Briefwechsel

Briefe 1935-1955
Buchdeckel „978-3-608-93682-7
Dieses Buch erwerben
45,00 EUR (D), 46,30 EUR (A)
Gebunden
Versandkostenfrei nach D, CH, A; hier inkl. Mwst. - >> Lieferinformationen - Einzelheiten zu Ihrem Widerrufsrecht finden Sie in den >> AGBs. - >> Akzeptierte Zahlungsmittel

Der Kunstmaler, Zeichner und Schriftsteller Rudolf Schlichter (1890–1955) gehörte (neben Alfred Kubin) zu den von Ernst Jünger besonders geschätzten zeitgenössischen Künstlern.
Der ausführliche Briefwechsel über Themen der Kunst, Literatur und Politik ist ein Zeugnis geistiger Unabhängigkeit während des »Dritten Reichs« ebenso wie in den den ersten Jahren der Bundesrepublik.

Die Freundschaft begann im Berlin 1920er Jahre, überdauerte die nationalsozialistische Diktatur und hielt bis in die Zeit der jungen Bundesrepublik. 1952 gingen gar beide zum vertrauten Du über – was bei Ernst Jünger selten war. Die Briefe von Jünger und Schlichter sind geprägt von prägt Neugierde und Offenheit – sowie einem hohen Maß an Gesprächskultur.

Fünfzig Bilder Rudolf Schlichters, die der Anhang versammelt, bieten zudem einen kompakten Überblick über das Schaffen dieses Künstlers.
Ermöglicht wurde die Edition aus dem Jahre 1997 noch durch Ernst Jünger persönlich, der im folgenden Jahr starb.

Über den Herausgeber
Dirk Heißerer, geboren 1957, ist Lehrbeauftragter für Neuere Deutsche Literatur und Bayerische Literaturgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München.


Alle Bücher von Ernst Jünger - mit den Sämtlichen Werken

Leseprobe

Rudolf Schlichter an Ernst Jünger

Rottenburg 9./6.35


Lieber Herr Jünger!
Wenn man auch selten von einander hört, so hört man doch so viel, daß man bedauert, nicht mehr Möglichkeiten einer öfteren Begegnung zu haben. Schon oft seit Ihrem Wegzuge aus Berlin wollte ich Ihnen schreiben, aber Sie wissen selbst, was alles einen daran hindern kann. Ich hoffte auch heimlich auf Ihren Besuch, da Sie seinerzeit den Plan hatten, eine größere Tour durch Süddeutschland zu machen. Wenn ich lhnen heute schreibe, so tue ich das, um ihre Freundschaft in einer Angelegenheit in Anspruch zu nehmen, bei der für mich viel auf dem Spiele steht. Aus dem beigelegten Schriftstück ersehen Sie, was für ein lächerliches Schelmenstück gegen mich inszeniert werden soll, um mich sozusagen als dunklen Fleck auf dem schimmernden Gewande arteigener Kulturbelange auszutilgen. Ich frage mich, woraus diese Herren die Eignung herleiten, Menschen, die immerhin durch ein nicht unbeträchtliches Werk einige Fähigkeit bewiesen haben, die »Eignung für einen kulturschöpferischen Beruf« abzusprechen. Da ich nicht gesonnen bin, mich auf diese schofle Art aus dem deutschen Kunsttempel hinauswerfen zu lassen, habe ich bereits in einer vorläufigen Erklärung um genauere Angabe der Gründe ersucht, die zu einem solchen Verfahren Anlaß geben. In einem meiner letzten Schreiben habe ich Sie und Herrn v. Salomon als meine Bürgen angegeben. Nun verlangt man von mir, von den beiden Bürgen eine Empfehlung bzw. ein Gutachten beizubringen. Ich habe bereits Herrn v. Salomon um ein solches gebeten und möchte nun auch Sie bitten, ein Gutachten über meine »Eignung zu einem kulturschöpferischen Beruf« an die Schrifttumskammer zu senden, von dem ich Sie bitte, mir ein Duplikat zugehen zu lassen. Verzeihen Sie mir, daß ich Sie in einer so unerquicklichen und lächerlichen Angelegenheit in Anspruch nehme, aber diese Farce hat leider beruflich für mich einen ernsten Hintergrund, da mir durch diese Formulierung auch das Recht zu meiner zeichnerischen und malerischen Betätigung abgesprochen wird. Anscheinend würde man es am liebsten sehen, wenn ich wieder in die Goldarbeiterbranche zurückkehrte und dort als einfacher Volksgenosse Kraft durch Freude-Klimmzüge machte. Aber den Gefallen tue ich den Herren auf keinen Fall.
Was nun die als zweites Delikt angeführte Zeichnung betrifft, so hat es damit folgende Bewandtnis: Die »Junge Front« forderte mich seinerzeit auf, etwas zur künstlerischen Bebilderung ihres Blattes beizutragen. Ich schickte ca 17 Zeichnungen verschiedenen Inhalts, Landschaften, Köpfe, Tiere, Kompositionen etc... Darunter war auch das Blatt »Goliath fordert Israel zum Kampf«. Diese Arbeit gehört zu einem Zyklus, den ich zum Buch der Könige zeichnete, war also ohne jede politische Hinterabsicht entstanden. Der Adler auf der Rüstung hatte einen rein dekorativen Zweck und nichts mit dem Hoheitszeichen der NS.d.A.p zu tun. Der Adler ist ja als symbolische Kriegerzier bei fast allen syrisch vorderasiatischen Völkern zu finden, die Römer übernahmen ihn sogar von den +++verd... Etruskern. Dies gab ich den Herren auch in meinem Antwortschreiben zu bedenken. Die Unterschrift zu dem Bilde stammte nicht von mir, sie wurde auf der Redaktion der »J.[ungen] Fr.[ont]« ausgeknobelt, ohne mich davon vorher in Kenntnis zu setzen. Dies alles zu Ihrer Orientierung.
Aber ich will Sie jetzt nicht mehr länger mit dieser unerfreulichen Gänsedreckzieherei behelligen. Wie geht es Ihnen in der Provinz? Hat sich Ihre Frau gut eingelebt? Geht es Ihnen auch so wie uns, die wir hier die Rolle von gehässig-neugierig betrachteten interessanten Fremdkörpern spielen, um die Tag für Tag in gleichem Rhythmus die gemächliche Dummheit des mobilisierten Kleinbürgers kreist? Wenn Speedy durch die Straßen geht, sieht es ungefähr so aus, als ob die ihrer Schätze beraubte Königin von Saba in einer dazischen Militärkolonie einzieht. Ohne die wirklich schöne Landschaft mit ihrer guten Luft und einem Kreis geistiger Menschen wäre es unter diesen Troglodyten schwer auszuhalten. Doch ich habe mich hier gut entwickelt, sicher besser als es mir je in Berlin oder sonst in einem nordischen Stein[-] und Asphalthaufen möglich gewesen wäre. Denn der Maler braucht die Natur, (so weit noch welche vorhanden ist) und ich möchte diese Jahre wirklich nicht missen. Ich habe viel gemalt und noch mehr gezeichnet. Jetzt gerade ist ein großes Bild »An die Schönheit« fertig geworden: Eine nackte weibliche Gestalt, schlafend in einer weiten Juraland schaft. Ein anderes großes Bild stellt »Mars« dar, allerdings nicht in der beliebten optimistisch-herrischen Schau, die heute so beliebt ist.
Um Ihnen jedoch einigermaßen ein Bild von meinem Schaffen zu geben, sende ich Ihnen hier einige Photos. Es ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt und giebt deshalb ein unvollkommenes Bild, zumal die großen Bilder fehlen. Aber sie können Ihnen doch einen guten Eindruck vermitteln. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Photos gelegentlich wieder zurückschickten, da ich sie für Reproduktionszwecke häufig benötige.
Grüßen Sie Ihre Familie recht herzlich von uns und seien Sie selbst in alter Freundschaft gegrüßt

Rudolf Schlichter


Klett-Cotta Hrsg. von Dirk Heisserer
1. Aufl. 1997, 605 Seiten, Gebunden. mit ca. 50 s/w-Abb., Lesebändchen
ISBN: 978-3-608-93682-7
autor_portrait
© Ulf Andersen

Ernst Jünger

Ernst Jünger, am 29. März 1895 in Heidelberg geboren. 1901–1912 Schüler in Hannover, Schwarzenberg, Braunschweig u. a. 1913 Flucht in die ...

Rudolf Schlichter

Dirk Heisserer

Dirk Heißerer

Weitere Bücher von Ernst Jünger

Siebzig verweht I-V

Die Tagebücher 1965-1996

Tagseite - Nachtseite

Maximen und Gedanken aus dem Werk Ernst Jüngers

Das Abenteuerliche Herz. Erste Fassung

Aufzeichnungen bei Tag und Nacht

An der Zeitmauer

Mit Adnoten von Detlev Schöttker

Der Arbeiter

Herrschaft und Gestalt

In Stahlgewittern

Mit einem Nachwort von Helmuth Kiesel

Sämtliche Werke - Leinenausgabe

Aktions-Paket mit den noch lieferbaren Bänden

Der Waldgang

Mit Adnoten von Detlev Schöttker

Sämtliche Werke. Werkausgabe in 22 Bänden, komplett / Supplement-Ausgabe / Späte Arbeiten. Verstreutes. Aus dem Nachlass

Siebzig verweht V. Unveröffentlichte Reisenotizen. Eine gefährliche Begegnung. Verstreutes (Unveröffentlichtes)

Sämtliche Werke, Band 19

1. Supplement-Band. Essays IX. Fassungen III - Halblederausgabe

Sämtliche Werke, Band 20

2. Supplement-Band. Tagebücher VII. Strahlungen V: Siebzig verweht III - Halblederausgabe

Sämtliche Werke, Band 21

3. Supplement-Band: Tagebücher VIII. Strahlungen VI: Siebzig verweht IV - Halblederausgabe

Annäherungen

Drogen und Rausch

Ein abenteuerliches Herz

Ernst-Jünger-Lesebuch

Zur Geiselfrage

Schilderung der Fälle und ihrer Auswirkungen

Letzte Worte

Hrsg. von Jörg Magenau

Atlantische Fahrt

«Rio - Residenz des Weltgeistes»

In Stahlgewittern

Historisch-kritische Ausgabe

Sämtliche Werke - Band 1

Tagebücher I: Der Erste Weltkrieg

Sämtliche Werke - Band 2

Tagebücher II: Strahlungen I

Sämtliche Werke - Band 3

Tagebücher III: Strahlungen II

Sämtliche Werke - Band 4

Tagebücher IV: Strahlungen III

Sämtliche Werke - Band 5

Tagebücher V: Strahlungen IV

Sämtliche Werke - Band 6

Tagebücher VI: Strahlungen V

Sämtliche Werke - Band 7

Tagebücher VII: Strahlungen VI, Strahlungen VII

Sämtliche Werke - Band 8

Tagebücher VIII: Reisetagebücher

Sämtliche Werke - Band 9

Essays I: Betrachtungen zur Zeit

Sämtliche Werke - Band 10

Essays II: Der Arbeiter

Sämtliche Werke - Band 11

Essays III: Das Abenteuerliche Herz

Sämtliche Werke - Band 12

Essays IV: Subtile Jagden

Sämtliche Werke - Band 13

Essays V: Annäherungen

Sämtliche Werke - Band 14

Essays VI: Fassungen I

Sämtliche Werke - Band 15

Essays VII: Fassungen II

Sämtliche Werke - Band 16

Essays VIII: Fassungen III

Sämtliche Werke - Band 18

Erzählende Schriften I: Erzählungen

Sämtliche Werke - Band 19

Erzählende Schriften II: Heliopolis

Sämtliche Werke - Band 20

Erzählende Schriften III: Eumeswil

Sämtliche Werke - Band 21

Erzählende Schriften IV: Die Zwille

Sämtliche Werke - Band 22

Supplement-Band: Späte Arbeiten - Aus dem Nachlass

Krieg als inneres Erlebnis

Schriften zum Ersten Weltkrieg

Auf den Marmorklippen

Roman. Mit Materialien zu Entstehung, Hintergründen und Debatte

Gespräche im Weltstaat

Interviews und Dialoge 1929-1997

Geheime Feste

Naturbetrachtungen

Strahlungen

Die Tagebücher des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit (1939-1948) Historisch-kritische Ausgabe herausgegeben von Joana van de Löcht und Helmuth Kiesel

Weitere Bücher von Rudolf Schlichter



Unser Service für Sie

Zahlungsmethoden
PayPal (nicht Abos),
Kreditkarte,
Rechnung
weitere Infos

PayPal

Versandkostenfreie Lieferung
nach D, A, CH

in D, A, CH inkl. MwSt.
 
weitere Infos

Social Media
Besuchen Sie uns bei


www.klett-cotta.de/im-netz
Facebook Twitter YouTube
Newsletter-Abo

Klett-Cotta-Verlag

J. G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolger GmbH
Rotebühlstrasse 77
70178 Stuttgart
info@klett-cotta.de