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PSYCHE, 1998, Jg. 52, Ausgabe 12

PSYCHE, 1998, Jg. 52, Ausgabe 12

Psychoanalyse und Sexualität

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.12.1998
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187

Details


Hauptbeitrag
Eine schwere sexuelle Hemmung im Laufe der psychoanalytischen Behandlung eines Patienten mit narzißtischer Persönlichkeitsstörung

Anhand des Fallbeispiels eines Mannes mit narzißtischer Persönlichkeitsstörung schildert der Autor eine spezifische Episode, in welcher der Analysand eine nachhaltige sexuelle Hemmung ausbildete. Verborgen hinter diesem Symptom vermutet Kernberg eine massive Kastrationsangst. Den Stillstand des analytischen Prozesses und die Resistenz der Impotenz führt der Autor auf ein Gegenübertragungsagieren seinerseits zurück: Nachträglich erkennt er, daß er die projektive Identifizierung mit den sexuellen Ängsten des Patienten nicht angenommen, sondern defensiv zurückgewiesen hat. Mit dieser Fallbeschreibung gibt Kernberg einen sehr guten Einblick in seine klinische Arbeitsweise: Er entfaltet die Dynamik der Übertragung und Gegenübertragung, beschreibt die Struktur einer narzißtischen Abwehr und legt die Verzahnung von präödipalen und ödipalen Konflikten offen. In der anschließenden Diskussion stellt Werner Bohleber dieser Falldarstellung eine andere, von Kernberg abweichende Sichtweise der im Zentrum stehenden Episode zur Seite: Er ist der Auffassung, daß es sich bei der in dieser spezifischen Phase der Analyse ausgebildeten sexuellen Hemmung des Patienten nicht um einen ödipalen Konflikt, sondern um ein re-enactment handelt, das neues, bis zu jenem Zeitpunkt des analytischen Prozesses unzugänglich gebliebenes traumatisches Material aus der Primärbeziehung in die Übertragung bringt.

A Severe Sexual Inhibition in the Course of the Psychoanalytic Treatment of a Patient with Narcissistic Personality Disorder
With reference to the case of a man with a narcissistic personality disorder, the author describes a specific episode in which the analysand developed a sustained sexual inhibition. Kernberg’s hypothesis is that this symptom is the outward expression of a concealed and massive castration anxiety. The ensuing standstill in the analytic process and the resistance displayed by the man’s impotence are interpreted by the author as deriving from countertransferential acting-out on his part. Retrospectively he realizes that instead of accepting the projective identification with the sexual anxieties of the patient he had in fact defensively rejected it. The description provides excellent insight into the way Kernberg goes to work. He unfolds the dynamics of transference and countertransference, describes the structure of a narcissistic defense, and lays bare the intermesh between oedipal and preoedipal conflicts. In the subsequent discussion, Werner Bohleber offers a different interpretation of this episode, deviating from the one advanced by Kernberg. In his view, the sexual inhibition developed by the patient in this stage of the analysis is not an indication of an oedipal conflict but a re-enactment bringing into the transference new traumatic material from the primary relationship that had been inaccessible prior to this phase of the analytic process.

Formate: pdf
Otto F. Kernberg
Seite 1147 - 1162
Diskussion von Otto F. Kernbergs Fallvorstellung »Eine schwere sexuelle Hemmung im Laufe der psychoanalytischen Behandlung eines Patienten mit narzißtischer Persönlichkeitsstörung«
Formate: pdf
Werner Bohleber
Seite 1163 - 1169 | doi: 10.21706/ps-52-12-1163
Hat Sexualität etwas mit Psychoanalyse zu tun?

In diesem Text, einem Vortrag am Anna Freud Center zu Ehren von Sigmund Freuds Geburtstag, nimmt der Autor die Gelegenheit wahr, einige der Mißverständnisse zu diskutieren und zu klären, die sich in bezug auf Bedeutung und Stellung der Sexualität innerhalb der Psychoanalyse gebildet haben. Er geht dabei von zweierlei Beobachtungen aus, die sich ihm in den letzten zehn Jahren aufgedrängt haben: dem abnehmenden Interesse am theoretischen und praktischen Thema der Sexualität in den einschlägigen psychoanalytischen Zeitschriften sowie der randständigen Bedeutung von Sexualität in vielen klinischen Darstellungen und bei der Diskussion der Fallbeispiele. Einen zentralen Erklärungsfaktor für diese in Greens Augen falsche Entwicklung sieht er in der aktuellen, teilweise modischen Konzentration auf Objektbeziehungen, prägenitale Fixierung, Borderline-Störungen und frühkindliche Entwicklungstheorien. Mit einer Darstellung der Freudschen Auffassungen der Sexualität, ihrer Stärken und Schwächen, unternimmt André Green es, die genitale Sexualität und den Ödipuskomplex wieder an den ihnen gebührenden zentralen Platz zu rücken.

Formate: pdf
André Green
Seite 1170 - 1191
Die neosexuelle Revolution. Über gesellschaftliche Transformationen der Sexualität in den letzten Jahrzehnten

In den reichen Gesellschaften des Westens wird die gesellschaftliche Sexualform seit zwei Jahrzehnten so einschneidend transformiert, daß Sigusch von einer »neosexuellen Revolution« spricht. Deren Auswirkungen sind möglicherweise gravierender als die der »sexuellen Revolution« der sechziger und siebziger Jahre. Die neosexuelle Revolution zerlegt die alte Einheit Sexualität und setzt sie neu zusammen. Dadurch treten Dimensionen, Intimbeziehungen und Sexualfragmente hervor, die bisher verschüttet waren oder gar nicht existierten. Insgesamt verlor die Sexualform an symbolischer Bedeutung. Heute ist Sexualität nicht mehr die große Metapher der Lust und des Glücks. Während die alte Sexualität positiv mystifiziert wurde als Medium der Befreiung, als Rausch und Ekstase, wird die neue negativ mystifiziert als Ungleichheit der Geschlechter, als Mißbrauch, Gewalt und tödliche Infektion. Während für die »Paläosexualität« Trieb, Orgasmus und die Liebe des heterosexuellen Paares kennzeichnend waren, bestehen die »Neosexualitäten« vor allem aus Geschlechterdifferenz, Selbstliebe, Thrills und Prothetisierungen. Aus der Unzahl der miteinander vernetzten Prozesse, die Neosexualitäten hervorbringen, werden drei herausgegriffen: die Dissoziation der sexuellen Sphäre, die Dispersion der sexuellen Fragmente und die Diversifikation der Beziehungsformen. Diese Prozesse gehen mit einer Kommerzialisierung der Sexualität einher. Das mit den allgemeinen Objektiven und Strategien konforme Resultat der neosexuellen Revolution nennt Sigusch »Self-sex«, eine Sexualform, für die Selbstdisziplinierung und Selbstoptimierung charakteristisch sind.

The Neosexual Revolution. On social transformations of sexuality in the past decades
In the last two decades, the social complexion of sexuality in the rich societies of the West has changed so thoroughly that Sigusch feels it is legitimate to speak of a »neosexual revolution«. Its effects may well be even more radical than those of the »sexual revolution« of the sixties and seventies. The neosexual revolution dismantles the integral face of sexuality and recomposes it anew, foregrounding dimensions, forms of intimacy, and sexual fragments formerly existing only covertly if at all. Generally speaking, the complexion of sexuality has forfeited a significant degree of symbolic significance. Sexuality today is no longer the great metaphor for pleasure and fulfilment that it once was. Whereas the precedent form of sexuality was invested with a positive mystique as a medium of liberation, as a source of mind-blowing delirium and ecstasy, the new form has acquired a negative mystique revolving around inequality of the sexes, abuse, violence, and lethal infection. While »paleosexuality« centred on drive, orgasm, and the love between heterosexual couples, »neosexualities« are comprised above all of gender difference, self-love, thrills, and prosthetization. Of the multitude of interconnecting processes generated by neosexualities, the author concentrates on three in particular: the dissociation of the sexual sphere, the dispersal of sexual fragments, and the diversification of relational forms. These processes go hand in hand with the commercialization of sexuality. »Self-sex« is the term coined by Sigusch to characterize the logical result of the objectives and strategies of the neosexual revolution. It is a form of sexuality in which self-disciplining and self-optimization are the distinctive features.

Formate: pdf
Volkmar Sigusch
Seite 1192 - 1234
Buchbesprechungen
Buchbesprechungen
Formate: pdf
Christa Rohde-Dachser
Seite 1235 - 1238
Buchbesprechungen
Formate: pdf
Ludger Lütkehaus
Seite 1238 - 1240
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