empêche une définition stable de l’affect, mais permet en même temps une analyse différenciée fondée sur des textes littéraires tels que la nouvelle de Cervantès, qui présentent des cas cliniques avec un haut niveau d’expressivité. La littérature et la psychanalyse s’avèrent être frères et sœurs dans une relation qui n’est pas dénuée de jalousie.

Schlagworte: Narzissmus, Eifersucht, Affekte, Freud, narcissism, Paranoia, affects, narcissisme, jealousy, Freud , jalousie , affections , paranoïa 
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Achim Geisenhanslüke
Seite 687 - 711 | doi: 10.21706/ps-74-9-687
Übersichtsartikel
Schicksale der Eifersucht
Ein psychoanalytisches Prozessmodell

Der Autor entwickelt ein eigenständiges Konzept von Eifersucht und betrachtet sie unabhängig von anderen Emotionen, doch verwoben mit ihnen. Um die vielen Facetten der Eifersucht zu berücksichtigen, schlägt er ein psychoanalytisches Prozessmodell vor, das den je individuellen Verlauf einer Eifersuchtsentwicklung in den Blick nimmt. Anhand von Beispielen werden die lebensgeschichtlichen Eifersuchts-Dreiecke mit den Verlaufsordnungen normaler und pathologischer Eifersucht, den unterschiedlichen Reaktionen auf Eifersucht und der Psychogenese eifersüchtiger Pathologie verknüpft. Den Mechanismus der Eifersucht sieht er, bei aller Komplexität, in einer unbewussten Strategie: Äußerlich inszenierte Konflikte der Erwachseneneifersucht sollen dazu dienen, Kränkung und Scham zu bewältigen und die wachgerufenen Emotionen kindlicher, teils traumatischer Beziehungserfahrungen niederzuhalten.

The author bases his remarks on a self-contained concept of jealousy that regards the affect as both independent of other emotions and bound up with them. To do justice to the many facets of jealousy, he proposes a psychoanalytic process model that homes in on the individual course taken by jealousy in individual instances. With reference to examples, biographical jealousy triangles are set in relation to the development displayed by normal and pathological jealousy, the different reactions to jealousy, and the psychogenesis of pathological jealousy. For all its complexity, the author sees the jealousy mechanism primarily in terms of an unconscious strategy. The conflicts of adult jealousy are enacted in the present in order to come to terms with injury and shame and to keep at bay the emotions aroused by (partly) traumatic relationship experiences in childhood.

L’auteur élabore un concept original de la jalousie qui considère celle-ci comme indépendante des autres émotions et pourtant entrelacée avec elles. Pour tenir compte des nombreuses facettes de la jalousie, il propose un modèle de processus psychanalytique qui prend en considération le parcours individuel du développement de la jalousie. Des exemples montrent que les triangles de la jalousie sont liés dans les biographies aux phénomènes de la jalousie normale et pathologique, aux différentes réactions à la jalousie et à la psychogenèse de la pathologie de la jalousie. Selon lui, le mécanisme de la jalousie traduit, avec toute sa complexité, une stratégie inconsciente : la mise en scène dans le présent des conflits de jalousie des adultes sert à surmonter la vexation et la honte et à réprimer les émotions liées à des expériences relationnelles en partie traumatisantes vécues dans l’enfance.

Schlagworte: Eifersucht, Leidenschaft, Destruktivität, destructiveness, passion, Prozessmodell, triadische Struktur, jealousy, process model, triadic structure, destructivité, jalousie , modèle de processus , passion , structure triadique 
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Herbert Will
Seite 712 - 737 | doi: 10.21706/ps-74-9-712
Hauptbeiträge
Besetzung, Neid und Eifersucht

Während im alltäglichen Sprachgebrauch »Neid« und »Eifer­sucht« oft wechselweise benutzt werden, wird in der Psychoanalyse deutlich unterschieden. Neid bezieht sich auf eine Zweiersituation: Jemand möchte etwas von jemandem, auch einem Fremden, haben. Die Eifersucht hingegen betrifft eine Dreiersituation: Eine Beziehung scheint durch einen Dritten gefährdet zu sein. Neben der Anzahl der involvierten Personen ist der Besitzanspruch bei Neid und Eifersucht von unterschiedlicher Bedeutung. Der Autor geht der Frage der Besetzung nach, die dem Besitz vorausgeht. Besetzung bedeutet ihm zufolge sowohl freundliche Befähigung als auch feindliche Übernahme. Die Unterschiedlichkeit der Besetzung wird im Zusammenhang von Neid und Eifersucht beleuchtet. Seine theoretischen Überlegungen illustriert der Autor mit einer klinischen Fallvignette aus der Analyse mit einem Jugendlichen resp. jungen Erwachsenen.

In everyday usage, the terms »envy« and »jealousy« frequently stand in for one another. Psychoanalysis makes a clear distinction. Envy refers to a two-sided situation: Someone wants something that belongs to someone else, possibly a stranger. Jealousy, by contrast, is three-sided: A relationship appears to be endangered by a third person. Alongside the number of persons involved in envy or jealousy, the claims to »possession« also differ in their significance. The author discusses the question of the cathexis preceding possession. In his view, cathexis can mean both amicable capacitation and »hostile takeover.« The author goes on to discuss the difference in cathexis between envy and jealousy. He illustrates his theoretical considerations with a clinical case vignette from the analysis of an adolescent/young adult.

La psychanalyse distingue nettement l’envie et la jalousie, alors que dans le langage courant les deux mots sont souvent interchangeables. L’envie implique deux personnes : quelqu’un veut quelque chose qu’a quelqu’un d’autre, éventuellement un inconnu. La jalousie, en revanche, renvoie à trois personnes : une relation semble être mise en danger par une tierce personne. Outre le nombre de personnes concernées, la possession n’a pas la même signification pour l’envie ou la jalousie. L’auteur explore la question de l’investissement propre à la possession. Selon lui, l’investissement signifie à la fois une aptitude amicale et une prise de contrôle hostile. La différence est examinée dans le contexte de l’envie et de la jalousie. L’auteur illustre ses considérations théoriques par la description d’un cas clinique qui relate l’analyse d’un adolescent devenu jeune adulte.

Schlagworte: Eifersucht, Besetzung, Neid, cathexis, envy, jealousy, Besitz, possession, investissement, jalousie , envie , possession 
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Daniel Barth
Seite 738 - 755 | doi: 10.21706/ps-74-9-738
Krankhafte Eifersucht und destruktiver Neid?

Eifersucht wird normalerweise als ein Gefühl von Angst oder Rachsucht definiert, das aus der Furcht herrührt, durch jemand anderen ersetzt zu werden; Neid als ein Groll, den man gegenüber jemandem hegt, weil man begehrt, was dieser besitzt oder woran er sich freut. Eine ausführliche Darstellung des Falls eines jungen Mannes, der aus krankhafter Eifersucht und destruktivem Neid zum Mörder geworden war, lässt diese Definitionen in einem neuen Licht erscheinen.

Jealousy is normally defined as a feeling of anxiety or vengefulness stemming from the fear of being replaced by someone else, envy as resentment vis-à-vis another person because one desires what he/she possesses or takes pleasure in. A detailed discussion of the case of a young man who became a murderer because of pathological jealousy and destructive envy shows up these definitions in a new light.

La jalousie est généralement définie comme un sentiment de peur ou de vengeance découlant de la crainte d’être remplacé par quelqu’un d’autre, l’envie comme une rancune que l’on éprouve envers quelqu’un parce que l’on désire ce qu’il possède ou ce qui lui fait plaisir. Le récit détaillé du cas d’un jeune homme devenu meurtrier par jalousie pathologique et envie destructrice jette un nouvel éclairage sur ces définitions.

Schlagworte: Eifersucht, Neid, Destruktivität, destructiveness, envy, jealousy, krankhafte Eifersucht, pathological jealousy, destructivité, jalousie , envie , jalousie pathologique 
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Carine Minne
Seite 756 - 775 | doi: 10.21706/ps-74-9-756
Destruktive Umformungen von Begehren
Eine Untersuchung sexueller Eifersucht mit Einbindung eines Falls aus der Literatur

Sexuelle Eifersucht ist in ihrer pathologischen Form mit narzisstischen Verletzungen verbunden, die sich psychogenetisch auf die Übergänge zwischen einer dyadischen und einer triadischen Beziehung ausgewirkt haben. Der eifersüchtige Mensch steckt in einem Zwischenraum fest und kann weder in die verlorene Schönheit der Dyade zurückkehren, noch in den triadischen Raum eintreten. Ein Fall aus einem Roman von Julian Barnes illustriert, wie Eifersucht zugleich Folge und Bewältigungsversuch dieser Pathologie ist. Beispielhaft entwickelt der Protagonist eine komplexe Abwehrformation. Als deren Kern wird die Verschiebung libidinöser Besetzung vom Objekt auf die rein innere Phantasiegestalt einer eifersüchtigen Szene herausgearbeitet. Die eifersüchtige Szene wird durch einen perversen Mechanismus sexualisiert und bekommt die Funktion einer Plombe.

In its pathological form, sexual jealousy is bound up with narcissistic injuries that in psychogenetic terms have affected the transition from a dyadic to a triadic relationship. The jealous individual is trapped in an interim space and can neither return to the beauty of the dyad nor enter into a triadic space. An example taken from a novel by Julian Barnes illustrates how jealousy is both a consequence of, and an attempt to cope with, this pathological constellation. The protagonist develops a »classical« defense formation. Its core is the shift of libidinous cathexis from the object to the purely internal fantasy gestalt of a jealous scene. The jealous scene is sexualized by a perverted mechanism and assumes a sealing function.

La jalousie sexuelle sous sa forme pathologique est associée à des blessures narcissiques qui ont eu un effet psychogénétique sur le passage de la relation dyadique à la relation triadique. La personne jalouse est coincée dans un espace intermédiaire et ne peut ni revenir à la beauté perdue de la dyade ni entrer dans l’espace triadique. Un cas tiré d’un roman de Julian Barnes illustre comment la jalousie est à la fois une conséquence de cette pathologie et une tentative d’y faire face. Le protagoniste développe de façon exemplaire une formation défensive complexe. Au cœur de ce phénomène se trouve le déplacement de l’investissement libidinal de l’objet vers la figure fantasmatique purement intérieure d’une scène de jalousie. La scène de jalousie est sexualisée par un mécanisme pervers et remplit la fonction d’un plombage.

Schlagworte: Ausschluss, exclusion, sexuelle Eifersucht, eifersüchtige Szene, sexual jealousy, jealous scene, jalousie sexuelle , exclusion , scène de jalousie
Formate: pdf, html
Lutz Garrels
Seite 776 - 799 | doi: 10.21706/ps-74-9-776
Drinnen und zugleich draußen: Eifersucht in der Gegenübertragung

Der vorliegende Artikel legt seinen Fokus auf die Eifersuchtserfahrung des Analytikers im analytischen Setting. Eifersucht wird als eine komplexe triadische emotionale Erfahrung aufgefasst, die ein bewusstes oder unbewusstes, schwer zu ertragendes Empfinden erzeugt, innerhalb einer engen Beziehung zu sein und zugleich außerhalb zu stehen. Der Analytiker ist für Eifersucht besonders anfällig, weil er darum bemüht ist, dem Patienten nahe zu sein, und ihm selbst umgekehrt dieselbe stützende Fürsorge versagt bleibt. Anhaltende Eifersucht des Analytikers, die oft unbewusst bleibt, kann eine Stockung des Behandlungsprozesses oder verführerisches Agieren zur Folge haben. Wenn dem Analytiker im Zuge der Intensivierung des analytischen Prozesses heftige Eifersuchtsregungen bewusst werden, lässt sich dies jedoch, wie die Autorin an klinischem Material zeigt, für ein vertieftes Verständnis dessen nutzbar machen, wie der Patient mit Eifersucht und dem Gefühl des Ausgeschlossenseins ringt.

The article focuses on the analyst’s experience of jealousy in the analytic setting. Jealousy is understood as a complex triadic emotional experience producing, consciously or unconsciously, the harrowing feeling of being both inside and outside of a close relationship. Analysts are particularly susceptible of jealousy because they attempt to be close to the patient while at the same time receiving no supportive care themselves. Lasting jealousy on the part of the analyst is frequently unconscious and can lead to stagnation in the therapeutic process or a strong temptation to act out. But if, as the analytic process intensifies, the analyst becomes aware of powerful bouts of jealousy, this can be used – as the author shows with reference to clinical material – for a profounder understanding of what the patient is going through in his/her struggle with jealousy and the feeling of exclusion.

L’article se penche sur l’expérience de la jalousie chez l’analyste dans le cadre analytique. La jalousie est conçue comme une expérience émotionnelle triadique complexe qui génère la sensation consciente ou inconsciente, difficile à supporter, d’entretenir une relation étroite tout en restant à l’extérieur. L’analyste est particulièrement sujet à la jalousie, car il s’efforce d’être proche du patient tandis que le même soutien lui est refusé. Une jalousie prolongée de la part de l’analyste, qui reste souvent inconsciente, peut perturber le traitement ou entraîner un agir séducteur. Toutefois, si l’analyste prend conscience d’une jalousie intense au cours de l’approfondissement du processus analytique, comme le montre l’auteur dans le matériel clinique, cela peut être utilisé pour mieux comprendre comment le patient lutte contre la jalousie et le sentiment d’exclusion.

Schlagworte: Gegenübertragung, Eifersucht, Abwehr, countertransference, Agieren, acting out, defense, jealousy, contre-transfert , jalousie , défense, agir 
Formate: pdf, html
Dhwani Shah
Seite 800 - 825 | doi: 10.21706/ps-74-9-800

Inhaltsverzeichnis


Editorial
Herbert Will & Susanne Döll-Hentschker

ÜBERSICHTSARTIKEL
Susanne Döll-Hentschker
Eifersucht – aus verschiedenen Perspektiven betrachtet

Herbert Will
Schicksale der Eifersucht. Ein psychoanalytisches Prozessmodell

HAUPTBEITRÄGE
Christine Walde
Die Entdeckung der Eifersucht im antiken Rom

Achim Geisenhanslüke
Ein hässliches Gefühl? Zur Geschichte der Eifersucht in der Psychoanalyse und der Literatur

Daniel Barth
Besetzung, Neid und Eifersucht

Carine Minne
Krankhafte Eifersucht und destruktiver Neid?

Lutz Garrels
Destruktive Umformungen von Begehren. Eine Untersuchung sexueller Eifersucht mit Einbindung eines Falls aus der Literatur

Dhwani Shah
Drinnen und zugleich draußen: Eifersucht in der Gegenübertragung

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