Der gordische Knoten

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Jüngers politischer Essay zwischen Ost und West, dem eine Sonderstellung innerhalb des Werks zukommt.
Bereits mit »Der Arbeiter« oder »Der Waldgang« war Jünger als Verfasser politischer Essays in Erscheinung getreten. Mit dem »gordischen Knoten« jedoch beschreitet er Neuland.
Im Gegensatz zu seinen anderen Essays geht Jünger hier von einer ethnisch fundierten Unterscheidung zwischen Ost und West aus, was bereits von den zeitgenössischen Rezensenten – ebenso wie die Widersprüche, in die sich Jünger verwickelt – kritisiert wurde, zumal der geographische Gegensatz vom Autor moralisch begründet wurde. Und so reizt insbesondere dieser Essay zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem »Jahrhundertmenschen«.

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Inhalt
1. „Ost und West" als das historische Hauptthema.
2. Das Risiko östlicher
3. und westlicher Heere bei Grenzüberschreitungen.
4. Der Gordische Knoten als Sinnbild der Erdmacht
5. wird immer wieder bei der Begegnung zwischen Europa und Asien vorgewiesen. An ihm bewährt sich eine neue Freiheit gegenüber alten Bindungen.
6. Die Ost-West-Begegnung als Thema der Mythen und der ersten Geschichtsschreibung. Odysseus und Herodot,
7. dessen Leitgedanken heute noch gültig sind.
8. Im Menschen treffen sich Freiheit und Schicksalszwang. Ihre Begegnung dient seiner Selbstverwirklichung.
9. Das Gleiche gilt für Europa und Asien.
10. Der römische Begriff der Diktatur.
11. Nachteile und Vorteile freiheitlicher Einrichtungen im Staatswesen. Ihr Verhältnis zu den See- und Luftwegen. 1
2. Der Schutz des Fürsten durch Freiwillige oder Leibwachen. Der Fürst als repräsentierende oder präsente Macht.
13. Die Rolle des Königs
14. und die Wertung des Willkürakts im Morgen- und Abendland.
15. Die Aufeinanderfolge von Personen und Ideen. Königsmorde und Liquidierungen.
16. Die Bedeutung starker Charaktere für Bildung und Verfall östlicher Großreiche.
17. Das Beispiel Peters des Großen.
18. Schrankenloser Waffengebrauch,
19. Verweigerung des Begräbnisses;
20. Überführung in die Sklaverei als Symptome der Ostkriege.
21. Zwei Schichten im Menschen, ein altes und ein neues Gesetz,
22. entsprechen den verschiedenen Verfahren in Krieg und Bürgerkrieg. Im Weltbürgerkriege vereinen sich Ost-West-Begegnung und Weltrevolution.
23. Die Willensfreiheit und ihre Achtung. Verschiedene Bewertung des Selbstmordes.
24. Das Urteil über die Größe
25. und seine Beziehung zur Freiheit.
26. Größe und Recht. Friedrich und die Mühlen.
27. Subtilere Machtfragen. Ihr Einfluss auf die Unternehmungen Hitlers und Friedrichs.
28. Die Verantwortung der Machthaber hinsichtlich ihrer sachlichen
29. und willkürlichen Verfügungen.
30. Größe und stiftende Kraft.
31. Die römischen Caesaren als Muster gerechter und willkürlicher Machthaber.
32. Grundstimmungen innerhalb der Despotie.
33. Der Übergang zur Willkür ist verbunden mit dem Anwachsen der Leibwachen. Die Herkunft der großen Veränderer.
34. Oradour und der Bürger Carrier.
35. Der Abend von Austerlitz.
36. Die Gefahr der Aneignung östlicher Maßnahmen.
37. Die Strategie der verbrannten Erde. Der Brand von Moskau. Der Zeitmangel.
38. Die Rolle des Spezialisten im Bürger- und Völkerkrieg. Geistiges Eigentum.
39. Vorder- und Hintergrund der Technik. Schranken der Mitteilung.
40. Das Beispiel Japans. Die „Gelbe Gefahr."
41. Die Größe von Kunstwerken.
42. Ihr Freiheitsgehalt. Seine Bedeutung in den Weltstädten.
43. Die wachsende Polarität. Tocquevilles Prophezeiung. Weitere Aussichten.
44. Der Ausgleich zwischen westlicher und östlicher Macht
Inhaltsverzeichnis



Leseprobe
Der gordische Knoten

1
»Ost und West«: diese Begegnung im Weltgeschehen ist nicht nur ersten Ranges, sondern beansprucht einen Rang für sich. Sie gibt die geschichtliche Hauptrichtung, die Achse, die sich nach der Sonnenbahn bestimmt. Aufleuchtend mit dem frühesten Lichte, spinnen sich ihre Muster bis in unsere Tage fort. Die Völker treten mit stets neuer Spannung auf die alte Bühne und in die alte Handlung ein.
Es liegt an unserer Optik, daß sie vor allem den Glanz der Waffen festhält, der über dem Schauspiel liegt. All diese Heere, Phalangen, Silberschildner, Elefanten, Kreuzritter und Sarazenenhändel, Seeschlachten in der Levante, Panzer und Luftgeschwader, Untergänge in Eis und Wüsten, Städtezertrümmerungen von den Zeiten des Demetrios Poliorketes, des Titus, des Tamerlan bis zu den unseren: das prägt sich dem Gedächtnis ein. Doch immer folgen friedliche Jahrhunderte, versponnene Ränder vom hohen Norden bis zu den afrikanischen Grenzländern.
Das gleiche gilt für das Thema: Freiheit und Schicksalszwang. Es liegt auch an unserer Optik, daß sich ihr vor allem die Despotie aufdrängt. Wir fühlen die Schwerkraft des Kontinents, hören das Klirren der Ketten vom Kaukasus. Die persischen Könige und ihre Satrapen, die Schahs und Khane, die Anführer unermeßlicher Geschwader und Heersäulen, über denen die fremden Banner aufsteigen: Roßschweife, Drachen, rote Sonnen, Sterne, Sicheln und Halbmonde – es bleibt immer der gleiche Schrecken, der ihrem Einbruch vorausweht, während Brände den Himmel rot malen.
Dagegen verblaßt die Drohung einer Niederlage durch Ähnliche, durch Gleiche im Völker-, ja selbst im Bruderkrieg. Mit den schlitzäugig Dunklen, den kleinen, lächelnden Gelben, den pferdehaarigen Reitern, den breitbackigen Riesen zieht eine andere Sonne auf. Sie stehen wie fremde Götterbilder auf den Hügeln, vor ihren Zelten, im eroberten Palast. Die großen Brände rauchen ihnen als Opferfeuer, das Blut von Massenmorden, der Schrei der Geschändeten verkünden die Geburt, den Anbruch ihrer Macht. Die Führer gleichen nicht Alexander, dem Vorbild westlicher Fürsten und Feldherren. Sie sehen wie Dschingis-Khan ihren Ruhm und ihre Stärke darin »niemals milde zu sein«.


2
Demgegenüber wird der Schutz der Ströme und Bollwerke zur heiligen Aufgabe. Sie hebt die Sonderungen, die ererbten Händel des Abendlandes in und zwischen seinen Völkern auf. Marathon und die Thermopylen, Byzanz und Rhodos, die katalaunischen Felder, Wien und Wahlstatt: an solchen Punkten wendet die Geschichte sich immer wieder ihrer Hauptrichtung, dem großen Thema zu. An solchen Orten wird das Abendland gemessen mit dem umfassendsten Maße, gewogen mit dem schwersten Gewicht. Es wird auf seinen Sinn, auf seine Einheit zurückgeworfen und In Ihnen wiederhergestellt, wenn es dessen bedarf. Jede irdische Macht, auch die größte, hat ihr Gegengewicht. Durch dieses Widerspiel erhält sich der Gang der Welt, die Fülle ihrer Stunden, wie es die schöne Stelle in Jesus Sirach beschreibt (43, 23–26).
Daß freier Geist die Welt beherrsche, Wird nachgewiesen um den höchsten Preis. Das ist die Prüfung, die im Opfergange bestanden werden muß. In ihr ist zu erweisen, daß freie Führung die Despotien überflügelt, daß freie Kampfer der Schwerkraft der Massen überlegen, daß ihre Waffen durchdachter und fernhin treffender sind. Dann kommt es zu den Wenden bei denen die Geister mitkämpfen. Die ungeheuren Heere werden gestellt, in Täler, Kessel und Engpässe getrieben in Seen oder Meerengen gedrückt. Die Reste fliehen, ihre Führer legen Hand an sich in den Wäldern und Einöden, sie werden ermordet, wie Darius bei den kaspischen Toren, oder vom Kismet zur Hinrichtung in fernen Residenzen aufgespart.


3
Wiederum gehört zum Bilde der Untergang westlicher Heere in Wüsten, Steppen und Ebenen. Der Raum wird feindlich, Hitze und Frost treten als seine Bundesgenossen auf, Die Ordnung wird angegriffen, von Auflösung bedroht. Der Feind benutzt die Einöde als Netz, als Irrgarten. Oft bleibt er unsichtbar. Er kann auf die Entscheidungsschlacht verzichten und zieht Beunruhigung durch Reiterschwärme, Nachhutgefechte und Partisanen vor. Die Glut, der Frost, der Hunger, die Ungewißheit zermürben gründlicher als jede Strategie. Sich auf das Ungebahnte einzulassen, bedeutet für den westlichen Feldherrn ein größeres Wagnis als für den östlichen. Das kostete schon Crassus den Kopf.
Wo es zu sichtbaren Triumphen, wie zu Städteeroberungen, kommt, verwandelt sich leicht über Nacht der Sieger zum Bedrohten, der Angreifer zum Belagerten. So ging es Karl XII. bei Poltawa, Napoleon bei Moskau, dem Marschall Paulus bei Stalingrad.
Nach den Katastrophen erreichen nur Trümmer das Meer oder die Grenzflüsse, und spät kehren die aus grausamer Leibeigenschaft Entronnenen zurück. Die Inbrunst, mit der Xenophons Gefährten das offene Meer begrüßten, wiederholt sich durch die Jahrhunderte bis zur Befreiung der Schiltberger und Cervantes, bis zu den Grenadieren der Großen Armee, bis zu unseren Heimkehrern.
 Die Größe Alexanders, das Licht, das sie auf jede abendländische Fürstenkrone wirft, liegt eher darin, daß er dem Großraum, als daß er dem Großkönige gewachsen war. Wunderbarer, als daß er Babylon brach, bleibt, daß er aus Indien zurückkehrte. Es läßt sich schwer sagen, welcher Vorstoß das größere Wagnis darstellt: jener von Westen in die östlichen Weiten oder jener von Osten in die westlichen Ordnungen. Beide entfernen sich vom Feld der eigenen Stärke und führen in ein anderes Gesetz. Das deutet sich schon in der Vorbereitung an. Dem einen Partner ist daran gelegen, die Weite auszudehnen, dem anderen, sie in Maß zu bringen und zu bändigen. Einebnung und Erhöhung von Richtpunkten begegnen sich, wie zwischen den Hunnen und Heinrich dem Städtebauer, als Kampfweisen. Beides wird mit sichtbaren und unsichtbaren Mitteln, physisch und geistig, versucht. Es treffen sich zwei Arten der Freiheit, die sich gegenseitig als Zwang empfinden; Weite und Höhe sind ihre Urmaße.
Erklärt nun die Größe des Wagnisses, daß es seit Vorzeiten her trotz allen Pendelschlägen nie zur Entscheidung gekommen ist? Oder erklärt die Tatsache, daß es sich um Grundmächte handelt, die Größe des Wagnisses? Das sind zwei Fragen, die sich in der Schwebe halten, ähnlich wie jene, ob bei den großen Gängen die Zerstörung oder die Befruchtung überwiegt.
Klett-Cotta
4. Aufl. 1954, 153 Seiten, Leinen mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-12-909120-3
autor_portrait
© Ulf Andersen

Ernst Jünger

Ernst Jünger, am 29. März 1895 in Heidelberg geboren. 1901–1912 Schüler in Hannover, Schwarzenberg, Braunschweig u. a. 1913 Flucht in die ...

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Sämtliche Werke - Leinenausgabe

Aktions-Paket mit den noch lieferbaren Bänden

Der Waldgang

Mit Adnoten von Detlev Schöttker

Sämtliche Werke. Werkausgabe in 22 Bänden, komplett / Supplement-Ausgabe / Späte Arbeiten. Verstreutes. Aus dem Nachlass

Siebzig verweht V. Unveröffentlichte Reisenotizen. Eine gefährliche Begegnung. Verstreutes (Unveröffentlichtes)

Sämtliche Werke, Band 19

1. Supplement-Band. Essays IX. Fassungen III - Halblederausgabe

Sämtliche Werke, Band 20

2. Supplement-Band. Tagebücher VII. Strahlungen V: Siebzig verweht III - Halblederausgabe

Sämtliche Werke, Band 21

3. Supplement-Band: Tagebücher VIII. Strahlungen VI: Siebzig verweht IV - Halblederausgabe

Annäherungen

Drogen und Rausch

Ein abenteuerliches Herz

Ernst-Jünger-Lesebuch

Zur Geiselfrage

Schilderung der Fälle und ihrer Auswirkungen

Letzte Worte

Hrsg. von Jörg Magenau

Atlantische Fahrt

«Rio - Residenz des Weltgeistes»

In Stahlgewittern

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Tagebücher IV: Strahlungen III

Sämtliche Werke - Band 5

Tagebücher V: Strahlungen IV

Sämtliche Werke - Band 6

Tagebücher VI: Strahlungen V

Sämtliche Werke - Band 7

Tagebücher VII: Strahlungen VI, Strahlungen VII

Sämtliche Werke - Band 8

Tagebücher VIII: Reisetagebücher

Sämtliche Werke - Band 9

Essays I: Betrachtungen zur Zeit

Sämtliche Werke - Band 10

Essays II: Der Arbeiter

Sämtliche Werke - Band 11

Essays III: Das Abenteuerliche Herz

Sämtliche Werke - Band 12

Essays IV: Subtile Jagden

Sämtliche Werke - Band 13

Essays V: Annäherungen

Sämtliche Werke - Band 14

Essays VI: Fassungen I

Sämtliche Werke - Band 15

Essays VII: Fassungen II

Sämtliche Werke - Band 16

Essays VIII: Fassungen III

Sämtliche Werke - Band 18

Erzählende Schriften I: Erzählungen

Sämtliche Werke - Band 19

Erzählende Schriften II: Heliopolis

Sämtliche Werke - Band 20

Erzählende Schriften III: Eumeswil

Sämtliche Werke - Band 21

Erzählende Schriften IV: Die Zwille

Sämtliche Werke - Band 22

Supplement-Band: Späte Arbeiten - Aus dem Nachlass

Krieg als inneres Erlebnis

Schriften zum Ersten Weltkrieg

Auf den Marmorklippen

Roman. Mit Materialien zu Entstehung, Hintergründen und Debatte

Gespräche im Weltstaat

Interviews und Dialoge 1929-1997

Geheime Feste

Naturbetrachtungen

Strahlungen

Die Tagebücher des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit (1939-1948) Historisch-kritische Ausgabe herausgegeben von Joana van de Löcht und Helmuth Kiesel


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