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PSYCHE, 2007, Jg. 61, Ausgabe 4

PSYCHE, 2007, Jg. 61, Ausgabe 4

45. IPV-Kongreß in Berlin 2007

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.04.2007
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187

Details


Editorial
Editorial
Formate: pdf
Werner Bohleber
Seite 291 - 292
Hauptbeitrag
Erinnerung, Trauma und kollektives Gedächtnis – Der Kampf um die Erinnerung in der Psychoanalyse

Lebensgeschichtliche Erinnerung und die Rekonstruktion der Vergangenheit haben in der gegenwärtigen klinischen Theorie der Psychoanalyse ihre zentrale therapeutische Funktion eingebüßt, die sie bei Freud hatten. Der Autor zeichnet diese Entwicklung nach und zeigt, wie das Trauma und seine Erinnerung dazu quer steht. Er diskutiert das Problem der Veridikalität von Erinnerungen. Traumatische Erinnerungen unterliegen beim Wiedererinnern nicht einer Transformation durch die Gegenwart. Sie bilden eine Art von Fremdkörper im psychisch-assoziativen Netzwerk, stellen aber keine exakte Replik des traumatischen Ereignisses dar, sondern sind spezifischen Umarbeitungen ausgesetzt. Der Autor beschreibt einige der psychischen Vorgänge in diesem abgekapselten Bereich. Um die dort herrschende Dynamik aufzulösen und Phantasie und traumatische Realität zu entflechten, bedarf es der Erinnerung und einer Rekonstruktion der traumatischen Ereignisse in der analytischen Behandlung. Der Autor beschreibt im Anschluß daran im Zusammenhang mit den sogenannten ›man made disasters‹ die vitale Bedeutung des gesellschaftlichen Diskurses über die historische Wahrheit für das betroffene Individuum und die Gesellschaft. Oft setzt hier ein Nichtwissenwollen ein, um sich nicht mit den Verbrechen, dem Grauen und dem Leid der Opfer konfrontieren zu müssen. Vor allem beim Holocaust stellt sich für die historische Beschreibung das zusätzliche Problem, ihn nicht sinnstiftenden Kategorien zu unterwerfen, in denen der Horror und der traumatische Charakter der Ereignisse verschwinden. Verbrechen zu erinnern entwickelt eine besondere Dynamik. Der Autor beschreibt diese sowie deren transgenerationelle Wirkungen für die deutsche Nachkriegsgesellschaft. Er zieht das Fazit, sich den Problemen einer vielfältigen traumatischen Realität zu stellen heißt auch, einen Kampf darum zu führen, der Erinnerung wieder einen angemessenen Platz in der Psychoanalyse zu verschaffen.

Schlagworte: Trauma, Erinnerung, Holocaust, kollektives Gedächtnis, Rekonstruktion, Verdikalität von Erinnerung, transgenerationelle Dynamik
Formate: pdf
Werner Bohleber
Seite 293 - 321 | doi: 10.21706/ps-61-4-293
Zwischen Erinnerung und Schicksal: die Wiederholung

Übersicht: Ausgehend von der Wiederholung (Agieren) in ihrer metapsychologischen, klinischen und technischen Bedeutung, vermittelt der Aufsatz eine zentrale Problematik: die des psychisch Repräsentierten, des psychisch Nichtrepräsentierten und des psychisch Unrepräsentierbaren. Dies läßt die dialektische Beziehung zwischen Trieb und Objekt und ihren spezifischen Zusammenhang mit dem Traumatischen zutage treten. Der Autor mißt der klinischen Äußerung dieser Beziehung als »Schicksal« eine besondere Bedeutung bei. Er verweist auf eine Veränderung in der Theorie, vom Erinnern und dem Aufdecken unbewußter Wünsche zu der Möglichkeit, die »reine« Wiederholung, die das Wesen des Triebs ausmacht, zu verstehen. Er betont drei Arten der Wiederholung: »die repräsentierende« (ödipale), die des »Nichtrepräsentierten« (narzißtisch), das aber zur Repräsentation gelangen kann, und die des »Unrepräsentierbaren« (Sinneswahrnehmungen, »Erfahrungen aus frühester Zeit«, »vorsprachliche Signifikanten«, »unlenkbare Erinnerungsspuren«). Das Konzept – die Metapher – des Triebkeims führt zu der Frage des Archaischen in der Psychoanalyse, dem Ausdruck der Wiederholung im Agieren: ein »anderes Unbewußtes« versucht, das Verschüttete, das wir noch nicht beschreiben können – weniger das »Untergegangene« oder »Zugrundegegangene« als das »Innerste« –zu verbergen, und zwar mittels eines Mechanismus, dessen Äußerungsweise das Ausagieren in der Wiederholung darstellt. Ausgehend von »Konstruktionen in der Analyse« plädiert der Beitrag für einen behandlungstechnischen Ansatz, der sich von der Freudschen Konstruktion unterscheidet; hauptsächliches Material bildet dabei das, was in der Übertragungsgegenwart als Wiederholung von »etwas« auftaucht, das als Geschichte fehlt. Die Erinnerung im analytischen Prozeß stellt eine historische Diachronie her, wodurch sich eine von Wiederholung befreite, absolut singuläre Zeitlichkeit entfalten kann. Es handelt sich dabei nicht um eine historische Rekonstruktion der tatsächlichen Wahrheit, sondern um die Konstruktion von etwas Neuem. Gestützt auf seine Konzeption sogenannter »psychischer Zonen«, erläutert der Autor einige Aspekte seines Verständnisses der Psyche und der therapeutischen Arbeit. Diese Zonen hängen mit verschiedenen Modi des Unbewußt-Werdens zusammen, die gleichzeitig, nebeneinander, existieren; ihre jeweilige Prävalenz hängt von der vorliegenden Psychopathologie ab. Nichtsdestoweniger taucht jede dieser Zonen mit ihren unverwechselbaren Merkmalen in unterschiedlichen Momenten einer jeden Analyse auf und determiniert sowohl die Position des Analytikers als auch die Beschaffenheit des analytischen Feldes. Die Zone des Todestriebs und der Wiederholung steht im Mittelpunkt dieses Beitrags. Die »reine« Wiederholung drückt eine Zeit aus, die aufgrund der ständigen Wiederholung einer zeitlosen Gegenwart stillsteht. In diesem Fall ist das Agieren die via regia zur Äußerung »dieses« Unbewußten. Die Anwesenheit des Analytikers und sein eigener »Triebeinsatz« bilden die entscheidende Voraussetzung für einen letzten Bindungsversuch, der den Aufbau des verloren gegangenen »psychischen Gewebes« und die hypothetische Konstruktion einer Art »Geschichte« ermöglicht, die die verschütteten Elemente aufdecken kann, die bei diesen Patienten im Agieren zutage tritt. Die »reine« Wiederholung des Analysanden rührt an das neue Unbewußte des Analytikers; es tritt zu ihm in Resonanz. All dies veranlaßt den Autor, noch einmal zu betonen, welch hoher Wert der Selbstanalyse und Re-Analyse des Analytikers für die Suche nach Zusammenhängen zwischen dem, was zum Analytiker gehört, und dem, was zum Analysanden gehört, zukommt und insbesondere für die Differenzierung zwischen diesen jeweiligen Anteilen. Ein gewisser Grad an Auflösung der Bindung gewährleistet, daß etwas nicht Faßbares, das vor der Vereinnahmung durch den Anderen schützt, aufrechterhalten bleibt.

Schlagworte: Erinnerung, Gedächtnis, Schicksal, Wiederholung, Repräsentiertes, Nichtrepräsentiertes, Unrepräsentierbares, Triebkeim
Formate: pdf
Norberto Carlos Marucco
Seite 322 - 344
Den Untergang einer Kultur durcharbeiten

Übersicht: In diesem Beitrag wird beschrieben, wie eine Kultur die Probleme durcharbeitet, mit denen sie aufgrund ihrer drohenden Vernichtung konfrontiert ist. Der Autor konzentriert sich auf das Beispiel der Crow-Indianer, eines Stammes, der in der Prärie im Nordwesten Nordamerikas lebte, und auf ihren letzten bedeutenden Häuptling, Plenty Coups. Psychoanalytische Konzepte spielen eine entscheidende Rolle bei dem Versuch, die Möglichkeit einer kreativen Reaktion zu erklären. Vor allem die kollektive Benutzung von Träumen und Traumdeutung ermöglichte es dem Stamm, ein neues Ich-Ideal zu entwickeln und herkömmliche Scham- und Demütigungszuweisungen auf diese Weise zu transformieren. Dies schuf zudem die Voraussetzung für eine Transformation der psychischen Struktur und eröffnete den Crow-Indianern neue Möglichkeiten, als Crow ein gutes Leben zu führen. Umgekehrt kann uns die Gefahr eines Zivilisationszusammenbruchs neue Möglichkeiten für die konzeptuelle Entwicklung der Psychoanalyse aufzeigen. Die Psychoanalyse muß insbesondere anerkennen, daß eine Destruktion auf der Ebene der Kultur erfolgen kann, ohne daß die Individuen körperlichen Schaden nehmen. Die psychischen Zustände der betroffenen Individuen sind unterschiedlich und komplex und können nicht unter die Kategorie Trauma subsumiert werden. Eine Kultur kann vernichtet werden, ohne daß es eine Eins-zu-eins-Beziehung zu den psychischen Zuständen der Individuen gibt, die ihr angehören. Gleichzeitig werden zahlreiche psychische Zustände durch den Zusammenbruch einer Lebensweise unmöglich gemacht. Diese Phänomene verstehen zu lernen ist eine unverzichtbare Voraussetzung, wenn man begreifen möchte, wie eine Kultur die Gefährdung ihrer eigenen Existenz durcharbeitet.

Schlagworte: durcharbeiten, Untergang einer Kultur, Crow-Indianer, prophetischer Traum, Chickadee-Meise
Formate: pdf
Jonathan Lear
Seite 345 - 367
Stimmen zur Psychoanalyse in Deutschland
Zerbrechen und Unterbrechen
Formate: pdf
John S. Kafka
Seite 368 - 374
Die Psychoanalyse in Deutschland: Ein persönlicher Blick
Formate: pdf
Otto F. Kernberg
Seite 375 - 385
Persönliche Überlegungen zum Selbstbild und Identitätsgefühl der Deutschen
Formate: pdf
H. Shmuel Erlich
Seite 386 - 393
Ein Rückblick auf den 34. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß in Hamburg 1985
Formate: pdf
Friedrich-Wilhelm Eickhoff
Seite 394 - 403
Zur Geschichte der DPG nach dem Zweiten Weltkrieg
Formate: pdf
Franz Wellendorf
Seite 404 - 411
Zur Geschichte der Psychoanalyse
Volle Kraft voraus: Der 7. Internationale Psychoanalytische Kongreß in Berlin (25.–27. September 1922)

Der Berliner Kongreß von 1922 war der bestbesuchte IPV-Kongreß vor dem Zweiten Weltkrieg. Dies lag vor allem an der großen Zahl von Gästen aus Berlin, aber auch an den günstigen Wechselkursverhältnissen, die den Besuch für Ausländer leicht machten. Das Programm war umfangreicher als sonst. Es ist bemerkenswert, wie viele Arbeiten vorgelegt wurden, die im Rückblick als zukunftsweisend oder besonders originell erscheinen: Freuds Ankündigung seiner Strukturtheorie, Ferenczi über seine Genitaltheorie, Abraham über die Entwicklungsgeschichte der Libido, Horney über den weiblichen Kastrationskomplex, Klein über Frühanalyse, Eitingon über die Berliner Poliklinik. Für die Außenwirkung war problematisch, daß nur IPV-Mitglieder und akkreditierte Gäste zugelassen waren und die Presse ausgeschlossen wurde. Insgesamt erweckt der Kongreß den Eindruck eines großen Aufbruchs nach Jahren der Lähmung. Er bot eine imposante Leistungsschau der Berliner Vereinigung und hat im Rückblick einen besonderen Glanz als der letzte Kongreß, an dem Freud noch teilnahm.

All systems go: The 7th International Psychoanalytic Congress in Berlin (25–27 September 1922)
The Berlin Congress of 1922 was the best-attended IPA conference prior to the Second World War. The main reason for this was the large number of guests from Berlin, but the favorable exchange rate at the time also facilitated attendance for scientists from other countries. The program was unusually extensive, including a significant number of papers that, with hindsight, stand out as pioneering or unusually original. These included Freud’s announcement of his structural theory, Ferenczi on his genital theory, Abraham on the evolution of the libido, Horney on the female castration complex, Klein on early analysis, and Eitingon on the Psychoanalytic Polyclinic. The external impact of the Congress was impaired by the restriction of attendance to IPA members and accredited guests. Journalists were excluded from the proceedings. All in all, the Congress gives the impression of a new lease of life after years of stasis. It was an impressive review of what the Berlin Association was capable of achieving and is highlighted in retrospect by the fact that it was the last Congress that Freud took part in.

A toute vapeur: le septième Congrès international de Psychanalyse à Berlin (du 25 au 27 septembre 1922)
Le congrès de Berlin en 1922 fut le congrès de l’API le plus fréquenté avant la Deuxième Guerre Mondiale. Cela fut surtout dû au grand nombre de participants venus de Berlin, mais aussi au taux de change avantageux qui facilita la visite d’étrangers. Le programme était plus chargé que d’habitude. Il est frappant de constater combien de travaux ont été présentés qui, rétrospectivement, apparaissent porteurs d’avenir ou particulièrement originaux: l’annonce faite par Freud d’une théorie structurelle, la contribution de Ferenczi à sa théorie génitale, celle d’Abraham à l’histoire du développement de la libido, celle de Horney au complexe féminin de castration, celle de Klein à l’analyse précoce, le travail d’Eitington sur la policlinique de Berlin. Le fait que seul les membres de l’API et les participants accrédités furent admis et que la presse en fut exclue constitue un problème pour la réception à l’extérieur. Dans l’ensemble, le congrès donne l’impression d’un grand départ après des années de paralysie. Il montre de manière imposante les performances de l’association de Berlin et, rétrospectivement, il brille en particulier en tant que dernier congrès auquel Freud a participé personnellement.

Schlagworte: Berlin, Internationale Psychoanalytische Vereinigung, Berlin, Freud (Das Ich und das Es), Kongresse der IPV, Psychoanalyse und Öffentlichkeit, Theorie-Entwicklung, Freud (The Ego and the Id), International Psychoanalytic Association, Congresses of the IPA, psychoanalysis and the public, theoretical developments in the 1920s, Freud (Le Moi et le Ça), Association psychanalytique internationale, congrès de l’API, psychanalyse et opinion publique, développement théorique dans les années vingt
Formate: pdf
Michael Schröter
Seite 412 - 437
Buchbesprechungen
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Formate: pdf
Thomas Aichhorn
Seite 438 - 441
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