Wer den Code des eigenen Lebens knacken möchte, braucht einen Rechner - und ein doppelschneidiges Messer am Stiel.
Er sei ein Stadtmensch, denkt er, und schreibt über Metropolenthemen. Doch nach zehn Jahren in der Großstadt ist es Zeit für einen Schnitt. Nun setzt er ganz auf die Kombination Landleben und Web. Aus ihr erwächst eine neue Vorstellung von Autarkie.
Hat die digitale Revolution die Unterschiede aufgehoben zwischen Stadt und Land? Die Technologie jedenfalls macht es möglich. Jetzt kann er sein Leben ändern. Raus aus der Großstadt und hinein ins digitale Landleben. Der Popjournalist Christoph Braun verlässt Berlin und siedelt sich im 1320-Seelen-Dorf Evessen im Landkreis Wolfenbüttel an. Erstaunt begegnet er dem Hightech in der Landwirtschaft. Doch was ihn mehr fasziniert, das ist die ökologische Lebensform, die er in Berlin noch belächelt hat. Zum ersten Mal nimmt er eine Pendelhacke in die Hand und hilft bei den Ökos aus: jäten, säen, gießen, ernten. Der sich bisher nur in digitalen Welten als Hacker begriff, greift nun mit der Hacke in sein Leben ein, und entdeckt eine neue unideologische Wunschvorstellung von Autarkie und Selbstbestimmung.
- Ein Pop-Autor entdeckt an sich und dem Landleben neue Seiten
- Eine digitale Perspektive aus dem Land, nicht auf das Land
- Der Autor steht für Veranstaltungen zur Verfügung
Leseprobe
STRATEGISCHE EINGRIFFE
Als ich im Jahr 2005 von Berlin in das Dorf Evessen nach Niedersachsen zog, war ich auf der Suche nach einem unbekannten Leben. In der Kohle- und Stahlprovinz war ich aufgewachsen und zwei Großstädte hatte ich kennengelernt, eine kleine, eine große. Das Staunen über die Art und Weise, wie die Leute hier leben, wächst auch nach mehr als fünf Jahren noch. Zunächst bot sich mir, der dieses Leben so blank, so unvorbelastet wie möglich kennen lernen wollte, das Landleben als Idylle dar, als ein gelungenes Landschaftsbild aus Feldern, Wäldern, Hügeln und Tälern.
Ich wurde empfänglich für den Rhythmus der Jahreszeiten. Auch sein Takt erreichte mich über Bildeindrücke, Bilder im Sommer, im Herbst, im Winter und im Frühjahr. Hinzu kamen nach und nach konkrete Erfahrungen, inzwischen bestimmen sie das Bild. Ich lebe hier in keiner Idylle, sondern in einer bedeutenden Agrarregion Mitteleuropas. In einer Landschaft, in der sich die Widersprüche des landwirtschaftlich geprägten Lebens vor der Haustür abspielen, Stützpunkt der Agrargentechnik, bevorzugtes Gebiet der ökologischen Landwirtschaft. Auch das Bewusstsein für die Hintergründe der Strom- und Energieversorgung wird an der Grenze von Niedersachsen zu Sachsen-Anhalt geschärft. Von meinem Schreibtisch aus blicke ich auf den Gebirgszug Asse. Die Helmholtz-Gesellschaft hat hier seit Ende der 1960er-Jahre illegal 125 000 Fässer mit schwachradioaktivem und 1300 Fässer mit mittelradioaktivem Müll in die Stöcke gekippt. Inzwischen hat ein riskantes Bergungsprojekt begonnen, das jedoch durchgeführt werden muss, da ansonsten die radioaktive Verstrahlung von Trinkwasser droht.
Die digitalen Informationstechnologien versorgen die hintersten Winkel mit Informationen, die noch vor kurzem den Menschen in der Stadt vorbehalten waren. Land und Stadt gleichen sich aber auch in einem Bedürfnis nach Lebensmitteln aus eigenem Anbau an. So ist in den vergangenen Jahren auch in den Städten eine Vielzahl von Gartenprojekten entstanden. Manchmal kommt es mir vor, als tobe da ein gewaltiger Kampf zwischen Automatisierung und Autonomie. Letztendlich geht es ums Hacken, um das strategische Eingreifen sowohl in das persönliche Leben als auch in komplexere soziale Prozesse.
In Land- und Gartenbau bedeutet Hacken: den Boden derart bearbeiten, dass er durchlüftet wird, Wasser besser aufnehmen kann, dass die wild wachsenden Kräuter nicht dem Anbau in den Weg wachsen. Hacken ist also auch ein Pars-pro-Toto für den Eigenanbau von Pflanzen, denn Hacken geht nur mit der Hand.
Die konventionelle Landwirtschaft dagegen ist heute oft gar keine Handarbeit mehr, sondern ein Schauplatz der avanciertesten digitalen Technologien. High-Tech-Traktoren, Satellitenüberwachung, permanente Bodenuntersuchungen im Chemielabor gehören zum Alltag auf dem Land. Die computergestützte Landwirtschaft bedeutet nur einen weiteren Schritt hinein in die Untiefen der Effizienz und damit in das Kernprogramm der kapitalistischen Logik. Effizienz speist die Programme, nach deren Vorgaben die Konzerne der Weltwirtschaft handeln. Effizienz bedeutet Gewinnsteigerung, weshalb jedes börsennotierte Unternehmen für einen Mangel an Effizienz von den Aktieninhabern bestraft wird. Jedes mittelständische Unternehmen, jeder Kleinbetrieb, jede Selbständige, jede Freiberuflerin müssen dieser Logik folgen. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts hat die Landwirtschaft in Mitteleuropa mehrere Prozesse erlebt, deren Ziel das Steigern der Effizienz gewesen ist. Auf die Maschinisierung und das Aufkommen der Agrarchemie in der ersten Hälfte folgte die Entwicklung genmanipulierten Saatguts gegen Ende des Jahrhunderts. Durch Informatisierung und Satellitentechnik herrscht im Agrarraum inzwischen ein Grad von Automatisierung vor, der mit der Notwendigkeit des Anbaus von Lebensmitteln kaum mehr etwas zu tun hat.
Entsprechend haben die Menschen das Gespür für ihre Nahrung verloren. Die Landwirtschaft dient nicht zur Versorgung der Leute am Ort mit Essen, sondern in erster Linie als Pumpe. Geld soll sie pumpen, hinein in die Blasen der Spekulanten. Die Preise von Agrarrohstoffen wie Weizen und Kakao steigen so kontinuierlich an, was in den ärmeren Regionen der Erde eine Ursache für Unterernährung und sogar Hunger bedeuten kann. Es besteht die Gefahr, dass der Agrarraum zur bloßen Produktionshalle des Kapitals verkommt. So ist auch zu erklären, warum die Verklärung vom »Land« so hoch im Kurs steht. Immer neue TV-Formate um Bauern und Höfe entstehen. Und die mediale Erfolgsgeschichte im Print-Segment ist die des Magazins LandLust: Gegründet mit minimaler Startauflage von einem kleinen Verlag liegt die Auflage des zweimonatlich erscheinenden Magazins mittlerweile bei 850 000 Exemplaren, mehr als die beiden Tageszeitungen Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung zusammen erreichen. Die großen Verlage kontern mit einer Fülle von »Land«-Magazinen voller hübscher Blumen. Es ist, als würde auf die Spekulationsblase mit einer Idyllenblase geantwortet. Einer Fantasie also, die ungefähr vor dem 2. Weltkrieg stehen geblieben ist. Immerhin zählen Traktoren heute schon zu den Kulissen des beschaulichen Lebens. Ein hochabstrakter Zugang zum Agrarboden durch Satellitentechnik oder die absurde AgrarGentechnik kommen in dieser Welt nicht vor. Lieber konstruieren die Idyllenmagazine eine Vorstellung vom Land, in der alles in Ordnung ist, die Sauberkeit sauber, die Zeit im Überschuss vorhanden. Dieses Bild gehört gehackt.
WÜSTES LAND
Der Kombi läuft in Richtung Warler Salzwiesen, weiß der Wagen, weiß die Felder, sofern sie auszumachen sind. Soviel Schnee stapelt sich, hereingeweht von kalten Ostwinden aus hinter Moskau oder aus hinter Werchojansk. Der Sturm lässt Eisstaub auffliegen und feuert die Windräder an. Im Wagen tirilliert Maria Callas ihr »Si, mi chiamano Mimi« voller Hingabe. Inspiriert von Puccinis Power fräst sie Kanten in die Arie und gibt Charakterspitzen dazu. Es ist Winter, und Norbert und ich hören die größten Hits der Opernarie. Norbert liebt es laut. Schon im Frühjahr, als ich bei ihm und Bianca angefangen hatte, waren es beliebte Klaviersonaten der Romantik und Ludwig van Beethoven, die mich riefen: Norbert kommt. In seinem Wagen tönte MDR Figaro, und ich wusste, es ist Mittag. Denn wenn sein weißer 180er Benz von der Schafstour zurück schnurrte und sich die Tür öffnete, bliesen die »unvergessenen Momente« der Klassik den Pausenton. Ich musste los. Vielleicht noch schnell einen Salat aus der Reihe schneiden, in den Rucksack packen, wenn er denn überhaupt reinpasste, und ab aufs Fahrrad, zurück nach Evessen. Mascha aus dem Kindergarten holen.
Norbert ist ein Freund Italiens und ein Freund der italienischen Oper, doch jetzt, an diesem sturmumtosten Januartag ist alles um uns her denkbar unitalienisch. Immerhin haben wir Spur gehalten, sind nicht stecken geblieben auf dem schneebedeckten und vereisten Feldweg, sind auch nicht in den drei Meter tiefen Graben gefallen. Also raus in den Eiswind! Wir rollen die Heuballen aus dem blauen Anhänger und zerren und schleifen sie bis zur Schafsweide. Raus mit den Kartoffelsäcken, 25 kg das Stück, und schultern. Die Schafe stürmen heran. Schon lange, seit Ende November finden sie nichts mehr zu fressen auf ihrer Weide.
Auf dem Heimweg beginnt es zu dämmern, der Diesel klappert, Domingo oder so jemand lullt mich ein, müde bin ich, müde und selig. Vor einem Jahr noch wies nichts darauf hin, dass ich je in meinem Leben einmal Schafe hüten würde. Mein Leben lang schreibe ich schon, Songtexte, Features, Porträts oder Essays. Die vergangenen fünfzehn Jahre habe ich damit verbracht, die Bands der Hamburger Schule zu interviewen, Lambchop über das Leben in Nashville zu befragen und mit dem Filmkomponisten Lalo Schiffrin eine Pfeife zu stopfen. Für Mainstream-Magazine, Bibeln der Popkultur und Tageszeitungen habe ich meine Tage im Sitzen verbracht, die längste Zeit davon in einem Gemeinschaftsatelier in Berlin-Kreuzberg. Für all das hat man mich vor drei Jahren mit einem Job geadelt, der zum ersten Mal seit dem Ghostwriten für MTV vernünftig bezahlt worden ist. Am Deutschen Theater in Berlin stelle ich DJ-Abende und Konzerte zusammen. Doch in diesem Frühjahr weiß ich schon, dass diese Zeit zu Ende gehen wird.
In Eilum habe ich bei Leuten, die ich zufällig im Laden des Lindenhofs kennengelernt hatte, und die meinem Bild der klassischen Ökos entsprachen, die Dienstagabende verbracht. Denn Bianca und Norbert luden jede Woche zum Filmabend ein. Im Winter war es dann immer deutlicher zu sehen: Bianca wird im Frühjahr ein Kind zur Welt bringen. Also fragte ich Norbert, ob er Hilfe gebrauchen könne. Weil ich neugierig darauf war, wie das ist in so einem Garten. Außerdem mochte ich den Gedanken, vor Ort etwas zu machen. Seit vier Jahren lebe ich bereits in Evessen, in diesem hübschen Dorf im Hügelland Südostniedersachsens. Bisher habe ich die Feldmark durchstreift wie eine Kulisse. Das hat sich seit diesem Jahr geändert. Im Frühjahr fing es an, und jetzt ist es schon Winter geworden.
Der Winter ist eigentlich die Zeit der Ruhe. Doch etwas zu tun gibt es immer. Wird der Boden so hart, dass er sich nicht mehr bearbeiten lässt, gilt es, Zäune zu flicken, nach den Heizungen zu schauen, Zimmer zu streichen. Im Sommer kommen die Eilumer zu diesen Erledigungen nicht. Nicht bei Athene Bio, dem Gemüse- und Obstbetrieb von Norbert und Bianca, und nicht auf dem Lindenhof, dem großen Biobauernhof. Einen Hühnerstall bauen, die Folien oder Gläser der Gewächshäuser wieder in Ordnung bringen, die Maschinen und Geräte pflegen. Dennoch, selbst Markus vom Lindenhof gönnt sich im Januar einen dreiwöchigen Urlaub. Norbert aber muss sich auch im Winter um seine Schafe kümmern. Kann das Gras sie nicht mehr ernähren, dann bedürfen sie sogar intensiver Pflege. Anders als im Sommer müssen die Coburger Fuchsschafe und die Weißen Hornlosen Heidschnucken bei Frost und Eis gefüttert werden. In diesem Winter ließ sich Norbert einen Leistenbruch operieren, was ihn für gut vier Wochen zu einer Pause zwang. Es ist nicht möglich, sieben, acht Kartoffelsäcke von 25kg das Stück aus dem Lager ins Auto zu hieven und auf den vier verschiedenen Weiden wieder heraus und dann zu den Schafen zu tragen, wenn der Rumpf lädiert ist. Am Sonntag wird es nur noch mit dem Traktor möglich sein, zu den Schafen zu gelangen. Daisy haben sie das Tief genannt, das muss Meteorologenhumor sein. Jedenfalls soll Daisy »ergiebige Niederschläge« mit sich bringen. So produktiv soll Daisy anrauschen, dass es für das ganze Land Unwetterwarnungen gibt. Auch für den Landkreis Wolfenbüttel. Die Streudienste sind in höchste Alarmbereitschaft versetzt, als hätten sie in den vergangenen Wochen nicht schon genug zu tun gehabt. Daisy, atemraubende Daisy.
Sechs Stunden lang dreht sich heute alles wegen des bevorstehenden Schnees nur um die Schafe. Üblicherweise dauert es etwa zwei Stunden, die gesamte Schafstour zu fahren. Am Morgen werden sie mit Kartoffeln versorgt. Später gilt es, die fünf jüngsten Tiere von einer Streuobstwiese oberhalb Eilums in das Gewächshaus von Athene Bio zu transportieren. Irgendwann verkantet sich der Bizeps. An diesem Hang hier liegt der Schnee schon kniehoch. Das dritte Schaf, und sei es noch so klein, wird zum Gewicht.
Danach sorgen wir für Heu. Vielleicht werden die Tiere in Warle am Wochenende nicht erreichbar sein. In Dettum, wo Norbert sein Heu üblicherweise holt, herrscht schon Notstand wegen des ungewöhnlich schneereichen Winters. Ein Bauer in Winnigstedt, der sein Brot als Angestellter der Telekom verdient, verkauft noch Ballen. Das 800-Einwohner-Dorf östlich von Schöppenstedt verfügt über einen Blumenladen, einen Kiosk, einen Edeka-Markt und sogar über eine Filiale der Deutschen Post. Ungewöhnlich viele Geschäfte für einen Ort dieser Größe. Winnigstedt liegt noch in Niedersachsen und grenzt direkt an Sachsen-Anhalt. Um in den Genuss von Westgehältern zu kommen, zogen die Leute nach dem Ende der DDR hierher. Norbert erzählt, nach der Wiedervereinigung sei Winnigstedt für einen Moment aufgeblüht. Längst aber ist dieser Boom vorbei. Spätestens in Schöppenstedt beginnt strukturschwaches Gebiet. Zu Zeiten der deutschen Teilung war das Wolfenbütteler Land sogenanntes Zonenrandgebiet, da gab es extra Fördergelder für die Wirtschaft. Bis ein Jahr nach dem Mauerfall. Mein Vermieter hat diese Chance noch genutzt. Sein Haus steht in Evessen, ein Vierkanthof, Fachwerk.
Im Frühling blüht hier die Blutbuche, im Sommer findet der Hof keine Ruhe vor quietschenden Kindern, im Herbst detschen die Renekloden vom Baum auf die Autodächer, und jetzt ist es Winter, alles weiß.
KAPITEL EINS
Im Moment
GEFLASHT
In dem Moment, da Bianca mir die Pendelhacke überreicht, nützt mir weder meine Popsozialisation etwas, noch der technologische Fortschritt. Zunächst benötige ich keinen großen Kraftaufwand dafür, die Hacke zu schwingen. Grob geschätzt wiegt das Gerät knapp ein Kilo, Metallklinge samt Holzstiel. Einen ganzen Vormittag lang durch die Braunerde zu graben, hin und her, Schritt für Schritt, Beet rauf, Beet runter, das macht aus einem solchen Gewicht bald schon einen Brocken. Dennoch entschädigt das, was beim Hacken passiert, die Mühen mehrfach. Nach ungefähr zwanzig Minuten kündigen sich die ersten Anzeichen des Flows an, jenes menschlichen Zustands, in dem Körper und Kopf nur noch machen und die Gedanken in wundervollen Dosierungen am Hirn vorbeiströmen. Wenige Minuten später setzt das »Hacker’s High« ein: Ein sanfter Rausch, ähnlich dem Hochgefühl stundenlangen Ravens oder dem Glück des Marathonläufers. Drogenpäpste betonen ja die Rolle der unmittelbaren Umgebung für den Rausch. Timothy Leary hat dafür die Schlagwörter »Set und Setting« geprägt und meint damit: Entscheidend sind die Stimmung des Drogenessers sowie seine unmittelbare Umgebung. Ohnehin geflasht von der neuen Arbeit, von den Gerüchen des Gartens und dem Überschuss an Farben, schicken mich meine ersten Expeditionen in die Nutzgartenwelt, also weit, weit weg.
Dennoch bedeutet Hacken eine extreme Erfahrung des Ortes. Es ist eine Auseinandersetzung mit dem ganz spezifischen Terroir, wie die Winzer das komplexe Zusammenspiel des Bodens mit dem Klima nennen. Und darüber hinaus auch eine Erkundung des Örtlichen. Spaziergänger passieren den Garten über den Feldweg, der Dorfkindergarten geht auf Roller-Safari, Bauern bestellen die Felder in ihren John Deere, Fendt, Claasen. Unterdessen nehmen im Beet Bakterien den Kontakt auf, und Würmer und Bienen. Ich fokussiere auf Himbeerknospen.
Und ich lerne: hacken. Mein bisheriger Evessener Rhythmus lautet Dorf-Hang-Berg. Unten im Dorf spielt sich der Alltag ab, Schreiben und Kindergarten. Am Südhang des Elms drehe ich meine Runden. Sie führen mich regelmäßig auf das Eilumer Horn. Es ist zwar nur 326 m ü NN hoch, bildet als Gipfel des Elms jedoch den höchsten Punkt weit und breit. Wenn die Region ringsum nicht einmal auf 200 Metern Meereshöhe liegt, dann erschließt sich vom Gipfelkreuz aus ein Panorama. Im Osten blinken nachts die Windräder der Magdeburger Börde. Im Süden der Harz: Jedes Dorf im Umland nennt sein Premium-Baugebiet »Brockenblick«. Im Westen schließlich bildet die Industrieachse Salzgitter-Braunschweig-Wolfsburg die Grenze zur Heide.
Nun also erweitert sich der Takt aus Dorf-Hang-Berg um einen vierten Schlag. Garten-Dorf-Hang-Berg, so heißt fortan der Takt, in dem meine Orte pulsen. Eine Verkettung von Motiven, die sich zum Kreis zu schließen vermag und zu einem Perpetuum mobile wird. Denn für das Verstehen des Lebens hier auf dem Land erweist sich der Garten, der Nutzgarten in Eilum als höchst bedeutungsvoll. Hacken, pflanzen, gießen; jäten, hacken, gießen, ernten: Auf dem Feld mit dem Traktor und in den Beeten mit der Hand bestimmen die Grundtechniken der Pflanzenpflege den Jahresablauf. Jede Pflanze durchläuft ihren eigenen Zyklus, und am Ende fügt sich doch alles dem andauernden Immerneuen der vier Jahreszeiten.
Durch das Hacken erst wird mir bewusst, wie es ist, mit statt in den Jahreszeiten zu leben. Die Eigenarten der Nutzpflanzen beginnt zu verstehen, wer jeder einzelnen Sorte den Boden bereitet und so vom Samen auf verfolgen kann, wie sich die Pflanze verhält im ersten Regen, bei äußerster Hitze, im Stadium der Reife. Ich hacke und greife damit auch in meine eigene Biografie ein.
DER MOMENT: HACKEN
Bis dahin hat der Begriff »Hacken« für mich lediglich eine eindeutige Bedeutung. Sie besteht darin, einzugreifen in die Hard- oder Software von Computern oder eben deren Kommunikation zu manipulieren. Eine Welt aus digitalen Geschichten hat mich seit der Marktreife des Commodore C64 umgeben – in der Zeit, als ich zum ersten Mal ins Gloria tanzen ging.
Gegen Ende des ersten Dotcom-Hypes um das Jahr 2000 lebte ich eine Weile in der Gesellschaft schluffiger, cooler Gestalten. Man hatte mir die Kulturredaktion in einem Berliner Start-up angetragen, und so bekam ich es mit Junghackern zu tun. Sie entwickelten ortsbezogene Anwendungen in einer Zeit, in der allerhöchstens Hacker bereits von Apps sprachen. Die Gründer der Firma gehörten zur Code-Avantgarde ihrer Zeit. Viele der Angestellten waren Hacker-Aktivisten und im Chaos Computer Club organisiert. In ihrer knapp bemessenen Freizeit fuhren sie in die Sächsische Schweiz zum Klettern. Sie kifften gerne, trugen schwarz oder Anti-Microsoft-T-Shirts. »Alt + F4« stand darauf, die Tastenkombination, mit der sich das Betriebssystem Windows schließen lässt. Ihre Gesichter waren von Pickeln übersät, weil sie nachts arbeiteten und sich schlecht ernährten. Auf der Etage der Programmierer durfte sogar geraucht werden, viel subversiver ging es kaum in einem Start-up jener Zeit mit seinem allmorgendlichen VollkornBio-Frucht-Frühstück. Einmal die Woche kam der mobile Masseur ins Büro.
Erheiternd, wie sich hier ein ganzes Milieu kein bisschen von seinen eigenen Klischees unterschied. Ich bewunderte die Hacker, weil sie in der Lage waren, zu programmieren: die digitale Welt selbst zu gestalten und deren Erscheinungsformen hinterfragen zu können. Sie handelten damit gemäß des Kritikverständnisses des Philosophen Michel Foucault, für den Kritik bedeutete, »nicht so regiert zu werden«. Das hat meine Vorstellung vom Hacken geprägt. Auftritt Bianca: «Schon mal gehackt?«, fragt sie im Tonfall derjenigen, für die nur ein »Klar!« als Reaktion denkbar ist. Spielfreudig, hackfreudig blinzeln ihre Augen. Bianca die Gärtnerin, die in diesem Moment, nach Stunden der Grüne-Kiste-Aboverwaltung, sich nichts Schöneres vorstellen kann als den Boden umzuwühlen. Back to the basics. Wie ich lernen werde, zählt das Hacken zu den Grundtechniken des Gärtnerns überhaupt.
»Schon mal gehackt?« Müde bin ich, kaum geschlafen habe ich, denn ich komme zurück von der Premierenparty des Theatertreffens in Berlin. Die Veranstalter hatten mich als DJ gebucht. Zum ersten Mal brütet die Hitze an diesem Tag im Mai des Jahres 2009 über dem Wolfenbütteler Land. Die Meisterin übergibt mir eine Pendelhacke. Sie besteht aus einem zwei Meter langen Stiel, an dessen unterem Ende sich ein zweischneidiges Messer horizontal ausrichtet.
Gleich neben dem Folientunnel erstreckt sich das Zwiebelbeet über eine Länge von 50 Metern. Diese Oberfläche soll umgegraben und dadurch von Wildwuchs befreit werden. Bianca zeigt auf die höchstens drei Zentimeter hohen Pflänzchen. »Zwiebeln, okay?« Zwischen all dem Wildkraut jedoch sind die zarten Wesen für mich kaum auszumachen. Noch nie habe ich so junge Zwiebeln in einem Beet gesehen – und gehackt habe ich auch noch nie. Nach ersten Hackversuchen reagiert die Gärtnerin entsetzt. »Ich habe Angst. Angst um meine Zwiebeln.«
POPJOURNALISMUS
So viel zu lernen! Schließlich bin ich Popjournalist. Außerdem bin ich nicht auf dem Land groß geworden, sondern dort, wo Kohle und Stahl sich Gute Nacht sagten. In den 1980er-Jahren lag das Saarland inmitten einer Region voller Landesgrenzen. An den Grenzen zu Luxemburg und Frankreich wurden Pässe kontrolliert. Das Saarland war dicht, an seinen Markierungslinien ebenso wie am Boden, der durch die vielen Gruben und Kohlesiedlungen kaum noch eine freie Krume bot. Gute Konzerte gab es nur in Frankfurt am Main oder in Köln. Für ein gutes Konzert aber hätte ich zunächst einmal die Vorbedingung erfüllen müssen: Was ist ein gutes Konzert? An solche Informationen kam ich nicht heran, 25 Jahre vor unserer Gegenwart. Das Saarland war Endstation auch für Informationen. In den per Bus erreichbaren Kleinstädten Sulzbach an der Saar und Neunkirchen an der Blies bedeutete bereits das Lifestyle-Magazin Tempo ein Maximum an Underground, an Abgründigkeit. Die Musik darin jedoch war mir als Fünfzehnjährigem viel zu erwachsen. Sade, Pet Shop Boys, heute liebe ich sie, doch ich war auf der Suche nach meiner Musik, und ich fand keinen Weg dorthin.
Die Rettung kam mit dem Text. Durch den Besuch einer Tanzschule ebnete sich mir der Weg nach Saarbrücken: Die totale Großstadt für jemanden, der in einer 15 000-Einwohner-Stadt im Grenzland aufgewachsen war. Ich war gehemmt, denn die Mädchen sprachen hier Hochdeutsch. In meiner Familie gab es ausschließlich Saarländisch zu hören, und selbst auf dem Gymnasium unterhielt man sich außerhalb des Frontalunterrichts in der Regionalsprache, sodass das Hochdeutsche ein Insignium der Weltgewandtheit bedeutete, ein Zeichen kultureller Überlegenheit schlechthin. Die Tanzschule bewirkte immerhin, dass ich mich ab und an in Saarbrücken aufhielt, in einem hübschen Cafe im Nauwieser Viertel. Dort tranken die Menschen Milch kaffee und setzten somit ein weiteres Signal der Weltläufigkeit. Kai, einer meiner Schul- und Tanzschulfreunde, ließ dort eines Tages eine Zeitschrift mitgehen. Ich bin sehr katholisch erzogen und fand es unmöglich, etwas zu klauen, was für die Allgemeinheit ausgelegt ist. Zumal Kai auch nur um des Klauens willen klaute: Die Band auf dem Cover dieses Musikmagazins, von dem ich ich zuvor noch nie gehört hatte, war total unbekannt. Die Sängerin trug Dreadlocks, die Band kam aus Berlin-West, und sie sahen alle aus wie eine Mischung aus Bohème und Kunstszene.
Die Zeitschrift hieß Spex. Kai überließ sie mir, die Bands interessierten ihn nicht, und wie die Autoren schrieben, das fand er total merkwürdig. Ich aber liebte sie auf Anhieb. In den Texten von Clara Drechsler oder Diedrich Diederichsen wurde ein ganzes Milieu erfahrbar, wie diese Leute leben und wohnen mochten und wie sie redeten und sich kleideten. Kaum eine der Bands, über die hier geschrieben wurde, kannte ich, und dieses Geheimwissen fand ich attraktiv. Da lag er, der Weg heraus aus der Provinz. In einer City wie Köln wollte ich leben, mit Dreadlocks auf dem Kopf und einem Kippenberger an der Wand. Es war ja noch eine Ganzheit, in der sich mir die versammelten Musik-und-Style-Strömungen unterhalb des öffentlich-rechtlichen TVs und der regionalen Tagsszeitung präsentierten. Das kam ja an wie ein schönes, großes Wurmloch. Einmal hindurchgeschlüpft, käme ich in meinem eigenen Leben an. Sänger wurde ich eher zufällig und noch etwas später. Bevor ich um das Mikrofon der Schulband tänzelte, beschloss ich, Soziologie zu studieren. Um irgendwann einmal so schreiben zu können wie die Leute der Spex. Auch wenn mir das unerreichbar schien, auch wenn ich wusste, dass ich schon anders würde schreiben müssen, um »so zu schreiben wie sie«.
Fünfzehn Jahre später hatte ich fertig studiert und lebte in Berlin.
BERLINER LEBENSWELT
Die Lebenswelt hat sich Mitte der Neunzigerjahre noch nicht verdoppelt. Man lebt dort, wo man halt lebt; das Internet als künstlich geschaffene Alltagsumgebung aus Kommunikationen existiert zwar bereits, beginnt jedoch gerade erst, in das Leben von NichtProgrammierern und Nicht-Cyber-Aktivistinnen hineinzuragen. Ein Jahr hatte ich in Glasgow verbracht, und die Avantgarde der elektronischen Musik hatte dort während einer Club-Nacht einen Live-Jam von Leuten aus Glasgow mit Menschen aus New York organisiert. Das Internet hatte das möglich gemacht, mit diesem Medium hatte ich mich zuvor kaum beschäftigt. Während des Grundstudiums schrieb ich meine Referate noch auf der Schreibmaschine. In Glasgow aber treffen nun elektronische Flächen aus einem Synthesizer in einem nordeuropäischen Club in Echtzeit auf funky Beats einer New Yorker Schlagzeugerin. Das kommt mir zu diesem Zeitpunkt noch vor wie Zauberei. In der Zeit um 1995 aber beschleunigt sich die Verbreitung des Internet. Als ich von Glasgow nach Berlin ziehe, lege ich mir meine erste E-MailAdresse zu. Walter Mitty, ein Moderator des Saarländischen Rundfunks, hat mir den Tipp gegeben. In seiner Freizeit gibt er das Saarbrücker Fanzine Hinterland zu Singer/Songwriter-Musik und US-amerikanischem Gitarrenrock heraus und veröffentlicht das Magazin zeitgleich digital. Hinter-Net! erscheint zunächst auf Diskette, bald aber auch als eines der ersten deutschsprachigen Musikmagazine im Web.
Es hat etwas Weihevolles, wenn ich losgehe, um einen neuen Text, ein Interview mit Lambchop vielleicht oder die Kritik zum neuen Kid Koala-Album loszuschicken. In Kreuzberg lebe ich, direkt an der Spree in der Wrangelstraße. Um die Ecke gibt es eine Bar, in der man E-Mails wegschicken und empfangen kann. Mit dem Unbehagen gegenüber Vertretern aus einer anderen Welt betrete ich die Bar, bestelle eine Orangina und frage in beinahe verschwörerischem Ton, ob der Rechner denn frei sei. Wenn das Modem wählt, dann ist das wie der Gongschlag des Messdieners zum Abendmahl in der katholischen Kirche.
Diese Mischung aus Religion und Geheimwissen, die das Internet umgibt, wird wenig später in Matrix von den Gebrüdern Wachovsky festgehalten werden. Als der Film im Jahr 1999 erscheint, ist das Medium Internet gerade bekannt genug, als Grundmotiv eines Hollywood-Blockbusters zu taugen. Die Ästhetik des Films aber wirkt mit einigem Abstand betrachtet wie eine Hommage an jene Epoche des weltweiten Netzes, in der Kunst und Technologie in gesteigertem Maß zusammenarbeiteten und die Erwähnung des Begriffs »Internet« noch Assoziationen wie Hackertum oder Avantgarde-Kunst weckte. Wie sehr sich die Erscheinung des Internet in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre von seiner heutigen Form unterschied, das belegt etwa der Server, an den meine Internet-Bar angeschlossen war: Internationale Stadt Berlin, gegründet 1994 von Menschen aus dem Milieu der Netzkunst, erleichterte den Zugang zum Internet. Die Oberfläche der Website war an die einflussreiche Amsterdamer Homepage De Digitale Stad angelehnt und entsprach in ihrer Gliederung tatsächlich der Architektur einer Stadt. Das gehörte zu den Motiven dessen, was in dieser Zeit unter den Namen »Netzaktivismus« fiel. Denn man stellte sich vor, dank Providern wie diesen ideale digitale Räume zu erschaffen: Eine Stadt, in der man tatsächlich leben möchte, weil sie frei ist von Machtstrukturen und von kommerziellen Interessen. Selbstverständlich entdeckten auch die Fans kommerzieller Interessen das Internet, und es sollte zu jenem Paradigma des Netzes kommen, wie wir es im Grunde heute noch kennen: Die Website als Schlagwortverzeichnis, enger angelehnt an die Gelben Seiten als an einen utopischen Raum. Übersichtlichkeit ist schließlich längst zu dem Paradigma des Seitenbaus geworden, seit die technologischen Voraussetzungen für die Kommerzialisierung des Netzes in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre mit Höchstgeschwindigkeit Einzug hielten.
Ein eigenes Modem lege ich mir erst während eines Umzugs innerhalb Berlins gegen Ende der 1990er-Jahre zu. In diesem Punkt macht mich das wohl eher zu einem Teil der frühen Mehrheit als zu einem frühen Anwender. Nun ja. Außer mit Walter Mitty gibt es keinen E-Mail-Austausch in meinem Freundeskreis. Ich studiere Soziologie und mache nebenbei ein Praktikum beim JazzRadio. Nachts beleuchte ich die Konzerte in einem – ziemlich uninteressanten – Live-Club in Prenzlauer Berg. Wenn das vorbei ist, gehe ich tanzen, am liebsten zu Drum’n’Bass, am liebsten in den Toaster. In dem Kellerloch in Mitte ist es dunkel und ranzig. Lackierte Kacheln verleihen dem Raum dazu noch einen fürchterlichen Klang voller Fiesheiten. Hier findet die Raserei des Rhythmus, die Drum’n’Bass in seiner heißen Phase sein kann, einen Schauplatz. Er ist unerbittlich.
BILDUNG, JOBS & SPASS
Immer ein bisschen abgefuckt sein, das gehört im Berlin der 1990er-Jahre zum guten Ton. Im Dunkeln leben, in jenem Bereich, der nicht sichtbar ist für die dümmliche Wiedervereinigungseuphorie. Darin liegt die Schönheit der Coolness von Popszenen, von Jugendszenen: Nach außen abschotten. Die Frage ist, ob Coolnes heute noch zu etwas taugt, wo der Popkultur das Außen abhanden gekommen ist, wo alles Pop ist, wo sich, wie die beiden ehemaligen SpexRedakteure Mark Terkessidis und Tom Holert es einst formulierten, ein »Mainstream der Minderheiten« etabliert hat. Coolness ist die Währung all dieser Minderheiten: Wie soll Coolness da noch cool sein! Doch ich schweife ab. Aus dieser selbstgesuchten Dunkelheit soll es schneller ans Licht des Tages gehen, als ich selbst je vermutet hätte: Dem Praktikum im gelbgrünen Millieu folgt eine freie Mitarbeit beim Jazz-Radio, und zwar beim Newsletter, also im Marketing des Senders. Dann schnell Studienabschluss, und: durch einen Bekannten kommt die Möglichkeit, Geld zu verdienen, indem ich Moderationen für MTV schreibe.
Die HipHop-Show oder die beliebtesten Videos werden nun von meinen Texten angesagt, gesprochen durch die Münder von Menschen, die aussehen, wie man zu der Zeit aussehen muss. Das erfordert Exkursionen in die Welt des Chart-Pop, die mir völlig fremd geworden ist mit der Zeit. Durch den Kollegen erfolgen diese Ausflüge ins Bizarre nun auch über Modem durch das Internet: Recherchen bei allmusic.com, dem großen US-amerikanischen Pop-Portal, Recherchen bei MTV selbst, jenem Sender, der in den ausklingenden 1990er-Jahren die Zukunft noch nicht erkannt hat und damals noch nicht bereit ist, einem Sportverein eine niedrige fünfstellige Summe für den Kauf der Domain »mtv.de« zu bezahlen.
Es ist eben eine Übergangszeit. Ihre Unannehmlichkeiten versperren den Blick auf die strahlende Zukunft des Web. Mit 56kModems steht den meisten Leuten die digitale Welt nicht wirklich offen, Seiten brauchen Minuten, um zu laden, immer wieder stürzt die Verbindung ab, abgerechnet wird noch nach Amtseinheiten. Bestenfalls nach Minuten. Von heute aus betrachtet bildete sich die New Economy unter widrigen Umständen aus.
DER GARTEN
Morgen müssen die Kartoffeln raus: Am Rande des Dörfchens Eilum liegt der Garten von Athene Bio. Das Gelände ist abschüssig. Hier läuft der Elm aus. Der Muschelkalk des Höhenzuges rutscht hinunter in einen Graben: Von Osten kommt er her, der Große Bruch, das wurmähnliche Ende der Magdeburger Börde. Im Südosten des Gartens ragt außerdem die Asse auf, ebenso ein Höhenzug wie der Elm mit Burgruinen und Buchenwäldern, aber außerdem mit radioaktivem Müll.
Deshalb wird jeden Monat die Erde im näheren Umkreis kontrolliert, auch auf radioaktive Belastung hin. Wenn es tatsächlich einmal soweit kommen und man erhöhte Werte messen sollte, wäre Eilum sehr schnell sehr verlassen. Außer einem Reiterhof gibt es hier nur Athene Bio, dazu den Lindenhof mit seinem Laden als einzigem Geschäft; ein paar konventionell bewirtschaftete Höfe obendrein. In welche Himmelsrichtung man sich auch bewegt: Die ganze Region ist landwirtschaftlich geprägt. Der Garten von Athene Bio gehört dabei zu den kleinsten Betrieben überhaupt. Nur ein Hektar bebauen Norbert und Bianca, die Weideflächen der Schafe natürlich nicht mitgerechnet. Die Tiere gehören Norbert nicht. Er spricht gerne von seinen »Umweltschutzschafen«, denn die Stiftungen von NABU oder BUND engagieren ihn, ihren Pachtbesitz zu beweiden. Von der Seite des Wohnhauses aus schlupfen immer wieder die Hühner durch den Maschendrahtzaun und stolzieren über den Grasstreifen, der den Garten im Südosten begrenzt.
Dort enden die langen Beete, auf denen Kartoffeln wachsen, Kohl und Salate. Richtung Norden führt ein von Gras bewachsener Weg entlang der Reihen, die Norbert im Frühjahr einmal mit einem Grubber auflockert. Dieser Traktoreneinsatz ist die einzige Maßnahme, die Athene Bio mithilfe von Maschinen erledigt. Der Rest ist Handarbeit. Zwei Personen, ein Hektar: Das hört sich machbar an, doch ohne systematischen Maschineneinsatz bedeutet das sehr viel Arbeit.
Nach Eilum fahre ich über die Feldwege mit dem Rad. Denn entlang der Landstraße von Braunschweig in Richtung Osten, ExDDR, gibt es ab Evessen keine Gehwege mehr, und die Straße ist das Reich der Motoren. Die Pendler rasen aus Helmstedt über diese Piste, sie kommen aus der Magdeburger Börde und dem Harz. BÖSE 666, HE-XE 88, mit 150 Kilometern die Stunde den Eilumer Hang runter, scharf abbremsen zur Todeskurve zu. Die Freiwilligen Feuerwehren müssen alle zwei Wochen ausrücken und jemanden rausschneiden. Seit einigen Wochen ziehe ich meine Arbeitskleidung an, bringe unsere Tochter in den Kindergarten, fahre über die Felder nach Eilum und klopfe an die Tür, die ohne Klingel ist.
Keine Ahnung hatte ich, dass sich mir hier eine neue Welt auftun wird. Schon der erste Handgriff im Garten von Athene Bio war ein moment merveilleux, ein besonderer Augenblick. Er dauert an, seither.
DIE HÖFE VON EILUM
Das erste Hacken also löst Enthusiasmus in mir aus. Die neuartige Arbeit vermag ein Hochgefühl in mir zu erzeugen, und die Müdigkeit, die meinen Körper hinterher befällt, gehört zu dieser Erfahrung dazu. Schreiben ermüdet nur den Geist, hinterlässt jedoch einen trägen, sedierten Körper. Die Tätigkeiten im Garten dagegen lassen jeden Arbeitsschritt nachwirken, noch in jedem winzigen Muskel in der Hand und im Pochen der Schläfen. Da sitzt ein Typ auf dem Rad. Boah, Alter, voll verschwitzt und verdreckt, und was der da hinten alles drauf hat auf dem Gepäckträger, da schaut ja ein Riesensalat raus, ey. Zuhause müssen dicke Schichten Erdkruste von Beinen und Armen abgewaschen werden. Der Körper, das ganze System glüht nach.
Dass der Dorf-Hang-Berg-Rhythmus nun um den Garten von Norbert und Bianca erweitert wird, bringt eine Unwucht in mein Leben. Liegt der Garten doch nicht in Evessen, sondern ein paar Kilometer weiter in Richtung Südosten. In Evessen haben wir bisher auch gerne eingekauft, die Äpfel oben bei Deuses, die Milch auf dem Lowes-Hof. Doch erst verkaufte die nachkommende Lowes-Generation die Milchkühe. Brachte nichts mehr, lieber mochte es die Familie nun mit Ziegen und Wasserbüffeln versuchen. Bei Deuses habe ich mich immer willkommen gefühlt. Doch nach und nach wollten wir hier alles, was zu haben ist, aus vertretbarem Anbau haben, und so wurden die Einkäufe in Eilum mit der Zeit allumfassend.
Eilum, Enklave der ersten Öko-Bewegung. Erst vor wenigen Jahren haben Norbert und Bianca ihren Betrieb gegründet. Beide hatten sie zuvor auf dem Lindenhof, gelebt, einem gemeinschaftlich betriebenen Biolandhof. Dort hatte überhaupt alles begonnen. Mehr als 30 Jahre ist das nun her. 1976 hatte der englische Bauer John Seymour ein Buch von nachhaltiger Wirkung veröffentlicht: Das neue Buch vom Leben auf dem Lande. In den Jahren danach entwickelte sich dieser Band zu einer praktischen Anleitung für das tägliche Leben eines ganzen Milieus. In der deutschsprachigen Übersetzung mag der Titel noch schiere Idylle verheißen. Das Original ist jedoch betitelt mit The complete book of self- sufficiency, also »Das vollständige Buch der Selbstversorgung«. Seymour schildert, wie er seine Rinder hält, seine eigene Butter herstellt oder Zäune baut.
»Das war die Bibel zu jener Zeit«, sagt Markus vom Lindenhof und streicht sich durch seinen dunkelblonden Bart. Es ist schwer einzuschätzen, wie alt er ist. Es gibt auch keinen Grund, ihn zu fragen. Markus strahlt eine unerschütterliche Ruhe aus und ist dennoch die ganze Zeit am Machen. Er ist der älteste der Bauern auf dem Lindenhof und vor ungefähr zwanzig Jahren aus der Schwäbischen Alb gekommen, wo er bereits eine Rinderherde hegte. Jetzt fährt er tagsüber Traktor. Morgens und abends füttert er die Rinder, dazwischen repariert er Maschinen, Gebäude, die Heizanlage. Als ob ihm das schon genügte! Der Lindenhof ist ein Bioland-Demonstrationsbetrieb. Schulklassen drängen sich in die Backstube und kneten Brotlaibe. Gruppen aus den umliegenden Kindergärten lassen sich durch die Gärtnerei führen, die ein paar Kilometer weiter im Dorf Apelnstedt liegt. So spiegelt sich in der Geschichte des Lindenhofs die zunehmende Popularisierung der ökologischen Landwirtschaft und ihrer Lebensmittel. Vor dreißig Jahren gab es noch kein utopia.de: Vor dreißig Jahren zog eine Gruppe Autodidakten ins Dörfchen ein. Lediglich Norbert kam aus einer Familie von Bauersleuten und hatte grundlegende Erfahrungen mit der Landwirtschaft. Freaks! Es hagelte Spott und Aggressionen. Nicht nur die Ur-Dörfler machten sich lustig, schließlich fanden in den 1970er-Jahren all die Zersplitterungen jener Generation statt, die zehn Jahre zuvor gegen die Autorität im Land aufgestanden war. Nach Eilum zum Beispiel zog es nicht nur die Ökos. Auch Haschrebellen mit Leidenschaft für die Bildenden Künste gründeten Wohngemeinschaften zwischen Elm und Asse. Stylemäßig gerade auf dem Weg vom gepflegten Mittellanghaar der sozialen Bewegungen zu den scharfen Kanten des New Wave, passte die Orientierung hin zum Wollpullover auch den Exegeten der neuen Künstlichkeit nicht.
Mit Hilfe der eigenen Ideale, dank Durchhaltevermögen, diplomatischem Geschick und der Unterstützung durch Seymours Bibel kam das Bio-Start-up allmählich in Tritt. Gegen alle Widerstände und mit Hilfe einer Stadt. Denn die Leute vom Lindenhof fanden im Laufe der 1980er-Jahre eine Insel im vorherrschenden Desinteresse an Ökogemüse: Berlin-West. An den Freitagabenden wurden Karotten und Kartoffeln geputzt und eingepackt. So ziemlich alles an Gemüse, was die Woche überhaupt hergegeben hatte. Die Mengen erlauben nur eine Ration Schlaf von zwei, drei Stunden. Um 3 Uhr morgens fuhr der Brokkoli-Bomber los. Über das 30 Kilometer entfernte Helmstedt ging es über die Transitautobahn direkt hinein nach Berlin-Schöneberg. »Wir wurden jeden Samstag alles los, was wir geerntet hatten«, erinnert sich Norbert an die ersten florierenden Lindenhof-Jahre.
Er hatte zur Frühbesetzung des Hofes gehört. Etwas getrübt ist der Optimismus dieser Zeit durch enormen Arbeitsaufwand. »Vor Erschöpfung habe ich regelmäßig gekotzt.« Denn neben den Fahrten nach Berlin gilt es, die Märkte im Umland von Eilum zu bestücken. Dienstags Sickte, zu dessen Samtgemeinde auch Evessen gehört. Das 300 Einwohner zählende Dorf Eilum dagegen gehört zur ein paar Kilometer weiter östlich gelegenen Kleinstadt Schöppenstedt, die sich als Geburtsort des Pranksters Till Eulenspiegel inszeniert. Donnerstags der große Markt in Braunschweig, samstags Wolfenbüttel. Von März bis Oktober wird auf den Feldern und im Garten jede Hand gebraucht, auch die Kartoffeln müssen sortiert werden, außerdem unterhält der Lindenhof Rinder und eine Schafherde. Für die idealistische Lebensgemeinschaft Lindenhof bleibt jenseits der Landarbeit wenig Zeit.
Erst mit dem Fall der Mauer wird der Berliner Bio-Markt allmählich von Höfen aus dem Umland versorgt. Für den Lindenhof erübrigte sich im Laufe der 1990er-Jahre das lukrative Fahren in die neue Hauptstadt. Ein weiteres Jahrzehnt später verließ Norbert den Hof.
Aus dem Erzgebirge war Bianca gekommen, über Berlin, um auf dem Lindenhof eine Ausbildung zur Gärtnerin zu beginnen. Querelen folgten, Bianca verstand sich nicht mit einem Gärtner des Hofes. Es kam zum Zerwürfnis. Doch sie bandelte mit Norbert an: Nur einen Steinwurf vom Lindenhof entfernt liegt nun der nur ein Hektar große Garten von Athene Bio, auf anderen Höfen steht allein für die Wirtschaftsgebäude mehr Platz zur Verfügung. Doch hier geht es nicht um den Absatz von Mengen.
Schon der Name beinhaltet einen Hinweis darauf, wie umfassend der Ansatz von Athene Bio ist. Durch gezielten Heckenbau möchten Norbert und Bianca den Steinkauz wieder ansässig machen. Athene noctua, der kleine Eulenvogel, kurzer Schwanz und dichte Wolle, von dunklen Bändern durchzogen und mit Flecken übersät, soll sich wieder heimisch fühlen im Wolfenbütteler Hügelland. Bianca lebt vegan, Norbert lebt mit seinen Tieren, den Schafen. Drei verschiedene Rassen hat er auf verschiedenen Weiden im Umland stehen, das Rauhwollige Pommersche Landschaf, die Weiße Hornlose Heidschnucke sowie das Coburger Fuchsschaf. Jeden Tag muss er für ein, zwei Stunden raus, checken, ob alles in Ordnung ist. Wo beim Menschen das Herz schlägt, an diese Stelle haben die beiden in ihrem Garten den Pulsgeber des Betriebs hingebaut: ein Gemüsehaus und einen Tunnel, beides aus transparenter Folie. Dort werden die Pflanzen angezüchtet; im Spätherbst, im Vorfrühling wächst hier noch das letzte und wieder das erste Grünzeug. Wächst gut. Der Löß, die Schwarzerde der Börde, garantiert Fruchtbarkeit. So dunkel, so reich an Würmern, Bakterien und Nährstoffen der Boden hier ist, so beginnt es hier im Frühjahr zu vibrieren. Es sirrt und surrt, wenn die Vögel die Saat picken, die Weißfliegen, leicht wie Asche, den jungen Kohl belästigen. In den Blüten der Purpurnen Sonnenhüte aalen sich Wespen, Bienen, Admirale und Zitronenfalter.
GRUPPENPORTRÄT MIT PAAR
In den unterschiedlichsten Milieus sind sie aufgewachsen, die Leute von Eilum. Am Rande Braunschweigs ist der Bauernsohn Norbert groß geworden. Norberts Mutter hat zum Beispiel die Weißen Bohnen gezüchtet, die Athene Bio anbaut. Zu seinen Idealen gehört tatsächlich das bäuerliche Leben, im Gegensatz zur Idee des »Landwirts«. Da der Anbau von Lebensmitteln längst von industriellen Methoden geprägt wird sowie von Äckern, die zu Fuß kaum noch an einem Tag zu durchwandern sind und Traktorenlenkhäusern, die einem Flugzeug-Cockpit ähneln, fordert diese Bewegung eine Feldarbeit, die noch einen direkten Bezug zu den Pflanzen und Tieren aufnimmt. Norbert, Mitte der 1950er-Jahre geboren, ist ein aufrechter Mensch. In jeder Situation sagt er seine Meinung. Wenn ein Dorfnachbar in der Zeit des Frühjahrsschnitts wieder zuviel Feldhecken ummäht, dann bedeutet das in Norberts Augen einen Frevel an der Natur: Schon wieder wird den Vögeln damit die Möglichkeit genommen zu nisten, zu brüten, sich zu verstecken. Norbert ist der einzige Mensch, den ich kenne, der sich dann aufregt und diesem Nachbarn ein extrem glaubwürdiges »Du Umweltfrevler!« hinterher ruft. Er lacht nicht dabei. Er meint es vollkommen ernst. Also wird auch nicht mit irgendeiner Geste hantiert, die einen solchen Ausspruch mildern oder gar brechen würde. Das ist uncool. Doch es gehört zum Wesen Norberts, über das sich vor allem sagen lässt: Wer etwas über das Leben da draußen erfahren möchte, wende sich einfach an ihn.
Fliegt etwa eine Heckenbraunelle über den Garten, ein Vögelchen mit gekrümmtem Insektenfresserschnabel, spricht Norbert von der Tönung des Tieres und wie sie sich im Laufe der Jahreszeiten verändert, erklärt die Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen, weiß, wo sie nisten und wo sie am liebsten singen, unterscheidet zwischen Liebeswerben und Warnrufen. So geht das mit allen Vögeln und mit den Bakterien und mit den Würmern und mit dem Fuchs und den Hühnern, den Dutzenden Arten der Distel. Als müsse sich der Hüne mit den breiten Schultern ständig seiner Verbundenheit mit allem Lebenden vergewissern. Man lernt eine Menge von ihm, doch seine Lehre ist eine manische, er kann nicht anders. Sie hat nichts zu tun mit Eitelkeit. Dieses Buch wird er wohl nicht lesen: Viel zu viele Menschen, so sagt er mir, täten unnütze Dinge, zum Beispiel Bücher schreiben. Was ihn nicht daran hindert, sich jeden Morgen um fünf, halb sechs eine halbe Stunde Zeit zur Lektüre der taz zu nehmen.
Bianca dagegen ist von einer gewissen Grundhärte geprägt. Sie ist halb so alt wie Norbert, doch ihre tiefe Stimme, ihre breiten Schultern und ihre Größe von über eins achtzig geben ihr Autorität. Sie redet mit dem Gemütlichkeit verströmenden weichen Tonfall des Erzgebirges, aber im Gegensatz zu Norbert in seiner Sanftmut operiert Bianca an einem Selbst der krassen Widersprüche: Sie arbeitet mit Maria Thuns kosmischem Kalender, isst nichts Tierisches, nicht einmal Honig. Ihre selbstgemachte Tätowierung auf der Haut erinnert an das primitivistische Logo der Einstürzenden Neubauten. Tatsächlich hört sie gerne Industrial. Wenn sie aber im Frühjahr das erste Grüngemüse im Gewächshaus erntet, dann ist all die Schroffheit weg. Dann scheint sie ein paar Zentimeter über den Pflanzen zu schweben, gerade aus dem Beet emporgewachsen.
Die Leute vom Lindenhof bieten sich im Gegensatz zum Athene Bio-Paar Norbert und Bianca eher für ein Gruppenporträt an. Allein die Größe der bewirtschafteten Flächen zeigt ja schon, dass hier ein paar Menschen mehr arbeiten müssen, um Garten, Felder und Weiden zu pflegen. Ackerland und Weiden kommen auf 125 Hektar, da ist der Garten in Apelnstedt noch nicht mit eingerechnet. Dazu kommt das Modell: Wo Athene Bio einen kleinstmöglichen Familienbetrieb bildet, da gehört zum Leben auf dem Lindenhof die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens und Arbeitens. Wer hier rund um die Uhr arbeitet, lebt hier. Die Gärtnerinnen Ilse, Anne-Sophie und Alex sowie der Gärtner Dominique mit seiner Familie etwa, dazu Ben, der Bauer. Markus ist immer und überall, dazu arbeiten noch viele weitere Menschen hier. Marei kam einst mit Markus von der Schwäbischen Alb, Buba backt zusammen mit Christoph, Ursula macht die Buchhaltung und kümmert sich um den Hofladen, in dem auch Inge regelmäßig an der Kasse steht.
So leben hier Erwachsene zwischen Mitte Zwanzig und Sechzig bei ständigem Weg- und Zuzug in einer Hofgemeinschaft. Wer schon länger hier ist, übernimmt auch Verantwortung in der Region. Markus vertritt die Interessen der Gegend in der Bundesdelegiertenversammlung von Bioland, der größten Gemeinschaft von Biobetrieben in Deutschland. Außerdem zählt die Hofgemeinschaft Lindenhof zu den wenigen Demonstrationsbetrieben dieses Vermarktungsverbands. Was Norbert über die Jahre erzählt hat, in denen der Markt am Winterfeldtplatz in Berlin-Schöneberg beschickt wurde, das zeigt sich auch heute noch: Auf dem Lindenhof wird die ganze Zeit gearbeitet. Dass Marei, Markus und Ilse schon seit fast zwanzig Jahren dabei sind, ist dieser Atmosphäre anzumerken: Jeder Handgriff wirkt sicher. Das erleichtert es den Jüngeren und Neuen, sich auf dem Hof zurechtzufinden. Bei aller Vorsicht, die beim Beurteilen eines so komplexen Gefüges wie einer Lebensgemeinschaft erwachsener Menschen angebracht ist: Der Vibe stimmt.
»In seinem Buch spricht [Braun] viele Dinge und Fragen an, die das Leben heute ausmachen. ER reflektiert die Antworten, die er sich auf die Frage "wie will ich gut leben" gegeben hat. Es ist sehr interessant, da dabei zu sein.«
Zeitschrift für Popgeschichte, Dezember 2012
»Braun ist ein eleganter Stilist. Gekonnt springt er zwischen sinnlichen Eindrücken und Reflexionen, Schilderungen der Ökoszene am Elm und der Berliner Subkultur hin und her.«
Florian Arnold, Braunschweiger Zeitung, 23.03.2012
»Seit drei Jahren greift Braun vormittags begeistert vom Gedanken der nachhaltigen Selbstversorgung selbst zur Pendelhacke, nachmittags schreibt er mit neu gewonnener Perspektive detail-verliebt und wortmächtig Texte zu Popmusik, Kunst und Kultur - oder über den Alltag auf dem Land. Dass er es dabei schafft, einerseits pittoreske Bilder im Kopf des Lesers zu erzeugen und zugleich mit dem Vorurteil der ungetrübten Idylle zu brechen, ist seine Kunst.«
André Pause, Neue Braunschweiger, 11.04.2012
»Wunderbar geschrieben, ist das Buch nicht nur für Landeier und Computernerds ein absolutes Muss.«
musicline.de, 15.04.2012