Es ist ein Mythos, dass das Zerbrechen einer Beziehung unweigerlich zu Lasten der betroffenen Kinder geht.
Das Buch zeigt, dass die Trennung der Eltern nicht zwangsläufig die Entwicklung der Kinder belasten muss. Wenn es gelingt, für die Kinder zwei neue familiäre Zuhause zu schaffen, eines beim Vater, das andere bei der Mutter, können die betroffenen Kinder von dieser Situation sogar profitieren.
»Es handelt sich um ein umfassendes, sehr scharfsinnig geschriebenes Werk, das Wissenschaftlern wie Praktikern gleichermaßen zu empfehlen ist.«
Andreas Eickhorst (Gehirn & Geist, 07/2008)
Trennung der Eltern kann die Entwicklung ihrer Kinder schwer belasten. Doch genügend Fälle zeigen, dass die Kinder in der Zeit der Trennung und den Jahren danach wertvolle Erfahrungen machen können, die ihnen und ihrer Entwicklung insgesamt zugute kommen. Das verlangt von der Mutter, das Kind nicht als ihr Eigentum zu betrachten und die Vaterschaft des Mannes aktiv zu unterstützen. Der Vater ist gefordert, die Mutter zu entlasten und als Vater aktiver zu werden. Voraussetzung dafür ist, dass die getrennten Eltern einander wertschätzen und richtig miteinander kommunizieren.
In sechs spannend geschriebenen Fallstudien zeigt Reinhard Sieder, wie verschieden der Trennungsprozess verlaufen kann und wie unterschiedlich das Familienleben danach gestaltet wird. Es endet eben nicht mit der Trennung der Eltern, sondern es entstehen neue Familienleben - an zwei Orten und mit unterschiedlichen Familienstrukturen, die die neuen Familien der getrennt lebenden Eltern umfasst. Dies kann einerseits zahlreiche Anregungen und Impulse für die Kinder bieten, andererseits kann es sie überfordern. Speziell die neuen Intimpartner können zu einer Belastung für die Kinder werden. Dennoch lautet die gute Nachricht des Buches: Getrennt lebende Eltern haben es weitgehend selbst in der Hand, ihre neuen Familien zu Orten der Geborgenheit für ihr Kind und sein soziales Lernen zu machen.
Stimme zum Buch
»Sieders Buch bietet außergewöhnlich fundierte und durchdachte Informationen und Reflexionen zu drei Bereichen: zum einen eine kultur- und sozialgeschichtlich ungemein spannende und farbige Diskussion der Phänomene Intimpartnerschaft und Familie, des weiteren die Beschreibung eines Forschungsprojekts zu Patchworkfamilien, und drittens eine ausführliche Auswertung der Ergebnisse im Kontext soziologischer, kulturgeschichtlicher und auch praktischer Themen. (...) Ein sowohl beeindruckendes als auch nützliches Buch!«
Wolfgang Loth (www.systemagazin.de, 18.11.2008)
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Helm Stierlin
I . Die Sehnsucht nach Intimität
II . Eine kurze Geschichte der Liebe in der Moderne
2.1 Romantische Liebe
2.2 Pragmatische Liebe
2.2.1 Die Liebe der Ledigen auf dem Land
2.2.2 Die Vermeidung der Leidenschaft
2.3 Romantische Liebe als Konsumangebot
2.4 Skeptisch-romantische Liebe
III . Nach dem Ende der Liebe: Die Trennung
3.1 Familien sind sozial-kulturelle Phänomene
3.2 Die langsame Annäherung an die Vielfalt: ein kritischer Forschungs bericht
3.2.1 »Stieffamilien«- Forschung
3.2.2 » Einelternfamilien «- Forschung
3.3 Das Design der Untersuchung
3.3.1 Das narrative lebensgeschichtliche Interview
3.3.2 Dimensionen des Wirklichen: Manifestes und Latentes
3.3.3 Was zur Sprache kommt: Texte aus Lebenswelten
3.3.4 Mehr als ein Sinn und mehr als eine Stimme
IV . Männer lernen Vaterarbeit
4.1 Auf der Suche nach Familienglück
4.2 Eine »gestandene Frau«
4.3 Die große Liebe
4.4 Ein neues Paar mit reicher Erfahrung
4.5 Komplexe Motive, nochmals Vater zu werden
4.6 Zwei Folgefamilien, ein soziales System
4.7 Zwei Zuhause für die Kinder
4.8 Geschwister, Stiefgeschwister, Halbgeschwister
4.9 Hat die Komplexität der Folgefamilie Grenzen ?
4.10 Veränderung und Vielfalt der Vaterarbeit
V . Die Prominenten
5.1 Eine großbürgerliche Herkunft
5.2 Spiel und Gegenspiel
5.3 Delegationen
5.4 Ein illegitimes Enkelkind im Mutterhaus
5.5 Widersprüchliche Aufträge
5.6 Das Kind als Beziehungshindernis
5.7 Parentifi kation oder Partnerersatz ?
VI. Die Benachteiligten
6.1 Eine neue Bekanntschaft
6.2 Diagnose »Tobsucht«
6.3 Besserer Vater oder väterlicher Freund ?
6.4 Die Geschichte des Trinkers
6.5 Zwei Kinder und ihre verfeindeten Eltern
6.6 Die Leidenschaft für die Bildung der Kinder
6.7 Lizitation und Delegation
6.8 Das knappe Geld
6.9 Pläne und Hoffnungen
6.10 Die Konkurrenz der Mütter
6.11 Durst nach Rache
VII . Freak und Freelance. Eine Frau spielt sich frei
7.1 Erste Affären
7.2 Die Trennung beginnt
7.3 Scheidungs-Gespräche
7.4 Die Tilgung des Namens
7.5 Die Großeltern erkennen das Kind an
7.6 Eine Mutter-Kinder-Familie
7.7 Eine verbindliche Affäre
7.8 Das postmoderne Spiel mit dem Namen des Vaters
VIII . Die Umerzieher
8.1 Vorgeschichten haben Folgen
8.2 Tod, Trauer und Schuld
8.3 Delegationen
8.4 Die Folgefamilie als Lerninstitut
8.5 Gewalt blitzt auf
8.6 Spezielle Dynamiken in Folgefamilien
8.7 Die Folgefamilie emanzipiert sich von Verwandten
IX . Die Unternehmer
9.1 Flucht und Heimkehr
9.2 Eine heimliche Liebe
9.3 Das Exil
9.4 Tausend Kilometer
9.5 Lisa
9.6 Carla
9.7 Der ferne Vater
9.8 Eine mütterliche Freundin
9.9 Trauma und Amnesie
9.10 Gewinn und Verlust
X . Muster der Patchworks : Vergleich der Fallanalysen
10.1 Die Trennung des Paares und der Umbau des Familienlebens
10.2 Wie die Trennung des Paares beginnt
10.3 Halbe Wahrheiten: die Trennungsdiskussion
10.4 Zug um Zug: die faktische Trennung in drei Sub-Phasen
10.5 Die Konfl ikte im Trennungs- und Scheidungsprozess
10.6 Trauer über die Trennung
10.7 Leistungen und Schwierigkeiten der Kinder im Trennungsprozess
10.8 Die Suche nach einem neuen Intimpartner
10.8.1 Der Wunsch nach »Glück« oder »Sicherheit«
10.9 Die getrennten Eltern
10.10 Elternarbeit
10.11 Erinnern, Erzählen und Leiblichkeit
XI . Epilog: Intimität in der zweiten Moderne
Anmerkungen
Literatur
Leseprobe
Vorwort von Helm Stierlin
Dieses Buch richtet sich nicht nur an Psychotherapeuten, Soziologen und Pädagogen. Es dürfte auch viele Menschen interessieren, die selbst von Trennungen betroffen sind. Das sind einmal Eltern, die sich nach der Geburt ihrer Kinder trennen, aber weiter Eltern dieser Kinder bleiben und sich dann oft auf eine neue Elternschaft mit einem neuen Partner einlassen. Zu den Betroffenen zählen auch Erwachsene, die die Trennung ihrer Eltern miterlebt haben. Die Zahl der derart von Trennungen Betroffenen nimmt in westlichen Ländern weiter zu.
Ich kenne kein Buch, das diese Thematik so umfassend und zugleich so differenziert und vorsichtig angeht wie das vorliegende Werk. Es vermittelt, wie sich in der heutigen »Moderne in der Moderne« Vorstellungen, die wir mit Familie und intimer Paarbeziehung verbinden, laufend wandeln. Und es weist überzeugend nach, dass es sich dabei vielfach um Mythen handelt, die sich kulturellen Gegebenheiten und Zwängen verdanken. Dazu gehören etwa Mythen, die die romantische Liebe oder auch die Familie als bereits biologisch angelegte Bastionen von Ordnung und Stabilität verklären. Dazu gehört aber auch der Mythos, dass eine Trennung der Eltern unweigerlich auf Kosten der davon betroffenen Kinder gehe und deshalb wenn irgend möglich eheliche Treue ohne Wenn und Aber geboten sei.
In sechs sehr detaillierten Fallstudien zeigt der Autor, dass die Trennung der Eltern in nicht wenigen Fällen die Entwicklung der Kinder schwer belastet. Aber dem stehen andere Fälle entgegen, in denen Kinder im Verlauf der Trennung und in den Jahren danach Erfahrungen machen können, die ihnen zu mehr zwischenmenschlicher Sensibilität verhelfen und ihrer Entwicklung insgesamt zugute kommen. Das gilt allerdings überwiegend für die Kinder von Eltern mit höherem Bildungsniveau. Der Autor zeigt auch, wie viele Frauen und Männer aus ihrer Trennung neue Erfahrungen gewinnen und neue Kompetenzen entwickeln, von denen letztlich nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Kinder profi tieren .
Dabei hat es der Autor nicht nur verstanden, seine Falldarstellungen und eine erstaunlich umfangreiche Literatur in einer guten Komposition zusammenzuführen. Er lässt die Fallgeschichten streckenweise auch so lebendig werden, dass sie sich fast wie ein Roman lesen. Dabei hinterfragt er doch immer wieder die Methoden und den Erkenntniswert seiner Analysen. Kein Wunder also, dass ich dieses Buch in die Hände vieler Leserinnen und Leser wünsche.
»Insgesamt legt Reinhard Sieder mit diesem Buch ein Standardwerk über Patchwork-Familien vor, das in seiner Genauigkeit der Berichte überzeugt.«
Katharina Miko (SWS-Rundschau, 2/09)
»Sieders Buch bietet außergewöhnlich fundierte und durchdachte Informationen und Reflexionen zu drei Bereichen: zum einen eine kultur- und sozialgeschichtlich ungemein spannende und farbige Diskussion der Phänomene Intimpartnerschaft und Familie, des weiteren die Beschreibung eines Forschungsprojekts zu Patchworkfamilien, und drittens eine ausführliche Auswertung der Ergebnisse im Kontext soziologischer, kulturgeschichtlicher und auch praktischer Themen. (...) Ein sowohl beeindruckendes als auch nützliches Buch!«
Wolfgang Loth (www.systemagazin.de, 18.11.2008)
»Nach der durchweg fesselnden Lektüre, die zugleich mit einer umfassenden, internationalen Literaturfülle belegt ist, wird deutlich, dass eine bestehende Forschungslektüre nunmehr angegangen ist. Dass dies nicht nur von akademischem Interesse ist, wird deutlich, wenn die Diskurse zu normativen Familienidealen in Jugendämtern und sogenannten Hilfesystemen betrachtet werden.«
Dipl. Päd. Stefan Bestmann (www.socialnet.de, 17.11.2008)
»Ein umfassendes Buch, das mehr ist als nur eine wissenschaftliche Studie. Es verdeutlicht die Situation von Patchworkfamilien in all ihren Facetten. Der sozialkulturelle Abriss über Liebe und Familie ist zudem spannend zu lesen und bietet viele Denkanstöße bei der Auseinandersetzung mit der Entwicklung verschiedener Familienformen und die Veränderung in ebendiesen.«
Katja Dieckmann (Stieffamilien, 01.08.2008)