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PTT - Persönlichkeitsstörungen: Theorie und Therapie, 2011, Jg. 15, Ausgabe 2

PTT - Persönlichkeitsstörungen: Theorie und Therapie, 2011, Jg. 15, Ausgabe 2

Von Lug und Trug

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.06.2011
ISSN print: 1433-6308 / ISSN digital: 2625-0780

Details


Editorial
Formate: pdf, html
Birger Dulz, Stephan Doering
Seite 77 - 78
Lug, Trug und Angst

Lüge und Betrug sind Leistungen des Großhirns und scheinen auf den ersten Blick wenig mit dem Affekt der Angst, der in tieferen Hirnschichten verortet werden muss, zu tun zu haben. Es gibt aber Hinweise auf Bedingungen, in denen sehr wohl regelhafte Zusammenhänge zwischen diesen deutlich unterscheidbaren psychischen Phänomenen aufscheinen. Nach der Theorie der Machiavellischen Intelligenz, die Byrne und Whiten 1988 erstmals zusammenfassten, war es gerade die Fähigkeit von Affen und Menschen, antisozialen Betrug zu planen und ihn antizipatorisch vorauszusehen, wenn andere ihn planten, welche das überschießende Anwachsen von Intelligenz ausschließlich innerhalb unserer Art ursprünglich angestoßen hatte. Der Beitrag zentriert sich um dieses Verständnis und verfolgt u. a. den Beitrag der Angst in diesem evolutiven Prozess sowie Auswirkungen auf das Selbstbild, die Moral, die Psychopathologie im Rahmen von Persönlichkeitsstörungen und - in der Einleitung und im Abschluss – auf kreative Leistungen und die Ästhetik.

Lying, fraud and anxiety
At first glance, lying and deception seem to be unrelated to the purely affective state of anxiety. Activities requiring deliberate intent are located in the neocortex, while affective states originate in older brain areas. However, there are indications that circumstances may exist in which these so obviously different phenomena »clearly« appear to be related. In 1988 Byrne and Whiten published a reader on Machiavellian Intelligence that summarized their theory that during evolution the rapid brain development of apes and humans was caused by their ability to plan, and anticipate, intra-species deception. The anticipation of deception by the victim acts as a stimulus that appears to have been the primary cause of the rapid growth of human intelligence. This paper examines the role of fear in that evolutionary process, and discusses lying and deception in the context of mythology, self image, morality, personality disorders, as well as creativity and esthetics.

Schlagworte: Angst, Betrug, Selbsttäuschung, Lüge, anxiety, self deception, Antisoziale Persönlichkeit, antisocial personality, soziale Moral, Machiavellische Intelligenz, lying, fraud, social moral, Machiavellian intelligence
Formate: pdf, html
Sven Olaf Hoffmann
Seite 79 - 86
Lug und Trug der Patienten

Die Charakterisierung des Verhaltens von dissozialen Persönlichkeiten als »Lügen« und »Betrügen« wird als Ausdruck der negativen Gegenübertragung interpretiert. Diese entwickelt sich gegenüber diesen Patienten aufgrund ihrer oft geringen Eigenmotivation für Psychotherapien (wofür es aus psychodynamischer Sicht verschiedene Gründe gibt), ihrer Impulsivität und der Notwendigkeit, die Behandlungsziele herunterzuschrauben. Hinter dem Lügen und Betrügen stehen verschiedene Motive: Mit diesen Verhaltensweisen wird die unerträgliche Realität erträglicher gemacht, sie dienen dem Schutz vor narzisstischen Kränkungen und Schamgefühlen, sind Folge ihres sadistischen über-Ich, sind Ausdruck der Autodestruktivität und der negativen übertragung. Ihnen liegt die überzeugung zugrunde, dass niemand ihnen etwas freiwillig gibt; sie sind eine symbolische Darstellung der innerpsychischen Situation, und sie sind die Folge der Interaktion zwischen Patient und Therapeut. Um mit dissozialen Patienten therapeutisch arbeiten zu können, ist die Bearbeitung der negativen Gegenübertragung und die Klärung der hinter dem Lügen und Betrügen stehenden psychodynamischen Motive notwendig.

Lying and cheating by patients
To characterize the behavior of dissocial personalities as »lying« and »cheating« expresses a negative countertransference. These negative feelings of the therapists are caused by the low motivation of these patients (there are different psychodynamic motives for this), their impulsivity and the need to reduce the therapeutic goals. Behind lying and cheating are different psychodynamic motives: by this behavior the dissocial personalities make the unbearable reality more bearable, it protects them against narcissistic injuries and feelings of shame, it is the consequence of the sadistic super-ego, it expresses autodestructive impulses and negative transference. It is used because these patients think that they will not get anything voluntarily; it can be the expression of the intrapsychic situation, and it can be the consequence of the interaction between patient and therapist. To work therapeutically with dissocial personalities it is necessary to reflect and reduce the negative countertransference and to explore and work on the psychodynamic motives behind lying and cheating.

Schlagworte: narzisstische Störung, negative Übertragung, Über-Ich-Pathologie, negative transference, negative Gegenübertragung, Autodestruktivität, dissoziale Persönlichkeit, Self-destruction, dissocial personalities, negative countertransference, narcissistic disorders, super-ego pathology
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Udo Rauchfleisch
Seite 87 - 91
Machen wir uns nichts vor!
Lug und Trug in der therapeutischen Beziehung

Die therapeutische Beziehung ist das wirksamste Movens der Veränderung eines Patienten. Ohne gute therapeutische Beziehung bleibt Therapie bisher wirkungslos. Das Paradox der therapeutischen Beziehung als Beziehung mit Warencharakter einerseits, ganz persönlicher Beziehung andererseits, bleibt unauflösbar. Gefahren liegen im Spannungsfeld von ehrlicher Authentizität einerseits, entwertender Offenheit andererseits. Sicher schädigend sind alle Formen unreflektierten Funktionalisierens und unethischer Ausbeutung in der Therapie.

Lies and deceit in the therapeutic alliance
The psychotherapeutic alliance is the most effective element of treatment. It represents a business relation and a personal relationship at the same time. This may induce problems within the area of conflict between honest authenticity and devaluing forthrightness. Thoughtless functionalization and unethical exploitation will harm the patient.

Schlagworte: therapeutische Beziehung, Therapieschäden, therapeutic harm, unethisches Handeln in der Therapie, Psychotherapeutic alliance, unethical behaviour
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Ulrich Sachsse
Seite 92 - 102
Lug und Trug der Psychotherapie-Schulen

Psychotherapie als Theorie und Praxis ist gegen Irrtümer, gffs. Unwahrheit nicht immer gefeit. Der Beitrag illustriert diese schlichte Feststellung; nicht alle Irrtümer sind beabsichtigt, aber manche Fehler sind nicht nur lässliche Sünden.

Lie and deception by schools of psychotherapy
Psychotherapy as theory and practice encounter errors; this paper illustrates it by providing some examples. Some of them are intentional, others just happen.

Schlagworte: Praxis, Theorie, practice, Theory, Psychotherapie-Schulen, Irrtümer, Schools of psychotherapy, errors
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Horst Kächele
Seite 103 - 112
Persönliche und institutionelle Dynamik von Lug und Trug in Organisationen

Der Beitrag untersucht Lug und Trug in Organisationen anhand unterschiedlicher Vignetten. Es wird aufgezeigt, wie bei der Veränderung von Berichten persönliche Karrierevorteile und kollektive Abwehr von Risiko Hand in Hand gehen. Hochstapeln wird als »fusionäre Lüge« beschrieben, in der Hochstapler und Getäuschter gemeinsam eine narzisstische Blase positiver gemeinsamer Zukunftserwartung produzieren und Risiken ausblenden. Die »antifusionäre Lüge« wird vom Lügner als subjektive Gegenwehr gegen (so wahrgenommene) Feinde konzipiert, wobei deren Schädigung in Kauf genommen wird. Abschließend wird das Verhältnis von Veränderungsprozessen und moralischer Dimension in Organisationen diskutiert.

Personal and institutional dynamics of lie and deception in organizations
The article works at lie and deception in organizations through analysis of several case samples. It is shown how manipulation of presentations is as well an advantage for the personal career as for the collective defense of risk. The »fusionary lie« is conceptualized as an narcissistic bubble of positive future expectations in the interaction of liar and the duped. The »antifusionary lie« is from the perspective of the liar self-defense against enemies. Finally the balance of change processes and moral dimension in organizations is discussed.

Schlagworte: Kollektive Abwehr von Risiko, fusionäre Lüge, narzisstische Lüge, antifusionäre Lüge, Lüge als Selbstverteidigung, moralische Dimension von Organisationen, Collective defense of risk, narcissistic lie, lie as self-defense, moral dimension of organizations
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Thomas Giernalczyk
Seite 113 - 120
Lüge, Täuschung und Narzissmus bei Straftätern und Rechtsbrechern

In diesem Beitrag beleuchten wir die Rolle von Lüge und Täuschung vor dem Hintergrund narzisstischer Persönlichkeitsmerkmale bei Straftätern und Rechtsbrechern. Herausgearbeitet werden wesentliche konzeptuelle Unterschiede zwischen den umgangssprachlich oft nahezu synonym verwendeten Begriffen Lüge, Täuschung und Betrug sowie die Bedeutung der Selbsttäuschung im Rahmen der psychotherapeutischen Arbeit mit (forensischen) Patienten und Straftätern. Schließlich geht es auch um die Frage, an welchem Punkt bei den genannten Personengruppen, die, sofern die Schwere der Delikte forensisch relevant werden, häufig narzisstische Persönlichkeitszüge aufweisen, eine unwahre Aussage zur Lüge wird, und unter welchen Bedingungen die Problematik durch psychopathologische Phänomene auch anderweitig erklärt werden kann.

Lying, deception and narcissism in offenders and forensic psychiatric patients
In this paper we highlight the role of lying and deception as they relate to narcissistic personality features in offenders and forensic psychiatric patients. Conceptual differences of lying, deception, and fraud are put forward, and the role of self-deception is explained in the context of psychotherapeutic work with forensic patients and offenders. Finally, we discuss the role of narcissistic personality features, which are frequently found in offender groups, for the phenomenology of lying and deception, and we describe the psychological conditions under which verbal statements that are untrue may classify as a lie, and when this may not be the case.

Schlagworte: Narzissmus, Täuschung, Lügen, forensische Psychotherapie, narcissism, forensic psychotherapy, Straftäterbehandlung, lying, deception, offender treatment
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Thomas Ross, María Isabel Fontao
Seite 121 - 129
Lügen Borderline-Patienten?
Überlegungen und Erfahrungen aus der forensischen Psychotherapie

Ausgehend von grundlegenden überlegungen zum Phänomen des Lügens werden Erklärungsansätze zu Manifestationen pathologischen Lügens (psychopathisches Lügen und Pseudologie) bei Borderline- Persönlichkeitsstrukturen zusammengefasst. Anhand von Fallbeispielen werden psychodynamische Zusammenhänge bei Patienten mit Betrugs- und Verleumdungsdelikten dargestellt. Abschließend werden Gegenübertragungsprobleme mit lügenden Patienten skizziert.

Do borderline patients lie? Deliberations and clinical experiences in forensic psychotherapy
Basic considerations about lying as a psychological phenomenon, as well as manifestations of pathological lying (pseudologia fantastica and psychopathic lying) of patients with borderline personality structures will be summarized. Psychodynamical connections of patients with fraud and defamation offenses are explored in case studies. Finally, countertransference problems with lying patients will be discussed.

Schlagworte: Lügen, Borderline-Patienten, Pseudologia, Gegenübertragungsprobleme, lying, Pseudologie, psychopathisches Lügen, psychopathic lying, borderline patients, countertransference problems
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Reingard Cancola
Seite 130 - 138
Münchhausen-Syndrom und Pseudologia phantastica

Der Begriff »Münchhausen-Syndrom« wurde 1951 von Asher zur Beschreibung von Patienten eingeführt, die sich mit erfundenen Geschichten (Pseudologia phantastica) und selbstinduzierten Erkrankungssymptomen wiederholt in Kliniken vorstellten. In der ICD-10 und im DSM-IV wird dieses Phänomen in der Kategorie artifizieller Störungen abgebildet. Auf der Grundlage einer Zusammenfassung der gegenwärtigen Literatur legt diese Arbeit nahe, dass eine Vielzahl damit assoziierter Störungen vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher ätiopathogenetischer Aspekte erfasst werden. Die Kritik an dieser Störungskategorie spiegelt damit die große Variabilität der Definitionen und diagnostischen Kriterien wider, die von verschiedenen Autoren veröffentlicht wurden.

Munchhausen syndrome and pseudologia phantastica
The term »Munchausen syndrome« was introduced by Asher in 1951 for the description of patients who tell fantastic stories (pseudologia fantastica) and deliberately seek repeated hospitalizations at different hospitals for simulated or self-induced acute illnesses. In ICD-10 and in DSM-IV the category factitious disorder covers Munchausen syndrome. On the basis of a review of the relevant literature, this paper suggests that a variety of associated disorders on the basis of different etiological and pathogenetical aspects have to be described. Most of the criticism of the syndrome may be a result of the great variability in definitions and diagnostic criteria used by different authors.

Schlagworte: artifizielle Störung, Pseudologia phantastica, Münchhausen-Syndrom, Munchhausen syndrome, factitious disorder
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Harald J. Freyberger
Seite 139 - 144
Gibt es Zusammenhänge zwischen Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Prostitution?
Literaturübersicht, Fallsammlung und Hypothesen

Der Artikel untersucht erstmals die Zusammenhänge zwischen Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPS) und der Ausübung der Prostitution anhand der vorliegenden Literatur und einer Reihe von Fallbeispielen. Dabei zeigt sich, dass sich die Risikofaktoren für BPS und Prostitution stark überschneiden. Vernachlässigung, Misshandlungen und Missbrauch finden sich sowohl in den Biografien von Borderline-Patientinnen als auch in denen von Prostituierten. Bei Prostituierten finden sich zusätzlich frühe Sexualkontakte, fehlender Schutz durch das Elternhaus, Weglaufen und Obdachlosigkeit. Ein weiterer Entwicklungspfad führt über Substanzabhängigkeit in die Beschaffungsprostitution. Selbstschädigende Sexualkontakte und dependente Beziehungsmuster vor dem Hintergrund einer Borderline-Störung könnten einen zusätzlichen Risikofaktor für den Einstieg in die Prostitution darstellen. Gleichzeitig können im Rahmen der Prostitution erlittene Traumatisierungen eine entsprechende posttraumatische, emotional instabile Symptomatik nach sich ziehen.

Is there a link between borderline personality disorder and prostitution? A review of the literature, case examples, and hypotheses
This paper explores the relation between borderline personality disorder (BPD) and prostitution. It gives a brief review of the literature and describes several clinical cases. Risk factors for BPD and prostitution show a substantial overlap. Neglect, maltreatment, and sexual abuse are common in the biographies of both, BPD patients and prostitutes. Additional risk factors for prostitution are early sexual experiences, lack of parental supervision and care, running away, and homelessness. A second developmental track is leading from substance use disorders to prostitution. Selfharming patterns of sexuality and dependent patterns of relationships in combination with BPD might be a risk factor for prostitution. On the other hand, prostitution might be a risk factor for posttraumatic or borderline symptomatology, whenever prostitutes become victims of violence and sexual abuse.

Schlagworte: Prostitution, Fallbeispiele, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Risikofaktoren, review, borderline personality disorder, risk factors, clinical cases, Literaturübersicht
Formate: pdf, html
Andreas Schindler
Seite 145 - 154
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