Sie schreiben seit sieben Jahren in Ihrem Blog Schräglage über alles, was Sie in Ihrer Praxis und allgemein gesellschaftlich bewegt. Durch Corona fühlt es sich so an, als würde uns nun jegliche Balance abhandenkommen. Keiner weiß, wie lange die „Schräglage Corona“ unser Leben noch im Griff haben wird. Was empfehlen Sie gegen den Frust der Ungewissheit?
Die Corona-Krise bringt in der Tat vor allem eins mit sich: Unsicherheit. Wir registrieren die Infektions- und Todeszahlen unserer europäischen Nachbarn, haben Angst um uns und unsere Lieben und sind jetzt auch noch mit Ausgangsbeschränkungen belegt, von denen niemand weiß, wie lange sie anhalten werden.
Wenn ich in diesen Tagen mit meinen Patienten spreche, so stoße ich bei ganz vielen auf ein fast schon paradox zu nennendes Phänomen: „Na ja, so viel ändert sich für mich ja nicht. Ich habe sowieso wenig Kontakt zu anderen Menschen. Und Angst – Sie kennen mich, Herr Doktor, die begleitet mich doch ohnehin seit vielen Jahren.“
Gut, was bedeutet das aber für uns, deren Leben sich jetzt so völlig anders anfühlt?
Unsicherheit ist an sich nichts Ungewöhnliches. Sieht man genau hin, so leben wir doch von jeher in einer Welt voller Ungewissheit. Oder kann mir jemand erklären, woher wir kommen, wohin wir gehen und was dieses eigentümliche Zwischenspiel, das wir Leben nennen, bedeuten soll?
Corona stößt uns sozusagen etwas unsanft auf eine unserer Grundwahrheiten: Wir haben keine Ahnung.
Udo Lindenberg hat es vor vielen Jahren in seinem Lied „Andrea Doria“ ganz konkret formuliert: „Und der Nervenarzt weiß auch nicht mehr, wie´s weitergeht.“
Das will ich nun doch nicht auf mir sitzen lassen und habe deshalb trotzdem einen Tipp auf Lager: Halten Sie die Zeitspanne, die Sie nach vorne schauen, kurz. Was will ich heute tun, was morgen? Eventuell kann ich ja auch über nächste Woche nachdenken. Aber weiter nicht. Lassen Sie uns abwarten, wo das alles hinführt. Denn auch das ist eine Wahrheit: Gelebt wird nur im Augenblick. Es gibt weder eine Vergangenheit noch eine Zukunft. Die eine füllen wir mit unseren Erinnerungen, die andere mit unseren Wünschen, Hoffnungen und eben auch Ängsten. Bleiben Sie also bei sich, seien Sie bewusst und achten Sie auf das Hier und Jetzt. Kommunizieren Sie viel. Wenn schon nicht von Angesicht zu Angesicht, so doch virtuell, über Telefon, WhatsApp, Skype, Email. Auch das ist Beziehung, wenn auch nicht so schön, wie wir das gewohnt sind.
Und pst, ganz unter uns: Ich glaube fest daran, dass da hinten im Nebel schon jetzt ein kleines Licht leuchtet. Wir sehen es vielleicht noch nicht. Aber je näher wir ihm kommen, desto heller wird es sein. Wer weiß, am Ende ist es vielleicht das Freudenfeuer, um das wir alle tanzen werden.
Peter Teuschel, Dr. med., ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie; nach seiner Tätigkeit als Chefarzt einer psychiatrischen Fachklinik ist er ...
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