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Trauma & Gewalt, 2022, Jg. 16, Ausgabe 1

Trauma & Gewalt, 2022, Jg. 16, Ausgabe 1

Ethische Fragen in der Traumatherapie, Traumaberatung und -begleitung

DOI: 10.21706/tg-16-1

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Beschreibung


Grenzverletzungen und Fehlverhalten in der Psychotraumatologie treffen auf eine besonders vulnerable Patient*innen-Gruppe. Doch wie sieht es mit der Patientensicherheit in der Psychotherapie aus? Wie gestalten sich Ethik-Standards und entsprechende Richtlinien? Was gibt es dazu an qualitätssichernder Forschung? Und welchen Stellenwert hat das Thema in Fachgesellschaften? Mit diesen Fragen beschäftigt sich diese Ausgabe der Zeitschrift Trauma & Gewalt.

Bibliographische Angaben


Herausgegeben von:Silke Birgitta Gahleitner, Heide Glaesmer, Ingo Schäfer und Carsten Spitzer
1. Auflage, Erscheinungstermin: 01.02.2022
ISSN print: 1863-7167 / ISSN digital: 2510-4225

Details


Editorial
Ethische Fragen in der Traumatherapie, Traumaberatung und -begleitung
Formate: pdf, html
Astrid Lampe, Silke Birgitta Gahleitner, Ursula Gast
Seite 1 - 1 | doi: 10.21706/tg-16-1-1
Im Fokus
Grenzverletzungen in der Psychotherapie
Beratungsarbeit des Ethikverein e. V. als Hilfestellung für alle Beteiligten und Beitrag zur Professionalisierung in der Psychotherapie

Obwohl die Behandlungssituation in der Psychotherapie eine angemessene bis sehr gute Hilfestellung für die meisten Patienten bietet, schafft das strukturell bedingte Machtgefälle zwischen Therapeut und Patient jedoch auch eine Versuchungssituation, die grundsätzlich die Gefahr eines Machtmissbrauchs impliziert. Einem solchen Machtmissbrauch sind Patienten dann oftmals weitgehend schutzlos ausgesetzt. Die wissenschaftliche Psychotherapie selbst hat sich über alle Verfahren hinweg nur sehr eingeschränkt und zögerlich mit Nebenwirkungen und Grenzverletzungen im Rahmen von psychotherapeutischen Behandlungen auseinandergesetzt. Die in Deutschland vorgesehene Beschwerdewege aus der Perspektive von betroffenen Patienten erwiesen sich oft als dysfunktional, teilweise sogar schädigend und nur selten als hilfreich. Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen wurde 2004 der gemeinnützige Ethikverein e. V. gegründet. Das Ziel der ehrenamtlichen Arbeit ist die Etablierung von ethischen Standards in der Psychotherapie in Deutschland, das zunächst durch ein niederschwelliges, unabhängiges, kostenloses und vertrauliches Beratungsangebot verfolgt wird.

A psychotherapeutic treatment relationship between patient and psychotherapist is an instance of a professional relationship characterized by asymmetry and a substantial power gradient between the parties involved. The patient suffers from unresolved conflicts and / or a trauma and has arrived at the conviction that he is longer able to cope with this condition alone and hence requires help. Alongside the patient’s need for help as a result of his psychic disorder, the structural power gradient is also conditioned by the psychotherapist’s expert status and his role as a professional helper. This is reinforced by the trust patients invest in their psychotherapists from the outset and the help they expect from that quarter. Patients idealize their therapists and ascribe to them superior knowledge, exhaustive training and hence power. The psychotherapeutic treatment situation offers most patients assistance ranging between appropriate and very good.

Schlagworte: Trauma, Vertrauensmissbrauch, Machtmissbrauch, abuse of power, Grenzverletzungen, Ethikverein, boundary violations, abuse of trust
Formate: pdf, html
Andrea Schleu
Seite 4 - 15 | doi: 10.21706/tg-16-1-4
Die Implementierung von Ethikrichtlinien am Beispiel der DeGPT
Ein Interview mit Ursula Gast, Astrid Lampe und Victoria K., geführt von Silke Birgitta Gahleitner
Formate: pdf, html
Silke Birgitta Gahleitner
Seite 16 - 27 | doi: 10.21706/tg-16-1-16
Von der Bedeutung der Dritten im Disclosure-Prozess
Die Rolle pädagogischer Fachkräfte als Adressat*innen von Erfahrungen sexualisierter Gewalt

Ausgehend von einer im Rahmen des Forschungsprojekts »Auf-Wirkung« zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in pädagogischen Institutionen entstandenen qualitativen Studie beleuchtet der Beitrag auf Basis der Analyse von Anhörungen Betroffener, welche Rolle Dritte (Personen, die nicht unmittelbar Teil der Täter*innenstrukturen waren) im Prozess des Anvertrauens und Offenlegens (Disclosure) sexualisierter Gewalterfahrungen einnehmen. Mit Blick auf das auf Aufarbeitung in pädagogischen Institutionen ausgerichtete Forschungsprojekt konzentriert sich der Beitrag auf Dritte, die als pädagogische Fachkräfte in verschiedenen Einrichtungen wie z. B. in der Heimerziehung, in Internaten und Schulen tätig waren und von den betroffenen Kindern und Jugendlichen als Ansprechpartner*innen adressiert und ins Vertrauen gezogen wurden. Es werden sowohl Typologien und Auswahlkriterien für die Vertrauenspersonen, deren Reaktionsweisen, die Bewertung durch die Betroffenen als auch daraus resultierende oder unterbliebene Interventions- und Hilfemaßnahmen durch die Fachkräfte herausgestellt. Durch seine erziehungswissenschaftliche Verortung versteht sich der Artikel dabei als (selbst-)kritischer Impuls zur Reflexion der Rolle pädagogischer Fachkräfte im Aufarbeitungsprozess sexualisierter Gewalt in pädagogischen Institutionen.

The article is based on a qualitative study conducted within the framework of the research project »Auf-Wirkung« on child sexual abuse in pedagogical institutions. Drawing upon an analysis of interviews with young people affected, it examines the role played by third parties (i. e. people not directly involved as perpetrators) in the process in which these young people confide and disclose experiences of sexualized violence. The article concentrates on third parties working as pedagogical professionals in various institutions such as orphanages, boarding schools and regular schools and approached as confidants by the children and adolescents in question. The focus is on typologies and selection criteria for confidants, the way they respond, evaluation by the young persons affected and interventions and help measures undertaken (or not) by the professionals appealed to. Due to its roots in educational science, the article can be understood as a (self-)critical impulse for reflection on the role of professionals in the process of dealing with sexualized violence in pedagogical institutions.

Schlagworte: sexualisierte Gewalt, Kinder und Jugendliche, pädagogische Fachkräfte, qualitative Forschung, Unabhängige Aufarbeitungskommission, pedagogical professionals, sexualized violence, children and adolescents, qualitative research, Independent Inquiry into Child Sexual Abuse
Formate: pdf, html
Nina Schaumann, Rebecca Gudat, Sabine Andresen
Seite 28 - 38 | doi: 10.21706/tg-16-1-28
Aus der Forschung
Organisierte und Rituelle Gewalt in Deutschland – die psychotherapeutische Behandlung von Betroffenen
Ergebnisse einer Online-Befragung von Betroffenen und erfahrenen Psychotherapeut*innen

Hintergrund: Seit vielen Jahren nehmen Betroffene von Organisierter und Ritueller Gewalt (ORG) psychotherapeutische Angebote der Regelversorgung in Anspruch. Oft gilt die Behandlung durch anhaltende Gewalterfahrungen und die Komplexität der Traumafolgestörungen als schwer. Empirisch ist bisher wenig darüber bekannt, welche Therapiemethoden und -interventionen angewandt und von Betroffenen / Psychotherapeut*innen als wirksam erachtet werden. Ungeklärt ist auch, wie spezifisch die Behandlungsansätze und das Wissen von Psychotherapeut*innen hinsichtlich ORG sein sollten und in welcher Form bestehende therapeutische Konzepte angepasst werden.
Methodik: Im Rahmen eines Forschungsprojekts, das die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs (UKASK) förderte, wurden Betroffene von ORG und psychosoziale Fachpersonen, die Klient*innen mit ORG-Erfahrungen begleitet haben, anonym befragt. Insgesamt haben innerhalb von zwei Online-Befragungen jeweils 158 Betroffene von ihren eigenen Psychotherapien berichtet, und 98 Psychotherapeut*innen / Psycholog*innen machten Angaben zu erfolgten Therapien von Klient*innen mit ORG-Erfahrungen.
Ergebnisse: In der Behandlung der Folgen von ORG haben Psychotherapeut*innen / Psycholog*innen manualisierte, evidenzbasierte Psychotherapiemethoden wie Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) und Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) für weniger wirksam erachtet und seltener angewandt als andere Interventionsformen. Im Vergleich zu den psychotherapieerfahrenen Betroffenen der Studie schätzten Behandler*innen den Nutzen manualisierter Methoden jedoch positiver ein. Beide Gruppen bewerteten besonders die Arbeit mit dissoziativen Persönlichkeitsanteilen und traumaspezifischen Stabilisierungsübungen als hilfreich.
Schlussfolgerung: Für die Behandlung von Betroffenen mit ORG-Erfahrungen wird eine Weiterentwicklung etablierter Therapiemethoden für notwendig erachtet. Spezifisches Wissen zu ORG sollte dabei in bestehende Behandlungsstandards für schwere dissoziative Störungen / dissoziative Identitätsstörung integriert werden. Die sorgsame Evaluation solcher Psychotherapien und der Einbezug von Betroffenen – im Sinne partizipativer Forschung – sind dringend erforderlich.

Background: For many years, victims of organized and ritual abuse (ORA) have resorted to psychotherapeutic treatment offered in the framework of standard medical care. Treatment is frequently regarded as difficult on account of ongoing violence and the complexity of trauma-sequel disorders. Empirically, little is known about the therapeutic methods and interventions employed and considered to be effective by victims / psychotherapists. Nor is there agreement on how specific the treatment approaches and the knowledge of psychotherapists should be with regard to ORA and how existing therapeutic strategies are adapted for the purpose.
Method: In the framework of a research project funded by the Independent Inquiry into Child Sexual Abuse in Germany, victims of ORA and psychosocial experts looking after clients with experience of ORA were surveyed anonymously. In the course of two online surveys, 158 victims reported on the therapies they had undergone and 98 psychotherapists / psychologists provided information on therapies conducted with clients who had experienced ORA.
Outcome: In treating the consequences of ORA, psychotherapists / psychologists found manualized, evidence-based psychotherapeutic methods like Dialectical Behaviour Therapy (DBT) and Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) less effective and used them less soften than other forms of intervention. However, in comparison with victims of ORA with experience of psychotherapy, the therapists were more convinced of the benefits of manualized methods. Both groups found working with dissociative parts of the personality and trauma-specific stabilization exercises especially helpful.
Conclusion: Further development of established therapy methods is considered necessary for the treatment of victims with experience of ORA. Here, specific knowledge of ORA should be integrated into existing treatment standards for severe dissociative disorders   dissociative identity disorder. Careful evaluation of such therapies and the inclusion of victims (»participatory research«) are urgently required.

Schlagworte: sexualisierte Gewalt, Dissoziative Identitätsstörung, organisierte Täternetzwerke, Psychotherapiemethoden, sexual abuse, organized perpetrator networks, dissociative identity disorder, psychotherapeutic methods
Formate: pdf, html
Peer Briken, Hertha Richter-Appelt, Susanne Nick, Johanna Schröder, Franka Metzner
Seite 40 - 57 | doi: 10.21706/tg-16-1-40
Übersichtsartikel
Menschenhandel im Kontext von Flucht und Vertreibung
Definition, psychische Belastung und Implikationen für die psychosoziale Versorgung

Menschenhandel und Flucht können sowohl unabhängig voneinander als auch gemeinsam auftreten. Beides sind globale Phänomene mit potenziell weitreichenden negativen Folgen für die physische und psychische Gesundheit der Menschen, die sie durchleben. Umso wichtiger ist es, zu verstehen, welche Faktoren dazu beitragen, dass Geflüchtete vor, während oder nach ihrer Flucht verstärkt Gefahr laufen, von Menschenhandel betroffen zu sein. Dieser Artikel beleuchtet das Spannungsfeld zwischen Flucht und Menschenhandel und deckt die involvierte psychische Gewalt und resultierende Belastungen auf. Er widmet sich darüber hinaus den Problemen der Identifizierung der Betroffenen von Menschenhandel und skizziert Empfehlungen für die psychosoziale Versorgung. Trotz vieler Fortschritte in der Bekämpfung von Ausbeutung bedarf es weiterhin großer Anstrengungen auf allen Ebenen, um den Betroffenen die Versorgung zu bieten, die ihnen zusteht.

Human trafficking and displacement occur independently of one another as well as together. Both are global phenomena with potentially extensive negative effects on individuals’ physical and psychological well-being. Understanding the factors that contribute to the increased risk of trafficking before, during or after flight is essential. This article examines the complex relationship between flight and trafficking and uncovers the psychological violence and distress involved. It also addresses the difficulties of identifying trafficked persons and gives recommendations regarding the psychosocial care of trafficking survivors. Although much progress has been made in the fight against exploitation, major efforts are still needed in all areas to ensure that those affected receive the care they deserve.

Schlagworte: psychosoziale Versorgung, Flucht, Menschenhandel, moderne Sklaverei, Identifizierung von Überlebenden von Menschenhandel, human trafficking, modern slavery, identification of survivors of human trafficking, psychosocial care, flight and displacement, refugees
Formate: pdf, html
Estella A Tambini Stollwerck, Hans-Christoph Friederich, Christoph Nikendei
Seite 58 - 68 | doi: 10.21706/tg-16-1-58
Aus der Praxis
Symptome kontextuell verstehen – auch eine Frage der Ethik?
Ein Interview mit Luise Reddemann, geführt von Silke Birgitta Gahleitner
Formate: pdf, html
Silke Birgitta Gahleitner
Seite 70 - 78 | doi: 10.21706/tg-16-1-70
Forum
Umgang mit Grenzverletzungen
Professionelle Standards und ethische Fragen in der Psychotherapie
Formate: pdf, html
Ursula Gast
Seite 80 - 81 | doi: 10.21706/tg-16-1-80
Mitteilungen der DeGPT
Formate: pdf, html
Seite 82 - 83 | doi: 10.21706/tg-16-1-82
Mitteilungen des FVTP
Formate: pdf, html
Seite 84 - 84 | doi: 10.21706/tg-16-1-84
Mitteilungen der GPTG
Formate: pdf, html
Seite 86 - 87 | doi: 10.21706/tg-16-1-86

Autor:innen


© privat

Silke Birgitta Gahleitner(Hrsg.)

Silke Birgitta Gahleitner, Prof. Dr., lehrt »Klinische Psychologie und Sozialarbeit« an der Alice Salomon Hochschule in Berlin und leitet die Arbei...

Silke Birgitta Gahleitner, Prof. Dr., lehrt »Klinische Psychologie und Sozialarbeit« an der Alice Salomon Hochschule in Berlin und leitet die Arbeitsgruppe »Psychosoziale Traumaarbeit, Traumaberatung und Traumapädagogik« der DeGPT.

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© Dirk Hofmeister

Heide Glaesmer(Hrsg.)

Heide Glaesmer, Prof. Dr., ist stellvertretende Leiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Lei...

Heide Glaesmer, Prof. Dr., ist stellvertretende Leiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig und Leiterin der dortigen Arbeitseinheit »Psychotraumatologie und Migrationsforschung«.

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Ingo Schäfer, Prof. Dr. med., aktuell leitet er die Spezialambulanz für Traumafolgestörungen und die OEG-Ambulanz am UKE, das Hamburger Behandlungszentrum für geflüchtete Menschen mit Traumatisierungen, einen Schwerpunkt zur integrierten Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Borderline-Störung sowie den Arbeitsbereich Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte betreffen neben komplexen Traumafolgen und Komorbiditäten die Versorgung akuter Traumatisie...

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Carsten Spitzer(Hrsg.)

Prof. Dr. med. Carsten Spitzer studierte Medizin in Aachen und Lübeck. Er promovierte bei Prof. Dr. Harald J. Freyberger (einem der Gründung...

Prof. Dr. med. Carsten Spitzer studierte Medizin in Aachen und Lübeck. Er promovierte bei Prof. Dr. Harald J. Freyberger (einem der Gründungsherausgeber dieser Zeitschrift) zu Patienten mit Konversionsstörungen und beschäftigt sich seither klinisch und wissenschaftlich mit dem Konstrukt der Dissoziation und der Psychotraumatologie. 
Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie leitete er von 2012 bis 2019 als Ärztlicher Dir...

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