Jonathan Lethems neue Storys sind ein Fest für seine Fans und gleichzeitig der perfekte Einstieg für neue Leser.
Nach dem grandiosen Erfolg seines Romans Die Festung der Einsamkeit legt Jonathan Lethem diesmal einen Band mit feingesponnenen Erzählungen vor. Diese nehmen das Wechselspiel von Magischem und Menschlichem wieder auf und lassen den Leser zurückkehren in die atmosphärische Dichte seines »Jahrhundertromans« (Tagesspiegel). Zugleich bieten die Geschichten aber auch den perfekten Einstieg in das imaginäre Universum des Jonathan Lethem.
In neun fantastischen, urkomischen, manchmal rührenden Geschichten, seziert Lethem amerikanische Pop- und Straßenkultur um daraus mit schwindelerregender Stilvielfalt einzigartige fiktionale Welten zu erschaffen. Diejenigen, die Lethem seit langem schätzen, werden in den neuen Geschichten zuweilen auf Vertrautes stoßen: Erzähler, die nicht aufhören können zu plappern, glücklose Möchtegern-Detektive, einfache Menschen mit übernatürlichen, oft selbstzerstörerischen Kräften, neben Charakteren, deren neunmalkluge Schlagfertigkeit nur den eigenen bohrenden Liebeskummer verdecken soll, während sie wortreich über die bittersüßen Widrigkeiten der Liebe und die Verstrickungen der Freundschaft debattieren.
Ich war zehn Jahre alt, als Superziegenmann in die Kommune in unserer Straße zog. Obwohl ich mich für Superhelden interessierte, kannte ich Superziegenmann nicht. Seine Anwesenheit hatte keine besondere Bedeutung für mich oder die anderen Kinder aus der Nachbarschaft. Für uns war Superziegenmann nur einer von vielen Männern, die an heißen Sommertagen, während wir rennend und schreiend unsere geheimen Spiele auf dem Gehsteig spielten, in ärmellosen Unterhemden auf den Treppenaufgängen saßen und den schleichenden Fortgang des Lebens in unserem Block verfolgten. Die zwei kleinen fleischigen Hörner auf seiner Stirn fielen nicht besonders auf. Uns beeindruckte auch nicht sein Fall aus dem Olymp der Comicbuchhelden, in dem er bestenfalls ein zweitrangiger Star gewesen war, und der ihn hier nach Cobble Hill, Brooklyn, verschlagen hatte, in ein Einzelzimmer in einem Wohnheim für Studienabbrecher, einen Hippieunterschlupf; genausowenig, wie die Haarbüschel an seiner Kehle und hinter seinen Ohren. Wir hatten damals nur die Spinne oder Batman im Sinn, zweidimensionale Superhelden von den es Butterbrotdosen, Fernsehfilme und Erkennungsmelodien gab. Der Superziegenmann hatte nichts dergleichen.
Es waren unser Väter, die ihm Beachtung schenkten. Sie fühlten sich unverkennbar angezogen von der seltsamen Person, die da in den Block gezogen war, als repräsentierte er für sie all die verpaßten Chancen des eigenen Lebens. Besonders mein Vater schien vom Superziegenmann fasziniert zu sein, auch wenn er vorgab, das in meinem Interesse zu tun. Gegen Ende des Sommers gingen wir zusammen zur Montague Street, um den dortigen Comicladen aufzusuchen. Es war ein winziges Ladenlokal, das mit länglichen weißen Schachteln, Pappkisten voller sorgfältig archivierter Comics vollgestopft war. Die Kisten enthielten uralte Jahrgänge vergriffener Serien, von denen ich schon gehört hatte, sowie Tausende von anderen Heften mit Figuren, die mir noch nie über den Weg gelaufen waren. Der Laden wurde geführt von einem jungen nervösen Pedanten mit langem Haar und einem Bart, im Geiste bereits vergreist, so daß er zu seinem eigenen Schaden ungern Kinder um sich hatte. Er half meinem Vater bei der Suche in dem alphabetisch geordneten Bestand - der Suche nach nach einer fünfteiligen Serie des Unglaublichen Superziegenmann von Electric Comics. Dies waren die einzigen Hefte, in denen Superziegenmann je erschienen war. Nach fünf Titeln war die Serie für immer eingestellt worden ...
Jonathan Lethem, geboren 1964 in New York, ist Autor zahlreicher Romane, darunter die Brooklyn-Romane »Motherless Brooklyn« und »Die Festung der ...
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