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PSYCHE, 1997, Jg. 51, Ausgabe 5

PSYCHE, 1997, Jg. 51, Ausgabe 5

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.05.1997
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187

Details


Hauptbeitrag
Normalität und Nationalsozialismus

Aufgrund einer Reihe historischer und psychosozialer Indikatoren geht der Autor davon aus, daß der Nationalsozialismus keine Entgleisung der deutschen Geschichte war, sondern den verborgenen Teil einer spezifischen deutschen Normalität zum Vorschein brachte. Das Beängstigende sei die Normalität der Täter gewesen, mit der sie das Geschäft der Vernichtung von Juden, Zigeunern und Geisteskranken betrieben haben. Kaminer macht dafür eine verbreitete psychische Grundstruktur verantwortlich, deren Kern eine verinnerlichte Vernichtungswelt war, die in der NS-Zeit externalisiert und an anderen exekutiert wurde. Die Ablehnung von Schwäche, Ohnmacht und Hilflosigkeit, die vom NS gepredigt wurde und sich auch in der pädagogischen und psychiatrischen Literatur der zwanziger, dreißiger und vierziger Jahre findet, deutet auf abgewehrte Selbstanteile hin, die auf das Fremde projiziert wurden – der »Volkskörper« sollte gereinigt und die ihm zusetzenden »Schädlinge« »vertilgt« werden. Viel spricht dem Autor zufolge dafür, daß eine Erziehung, die vermittels »Seelenmord« an Kindern diese später zu fühllosen Tätern werden läßt, nach wie vor wirksam ist und daß sich hinter der Fassade einer scheinbar harmlosen Normalität weiterhin ein mörderisches Potential verbirgt.

Normality and National Socialism
The author takes a number of historical and psychosocial indicators as evidence that National Socialism was not a failure of German history but rather a hidden part of a specific German normality which was brought forward. Especially alarming, in Kaminer’s view, is the everyday, business-like way in which the annihilation of Jews, gypsies and the mentally sick was undertaken. The root cause of this he sees in a widespread psychic configuration centering around an internalized world of destruction which in the Nazi era was then externalized and executed in the form of an »execution« of others. The rejection of weakness, helplessness and impotence preached by Nazi ideology, and adumbrated or reflected in educational and psychiatric literature of the 20s, 30s and 40s, points to the presence of denied or repressed aspects of the self projected onto »foreigners«. The »Volkskörper« (the »national body/constitution«) needed to be purified, purged of the »pests« contaminating it. The author identifies evidence to the effect that the »psychic murder« of children later to became implacable slayers in the Nazi era is something that is still perpetrated today on an intergenerational plane.

Formate: pdf
Isidor J. Kaminer
Seite 385 - 409
Medizin und Gewissen

Der Nürnberger Ärztprozeß vor 50 Jahren hat den Beitrag deutscher Ärzte zu den Unmenschlichkeiten im Nationalsozialismus zwar ans Licht gebracht. Dennoch blieben die Euthanasie-Verbrechen, mehr noch als die Judenvernichtung, in weiten Kreisen nicht nur der Ärzteschaft, sondern der gesamten deutschen Bevölkerung über Jahre verleugnet und verdrängt. Richter erinnert an jene Volksärzte, die glaubten, das Wohl des Volksganzen verlange die Opferung gesundheitlicher Individualinteressen, und die die Verschmelzung eugenischer und antisemitischer Vorstellungen etablieren halfen. Er warnt vor der Verdrängung des Ausrottungskrieges gegen psychisch Kranke, ebenso aber warnt er vor der Abgehobenheit einer aktuellen Bioethik-Diskussion. Er appelliert an die Moral und Verantwortung der Mediziner und setzt sich für eine ethische Empfehlung ein, die die Wechselbeziehung zwischen der Menschlichkeit bzw. Unmenschlichkeit des Arztes im Umgang mit sich selbst und im professionellen Wirken im Auge hat.

Conscience and the Medical Profession
The trials of Nazi doctors in Nuremberg 50 years ago were operative in revealing the extent to which medical people were involved in the atrocities perpetrated by the National Socialists. Yet to an even greater extent than the annihilation of the Jews, the Nazis’ euthanasia killings have been hushed up and/or repressed both within the medical fraternity and the German public mind. Richter recalls those nationally-minded German doctors who believed that for the German nation to be completely sound it was necessary to sacrifice individual health interests, thus abetting the fateful collusion between eugenic and anti-Semitic persuasions. He warns of the danger of forgetting the war of extermination waged against the mentally disturbed, but is equally critical of the vague and esoteric nature of today’s ongoing debate on bio-ethical issues. The author calls for a greater sense of personal morality and responsibility among the members of the medical profession and passionately advocates a medical ethic that focusses unwaveringly on the reciprocity between humanity/inhumanity in the doctor’s relationship with himself and in his professional dealings.

Formate: pdf
Horst-Eberhard Richter
Seite 410 - 422
Aus dem Archiv der Psychoanalyse
Der Patient – nur ein Werkstück?
Formate: pdf
Alexander Mitscherlich
Seite 423 - 427
Hauptbeitrag
Das Rätsel des Max Eitingon

Über Max Eitingon, einen der Pioniere der Psychoanalyse, Mitglied des »geheimen Komitees«, sind in den letzten Jahren verschiedentlich Gerüchte in die Welt gesetzt worden, die an Rufmord grenzen: Eitingon, als Sohn wohlhabender jüdisch-orthodoxer Eltern in Rußland geboren, in Österreich und Deutschland aufgewachsen, lange Zeit wohnhaft in Berlin, schließlich emigriert nach Palästina, habe dem Geheimdienst Stalins angehört und sei an einigen der mörderischsten Missionen des NKWD außerhalb Rußlands beteiligt gewesen. Draper widerlegt die gegen Eitingon vorgebrachten Verdachtsmomente, indem er nachweist, daß eine Verstrickung von unzulänglicher Recherche und unzuverlässiger Quellenlage, von Dokumentation und Fiktion sowie ein Wirrwarr um Personen russischer Herkunft und ähnlichen Namens zu diesem Gerücht geführt hat und Max Eitingon nicht der mörderische Sowjetagent gewesen sein kann, als den man ihn darstellt.

Formate: pdf
Theodore Draper
Seite 428 - 456
Max Eitingon ein Geheimagent Stalins? Erneuter Protest gegen eine zählebige Legende
Formate: pdf
Michael Schröter
Seite 457 - 470
Buchbesprechungen
Buchbesprechungen
Formate: pdf
Hanna Gekle
Seite 471 - 474
Buchbesprechungen
Formate: pdf
Ilka Quindeau
Seite 474 - 477
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