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PSYCHE, 1954, Jg. 7, Ausgabe 10

PSYCHE, 1954, Jg. 7, Ausgabe 10

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.01.1970
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187

Details


Hauptbeitrag
Zur psychoanalytischen Auffassung psychosomatischer Krankheitsentstehung
Formate: pdf
Alexander Mitscherlich
Seite 561 - 578
Über einen Fall schwerer zentraler Regulationsstörung als Beispiel einer zweiphasigen Verdrängung

Es wurde über die psychoanalytische Behandlung eines zwanzigjährigen Patienten berichtet, der an einer schweren zentralen Regulationsstörung mit dem Hauptsymptom einer labilen Hypertonie litt. Der Blutdruck schwankte während einer fünfmonatigen stationären Behandlung in einer medizinischen Klinik zwischen RR 200/130 mm Hg. und 140/100 mm Hg. Der Patient wurde in über 200 psychoanalytischen Sitzungen behandelt. Die Krankheit hatte sich in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verschwinden einer schweren Gehemmtheit, die seit der Kindheit bestand, entwickelt. Damit wurde ein jahrelanger Kampf in einem »Triumph des Willens« scheinbar erfolgreich beendet und eine Verhaltensänderung und Scheinfreiheit erzielt. Dieses Geschehen, das Zurücktreten der neurotischen Symptomatik unter der gleichzeitigen Entstehung einer organischen Erkrankung, wurde nach Mitscherlich als zweite Phase einer Verdrängungsleistung bezeichnet. Im Behandlungsverlauf wies sich die »zweiphasige Verdrängung« am Widerstand aus. Im ersten Behandlungsabchnitt hatte der Patient keine Einsicht in die Notwendigkeit einer psychoanalytischen Therapie seiner Persönlichkeit. Er gab die Begründung, daß im Auftreten der körperlichen Symptomatik eine psychische Gesundung erreicht worden sei. Zur Charakterisierung der Initialsituation wurden Zeichnungen und Äußerungen des Patienten erwähnt, z. B. die zeichnerische Darstellung einer Festung, die von zwei Ringmauern umgeben war. Wegen dieser doppelten Absicherung war es zunächst nicht möglich, einen therapeutischen Zugang zu seinen verdrängten und in der Abspaltung verzerrt gebliebenen Persönlichkeitsbereichen zu finden. Die Hypertonie schwankte in diesem Behandlungsabschnitt zwischen RR 170/120 und 150/100 mm Hg. Erst in der Aufhebung der Überkompensation seiner neurotischen Symptomatik kam eine spiegelbildliche Bewegung in Gang. Die Blutdruckwerte wurden normal. Von der Behandlungsdynamik her gesehen tauchten nun die in der ersten Verdrängungsphase unter Ausbildung einer neurotischen Symptomatik abgespaltenen Persönlichkeitsbereiche wieder auf. Die animistische Erlebnisweise seiner Kindheit, die in einer neurotischen Symptomatik verdrängt und bis zur Behandlung wirksam geblieben war, konnte im wiederholenden Erleben in seine Persönlichkeit aufgenommen werden. Auf diesem Weg wurden verschiedene Stufen durchschritten, und es zeigte sich, daß der Patient praeödipale und ödipale Entwicklungsphasen nicht bewältigt hatte. Die primäre Angst in ihren verschiedenen Determinanten war in der neurotischen Symptomatik verborgen wirksam geblieben (erste Verdrängungsphase). Die zweite Verdrängungsphase behob die neurotische Symptomatik ebenso nur scheinbar, wie durch die erste Verdrängungsphase die frühkindlichen Konflikte ungelöst geblieben waren. Die Fixierung seiner Reifung auf diesen Entwicklungsstufen hatte dazu geführt, daß sein bisheriges Erleben von der Angst vor Hexen, iesen, einer Tötung und Pars-pro-toto-Tötung durch die Kastration bestimmt blieb. Eine verzerrte, reaktive Aggressivität gegen die unheimlichen Mächte führte zu einer weiteren Motivierung der Angst. Es ergab sich, daß seine Unsterblichkeitsphantasien, seine Identifizierung mit unsterblichen Riesen im Dienste der Angstabwehr standen. Erst die analytische Durcharbeitung seiner mißlungenen Auseinandersetzung mit der kindlichen Umwelt brachte eine Wandlung und Entwicklung der Persönlichkeit des Kranken und eine klinisch wie psychoanalytisch zu bewertende Heilung.

The author submits the survey of the psychoanalytical treatment of a 20 years old male patient who suffered from a severe central regulatory disturbance with the main symptom of labile hypertension. During a five months treatment at a medical hospital, the patient's blood pressure values had varied from RR 200/130 mm Hg to 140/100 mm Hg. The psychoanalytical treatment had taken 200 sessions. The disease hald developed in correlation with the disappearance of the patient's severe inhibitions which had governed his behaviour since childhood. His years old struggle for self-confidence was thus seemingly won, and the patient pretended to feel free and easy. Such a process, namely the disappearance of the neurotic symptom with the simultaneous outbreak of an organic disease is what Mitscherlich described as the second phase of a biphasic repression. In the course of the treatment, this biphasic repression became evident in the patient’s resistance. In the first period of his treatment, the patient had no insight into the necessity of a psychoanalytic therapy. He argued that the appearance of his physical symptoms had brought him complete psychic health. This period of the treatment was depicted, in a striking way, in a sketch which the patient had drawn: a fortress with double ramparts. Because of this double protection it was at first impossible to find a way into the patient’s repressed and deformed personality structure. The hypertension vacillated at that time between RR 170/120 and 150/100 mm Hg. It was only when the over-compensation of the patient's neurotic symptoms was relieved, that an inverse movement was started, and the blood pressure became normal. In due course, part of the neurotic symptoms which had developed in the first phase of repression of the patient's personality conflict, began to reappear. Animistic experiences of his childhood which he had repressed and which had never lost their efficacy, re-emerged but could be faced and overcome. Several such stages were passed as the patient had evidently failed to integrate certain pre-oedipal and oedipal phases of his development. A primary anxiety with various determinants had lain hidden under the neurotic symtoms (first phase of repression). The second phase of repression was an equally unsufficient attempt to overcome the neurotic symptoms. The patient's development had been blocked in a way that infantile fears of witches, giants and a pars pro toto destruction (castration) were determining his emotional life history. The anxiety was further deepened by an distorted reactive aggressivity against those sinister powers. Phantasies of omnipotence and immortality served as a defense against anxiety, the patient identifying himself with immortal giants. The analytical review of these unsolved infantile conflicts succeeded in a final change and development of the patient’s personality, and in a recovery which was valid both in the clinical and in the analytical sense.

Formate: pdf
Helmut Thomä
Seite 579 - 592
Die Gegenübertragung
Grundsätzliches und Praktisches

I. Verfasser geht in Teil I der Arbeit zunächst vom Phänomen der Übertragung aus, das — unabhängig von seiner besonderen Rolle in der Analyse — auf einen normalpsychologischen Vollzugszwang zurückgeführt wird, mit dem die bisherigen Erfahrungsniederschläge und die jeweilige aktuelle innere Gestimmtheit unbewußt in die augenblickliche Umwelt projiziert werden. Die Übertragung in der analytischen Situation ist ein Sonderfall dieses Vollzugszwanges. Ihr Urmodell ist die Kind-Mutter-Beziehung. Neben der analytischen Übertragungsbeziehung läuft eine der Struktur von Patient und Analytiker real entsprechende »adäquate« (Übertragungs-)Beziehung. So können wir unterscheiden zwischen I. einer Übertragung im allgemeinen Sinne, II. der Übertragung während der Analyse a) außerhalb, b) innerhalb der Stunde, und zwar 1. strukturgerecht, 2. nicht strukturadäquat = Übertragung im spezifisch-analytischen Sinne. II. Das Phänomen der Gegenübertragung ist im Vergleich zur Übertragung weit komplexer. Ihr Urmodell ist die Eltern-Kind-, besonders die Mutter-Kind-Beziehung. Neben den in der Ausübung seiner Funktion als Analytiker gewollt und bewußt vollzogenen psychischen Abläufen (wie hilfsbereite Grundhaltung, passagere Identifizierung mit dem Patienten, Annahme von dessen Übertragungsprojektionen sowie deren legitime Verarbeitung) spielen sich im Analytiker unbewußt auch noch eine Reihe von an sich unerwünschten, weil analysenbeeinträchtigenden psychischen Abläufen ab. Sie sind Auswirkungen der Tatsache, daß auch der Analytiker unbewußt überträgt, sei es auf den Patienten, sei es auf die analytische Situation als solche, und daß 2. dem Analytiker bei legitimer Durchführung seiner Arbeit unablässig Verzichtleistungen abgefordert werden (Einzelheiten hierzu im Original). Beides löst unvermeidlicherweise eine Protestreaktion in ihm aus, die unbewußt am Patienten exekutiert wird. Somit ergibt sich folgendes Schema der ufgliederung der Gegenübertragung: I. Beabsichtigte analysenfördernde Abläufe im Analytiker a) hilfsbereite Grundhaltung, b) passagere Identifikation, c) Annahme der Übertragungsprojektionen des Patienten, d) Distanzierung durch periodische Zurücknahme von b) und c) zwecks analytischer Durcharbeitung. II. Unbewußte analysenbeeinträchtigende Abläufe im Analytiker a) strukturgerechte (Übertragungs-)Beziehung zum Patienten, b) nicht strukturadäquate projektive Übertragung, 1. auf den Patienten, 2. auf die analytische Situation als Ganzes oder auf spezielle Vorkommnisse in ihr c) Protestreaktionen im Analytiker gegen die ihm auferlegten Verzichtleistungen (siehe Text). III. In der Reihenfolge dieses Schemas werden dann Punkt für Punkt in einem ausführlichen Teil III die Schwierigkeiten und Gefahrenmöglichkeiten der Gegenübertragung in der praktischen Arbeit anschaulich besprochen, wobei auch auf die besonderen Probleme des Anfängers mit der Gegenübertragung eingegangen wird. IV. Die eben genannten »analysenunerwünschten« Abläufe innerhalb der Gegenübertragung, wie sie sich aus der eigenen Übertragung des Analytikers und aus seiner Protestreaktion gegen die ständige Verzichtnotwendigkeit er geben, können dennoch für die Analyse fruchtbar gemacht werden, wenn der Analytiker die innere Freiheit gewinnt, diese seine eigene menschliche Unzulänglichkeit bewußt und in kontrollierter Form in den Dienst seiner Arbeit zu stellen. In diesem Sinne werden die Grundlagen einer »Handhabung der Gegenübertragung« entwickelt und begründet. Ihre Beherrschung, verbunden mit den bekannten Regeln zur »Handhabung der Übertragung«, führt zu einer Vervollständigung, Vertiefung und noch feineren Di ferenzierung unserer analytischen »Technik«, die der Sicherheit und Wirksamkeit unserer Arbeitsweise zugute kommt.

I. The author in part I of the paper proceeds from the phenomenon of transference which — independent of the special role it plays in analysis — is traced back to being a normal psychological executive compulsion by means of which all experiences up to the present and the actual mood are projected on the present surroundings. Transference in the analytical situation is a special case of this executive compulsion. Its prime model is the child-mother relation. By the side of the analytical transference runs an »adequate« transference really corresponding to the structures of patient and analyst. We may thus distinguish between I. transference in general II. transference during analysis a) outside, b) inside the analytical session — 1) adequate to structure, 2) inadequate to structure, i. e. transference in the specific analytical sense. II. The phenomenon of counter-transference, as compared with transference, is by far more complex. Its prime model is the parent-child, particularly the mother-child relation. In addition to the psychical achievements aimed at and consciously set forth in performing his analytical functions — (fundamental readiness to help, temporary identification with the patient, acceptance of his projections and their legitimate elucidation) — the analyst unconsciously is submitted to a series of psychical proceedings undesirable since they are hampering the analysis. They are the effects of the fact that 1) the analyst too is transferring be it to the patient, be it to the analytical situation as such and that 2) the analyst in legitimate performance of his task is incessantly forced to practice renouncement — (for the details see the original) — inevitably followed by reactions of protest of which he unconsciously makes the patient the victim. Hence results the following scheme in respect to the components of counter-trensference: I. Deliberate sequences promoting the analysis on the part of the analyst a) fundamental readiness to help, b) temporary identification, c) acceptance of the patien's transferring projections, d) distantiation by periodical retraction of b) and c) with a view to analytical clarification. II. Unconscious sequences on the part of the analyst impairing the analysis — a) transference to the patient adequate to structure, b) projective transference inadequate to structure 1) to the patient, 2) to the analytical situation in general or to special events within this situation, c) the analyst’s reactions of protest against frustration imposed on him. III. In the order of the above scheme difficulties and possible dangers of countertransference in practical work are commented upon in detail in an extensive part taking into account the special problems of the beginner. IV. The above mentioned undesirable sequences within the counter-transference such as they result from the analyst’s transference and from his reactions of protest against the permanent necessity of renunciation, nevertheless can be made productive for the analysis if the analyst attains the inner freedom to make his human insufficiency, consciously and in a controlled way, serviceable to his function. It is in this sense that the princ ples of the »operation of counter-transference« are developed and substantiated. A control of counter-transference combined with the observation of the well known rules for the »operation of transference« leads to completion, deepening and an increasingly delicate differentiation of our analytical »technique« for the benefit of the security and efficacy of our work.

Schlagworte: Gegenübertragung, Mutter-Kind-Beziehung, Übertragung, Arzt-Patient-Beziehung, Behandlungstechnik, Abstinenzregel
Formate: pdf
Werner Kemper
Seite 593 - 626
Von der Mutter der Pallas Athene
Schlagworte: Soziologie, Rationalisierung, freie Assoziation und Denkverlauf, Bewußtes und Unbewußtes, abendländisches Denken, Gesellschaftsbildung, Ich und Es, Persuasion
Formate: pdf
Grete Wels-Schon
Seite 627 - 632
Ein Fall von Koro

Es kann die Vermutung (unter Verzicht auf tiefenpsychologische Deutung) ausgesprochen werden, daß der ubiquitär vorkommende Kastrationskomplex sich auch in Europa in Form einer Angstneurose äußern kann, die bedeutende Ähnlichkeit mit Koro aufweist, einer Erkrankung, die bisher nur in tropischen Ländern beschrieben wurde.

Schlagworte: Narzissmus, Amok, Phobie, Kastrationsangst, Angstneurose, Impotenz, Koro, Latah, Sexualangst, Strafgesetz und Kastration
Formate: pdf
Hildebrand Teirich
Seite 633 - 636
Über eine Meskalinschädigung
Schlagworte: Autogenes Training, Narkohypnose, Hypnosetechnik, Meskalinschädigung, Weckanalyse, Haltung des Psychotherapeut
Formate: pdf
Hildebrand Teirich
Seite 637 - 640
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