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Trauma & Gewalt, 2010, Jg. 4, Ausgabe 2

Trauma & Gewalt, 2010, Jg. 4, Ausgabe 2

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 03.05.2010
ISSN print: 1863-7167 / ISSN digital: 2510-4225

Details


Editorial
Missbrauchsaufklärung: Verjährungsfristen verlängern oder Fürsorge für die Opfer?
Formate: pdf
Günter H. Seidler
Seite 89 - 89
Forum
Seelenmord an Kirchenknaben
Formate: pdf
Wolfgang U. Eckart
Seite 92 - 93
Wissenschaft
Sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche
Aktuelle Befunde

Bezüglich des Kindesmissbrauchs erscheint der Anteil katholischer Würdenträger als Täter jedenfalls in der öffentlichen Wahrnehmung herausragend. Ein deutliches Signal setzte in diesem Zusammenhang der höchste katholische Würdenträger selbst zum Auftakt seines Amerika-Besuchs bereits im April 2008: So hat sich Papst Benedikt XVI. zur Häufung von Missbrauchsfällen durch katholische Priester in den USA »tief beschämt« geäußert – und hartes Vorgehen gegen Kindesmissbrauch angekündigt. Für pädophile Priester sei kein Platz in der katholischen Kirche. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit Fakten das Bild vom »pädophilen katholischen Priester«, der überproportional unter Sexualstraftätern, die Kinder missbrauchen, zu finden sei, tatsächlich stützen. Schließlich existiert bis heute keine offizielle Statistik über geistliche Sexualstraftäter. Weiter gilt es, die Rolle streng hierarchischer Strukturen einer mit großem Einfluss ausgestatteten Organisation, wie die der katholischen Kirche, mit ihrer Forderung nach zölibatärem Ordensleben, bezüglich eines erhöhten Risikos, Sexualstraftäter in ihren Reihen anzutreffen, zu diskutieren. Übt im Ergebnis vielleicht gerade eine rigide Sexualpolitik besondere Anziehungskraft auf pädophil veranlagte Menschen aus oder fördert sie generell sexuelle Übergriffe? Im Fokus des nachfolgenden Beitrags stehen die Resultate der bislang größten Studie, die ausführlich das Phänomen des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Priester der katholischen Kirche untersucht. Erstmals stammen die Daten dabei nicht etwa nur aus den Quellen der Ermittlungsbehörden oder der Justiz, sondern in erster Linie aus den Archiven der katholischen Kirche, welche diese zum Zwecke der Untersuchung öffnete.

IIn the public eye at least, the number of Catholic dignitaries involved in child abuse appears to be disproportionately large. In this connection, the supreme Catholic dignitary made a clear statement at the outset of his visit to America in April 2008. Pope Benedict XVI announced that he was »deeply ashamed« at the accumulation of cases of abuse by Catholic priests in the United States and announced rigorous measures to combat this phenomenon. Pedophile priests, he said, had no place in the Catholic Church. The question arises whether and to what extent the facts of the matter substantiate the image of the »pedophile Catholic priest« and confirm the disproportionate incidence of such cases among the total number of sexual offences involving children. After all, there are as yet no official statistics on clerical miscreants of this kind. Another point urgently in need of discussion is the role played by the strict hierarchical structures of the Catholic Church and its celibacy requirements in connection with the above-average risk of encountering sexual offenders in its ranks.
Is it ultimately conceivable that a rigid sexual policy of this kind may exert a special attraction on men with pedophile leanings or generally pave the way for sexual assaults? The article focuses on the outcome of the largest study so far to examine in detail abuse of children and adolescents by priests of the Catholic Church. For the first time, the data stem not only from police or court records but for the most part from the archives of the Catholic Church, which has made them available for investigation purposes.

Schlagworte: Gewalt, sexueller Missbrauch, Katholische Kirche, Täterprofil, sexual abuse, violence, Priester, Tatneigung, priests, Catholic Church, perpetrator profile, proclivity
Formate: pdf
Ursula Gasch
Seite 94 - 104
DBT-PTSD
Dialektisch Behaviorale Therapie zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung mit schwerer Störung der Emotionsregulation nach sexualisierter Gewalt in der Kindheit und Jugend

Bislang existiert kein wissenschaftlich nachweislich wirksames spezifisches Behandlungsprogramm für Patienten mit schwerer und chronischer Posttraumatischer Belastungsstörung und komorbiden schweren Störungen der Emotionsregulation wie einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Wir entwickelten am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim mit der Dialektisch Behavioralen Therapie für PTBS ein multimodales stationäres Therapieprogramm für diese Patientengruppe. Das Programm basiert auf den Prinzipien und Methoden der Dialektisch Behavioralen Therapie und integriert Methoden der traumafokussierten kognitiv-behavioralen Therapie nach Ehlers und Clark sowie neu entwickelte Interventionen. Das Behandlungsrational, die Hierarchisierung der Behandlungsfoki und die einzelnen Interventionstechniken werden im Überblick dargestellt und anhand einer Fallbeschreibung erläutert. Erste Daten zur Wirksamkeit werden berichtet.

So far, there has been no specific, empirically evaluated psychological therapy programme for the treatment of patients with severe and chronic posttraumatic stress disorders (PTSD) or concurrent disorders involving pervasive emotional dysregulation as found in borderline personality disorders (BPD). At the Central Institute of Mental Health in Mannheim, we have developed dialectical behaviour therapy for PTSD (DBT-PTSD) as an inpatient treatment programme tailored specifically to the needs of these patients and both acceptable and tolerable for patients and therapists. The programme is largely based on the principles and methods of dialectical behaviour therapy proposed by Linehan, the methods of trauma-focused cognitive/behavioural therapy advanced by Ehlers and Clark and various newly developed interventions. The article gives an overview of the treatment rationale, the dynamic hierarchy of treatment foci and the interventions used. These points are exemplified with reference to a case study. Initial efficacy data are also provided.

Schlagworte: Emotionsregulation, posttraumatische Belastungsstörung, Dialektisch Behaviorale Therapie, Borderline-Persönlichkeitsstörung, posttraumatic stress disorder, borderline personality disorder, emotional regulation, Childhood sexual abuse, Sexueller Missbrauch in der Kindheit, dialectical behaviour therapy
Formate: pdf
Martin Bohus, Anne Dyer, Regina Steil, Robert E. Jr. Feldmann, Antje Krüger, Kathlen Priebe
Seite 106 - 117
Traumatisierung durch psychische Gewalterfahrung infolge nicht akzeptierter und damit diskriminierter Homosexualität
Anmerkungen zu gestern und heute

Die Diskriminierung von Homosexuellen und die damit verbundene psychische Traumatisierung der Opfer ist heute ein noch vielerorts anzutreffendes Phänomen. Dabei dominieren gestern wie heute stigmatisierende ätiologische Ansätze, Vorurteile und Pathozentrik die Sicht auf Homosexuelle. Dieses psychopathologische Verständnis und der damit verbundene Umgang mit Homosexuellen haben eine lange Geschichte, wie an historischen Kasuistiken aus der ehemaligen Universitätsnervenklinik Greifswald während der DDR-Diktatur gezeigt wird. Vor diesem Hintergrund ist für eine Ethik des Umgangs mit Anderssein und für eine annehmende Grundhaltung gegenüber Homosexuellen zu plädieren.

Discrimination of homosexuals and the attendant traumatisation of these victims of harassment is a widespread phenomenon. Prevalent perceptions of homosexuality both in medicine and society are still characterised by discrimination, prejudice and pathocentric views. This attitude to homosexuality has a long history. The article illustrates the fact with reference to case reports from the former Greifswald University Hospital for Mental Illness when Greifswald was still part of the German Democratic Republic. Against this background, the article sets out the case for an ethical approach to otherness and a tolerant attitude to homosexuality.

Schlagworte: Homosexualität, Diskriminierung, discrimination, homosexuality, Universitätsnervenklinik Greifswald, DDR-Geschichte, University Hospital for Mental Illness, history of the GDR
Formate: pdf
Florian Steger
Seite 118 - 127
Das »Therapeutische Milieu« als Antwort auf frühe Gewalterfahrung
Der Personzentrierte Ansatz bei komplexer Traumatisierung

»Therapeutisches Milieu« bedeutet nicht eine Therapeutisierung des Alltags, sondern realisiert sich in einer humanistischen, personzentrierten Grundhaltung und Vorgehensweise eines Teams vor dem Hintergrund eines professionellen Verständnisses von Problematiken. Im Betreuungskonzept Therapeutischer Jugendwohngruppen spielt es eine zentrale Rolle. Als Antwort auf früh erlittenen Vertrauensmissbrauch durch komplexe Traumatisierungen in der Kindheit werden Aspekte wie eine konsistente personzentrierte Grundhaltung und Beziehungsgestaltung, prozess- und erfahrungsorientiertes Arbeiten und die Akzeptanz aller Erlebensinhalte im Begleitungsprozess zu den zentralen Inhalten des Hilfeprozesses, sowohl in der Psychotherapie als auch in der begleitenden Betreuung. Der vorliegende Artikel versucht, in einer Verknüpfung der verschiedenen Erfahrungsebenen Forschung, Theorie und Praxis diese personzentrierte Grundhaltung und Herangehensweise für die beraterische und therapeutische Arbeit mit komplex traumatisierten Klientinnen und Klienten in einem interdisziplinären Team zu beleuchten und begleitend an einem praktischen Beispiel aus einer Therapeutischen Wohngruppe für Mädchen nach frühen Traumata zu veranschaulichen.

The term «therapeutic milieu« does not refer to non-stop therapy but to a combination of a humanistically oriented, person-centred species of team work (basic attitude plus therapeutic procedures) with a professional conceptualisation of the problems to be addressed. This approach is central to the care programmes provided in Berlin by residential therapeutic units for young people. In response to the early abuse of trust associated with complex childhood traumas, features like the consistently person-centred approach (both in fundamental terms and in connection with relationships), concentration on processes and subjective experiences and the acceptance of all subjective-experience components in the care process are regarded as the central factors operative both in psychotherapy and accompanying residential care. Combining insights from research, theory and practice, the article attempts to cast light on the interdisciplinary application of this person-centred approach to counselling and therapy for clients with complex traumas. A practical example taken from a residential therapeutic unit for girls who have suffered early traumas is provided for illustration purposes.

Schlagworte: Trauma, Kinder- und Jugendhilfe, therapeutische Beziehung, Gesprächspsychotherapie, therapeutic relationship, children and adolescents, Personzentrierter Ansatz, client-centred psychotherapy, person-centred approach
Formate: pdf
Silke Birgitta Gahleitner
Seite 128 - 140
Forum
Gefahren des Psychologisierens – und: Was Trauma und Kunst verbindet
Formate: pdf
Andreas Maercker
Seite 142 - 147
Aus der Praxis
Neurogenes Zittern
Eine körperorientierte Behandlungsmethode für Traumata in großen Bevölkerungsgruppen

Massentrauma wird immer mehr zu einem Thema globaler Besorgnis, da die Gruppe der Trauma-Überlebenden weltweit ständig wächst. Das Bewusstsein für Trauma und seine schädlichen Folgen dominiert diese Ära menschlicher Geschichte; somit wird Trauma von einem Thema peripheren Interesses zu einem zentralen Gegenstand der Forschung. Es braucht ein neues Paradigma der Traumaheilung, um große Bevölkerungsteile an Trauma-Überlebenden zu behandeln. Dieser Artikel stellt eine grundlegende körperorientierte Theorie und Interventionstechnik für die Heilung von Massentraumata vor. Er beschreibt eine einfache Methode somatischer Entspannung, die überkulturell angewendet und großen Bevölkerungsgruppen vermittelt werden kann. Sie lässt sich von Betroffenen in eigener Verantwortung durchführen und ist unmittelbar wirksam.

Mass trauma is a growing concern in the world. Millions of people worldwide have joined the ever increasing family of trauma survivors. The awareness of trauma and its deleterious after effects are dominating this era of human history. By necessity trauma is being repositioned from a peripheral topic of interest to a mainstream subject of study. A new paradigm of trauma recovery is necessary to address such large-scale populations of trauma survivors. This paper presents a foundational theory and method for the use of a body-based intervention for mass trauma recovery. It outlines a simple method of somatic release that can be taught to large-scale populations, can be applied cross-culturally, can be self-directed, and is immediately effective.

Schlagworte: posttraumatische Belastungsstörung, Trauma, Stress, neurogenes Zittern, Körperzittern, Bodily tremors, neurogenic tremors, Post traumatic stress disorder, stress trauma
Formate: pdf
David Berceli
Seite 148 - 157
Die besondere Bedeutung von Ekel bei komplextraumatisierten Patienten
Eine Pilotstudie aus der ambulanten Praxis

Obwohl komplextraumatisierte/dissoziative Patienten sehr häufig unter ekelhaften Umständen traumatisiert wurden, ist gerade zum Thema Ekel – ausgenommen spezielle Studien im Bereich der Psychosomatik – bisher in der Psychotraumatologie wenig geforscht worden. Ekel scheint im Gegensatz zu Angst, Scham und Trauer (Depression) sowohl bei den Patienten als auch bei den Psychotraumatherapeuten einem unbewussten Tabu zu unterliegen.In unserer ambulanten Pilotstudie an 71 Patienten wurden mit einem Pilotekelfragebogen (PEFB) wichtige neue Hypothesen zu diesem Thema aufgeworfen.
Ekel könnte demnach eine wesentliche Indikatorfunktion im Rahmen der Psychotraumadiagnostik zukommen, da die Untersuchung zeigte, dass gerade Psychotraumapatienten mehr als andere Klientengruppen unter Ekelsymptomen leiden und Ekel schwerer überwinden können als andere Patientengruppen. Gerade in Hinblick auf sexuelle Gewalt und sexuellen Missbrauch in der Familie haben Ekelerinnerungen eine besondere Bedeutung, weil diese widerwärtigen Erlebnisse häufig nicht abgebaut werden können oder offenbar jahrelang in tiefe unbewusste Sphären absteigen. Die Ekelsymptome bleiben und treten überzufällig mit anderen psychosomatischen Symptomen zum Teil indirekt und verdeckt in Erscheinung. Sie exacerbieren häufig in Kombination mit Formen von diversen Ängsten, verschiedenen Aggressionen und Scham. Diskutiert wird, ob wegen dieser komplexen und zum Teil unbewussten Verknüpfungen möglicherweise gerade eine methodische Ergänzung durch interaktionsorientierte Handlungssettings effektiver Abhilfe schaffen könnten als die ausschließliche Anwendung von Gesprächs- und Imaginationstechniken.

Although patients with complex traumas or dissociative disorders are very frequently traumatised under repulsive circumstances, little psychotraumatological research has been devoted so far to the repulsion issue (with the exception of specific investigations on the psychosomatic aspect). Unlike anxiety, shame and mourning (depression), repulsion appears to be subject to an unconscious taboo affecting both the patients themselves and psychotrauma therapists. The pilot repulsion questionnaire (PEFB) used in our outpatient pilot study involving 71 patients has engendered important new hypotheses on this issue. The outcome suggests that repulsion may perform an essential indicator function in psychotrauma diagnosis. The study shows that psychotrauma patients are more likely than other clients to suffer from repulsion symptoms and also find it harder to overcome these symptoms. Repulsion memories have a special significance in connection with sexual violence and sexual abuse in the family. The victims find it impossible to come to terms with these disgusting experiences, which then frequently gravitate to profoundly unconscious spheres and remain there for years. The repulsion symptoms remain and at an above-random rate also appear – sometimes indirectly and covertly – in connection with other psychosomatic symptoms. They are frequently exacerbated by the combination with various kinds of anxiety, aggression and shame. The article discusses the question whether, in view of these complex and sometimes unconscious connections, additional recourse to interaction-oriented settings might not be a more effective approach than the restriction to interview and imagination techniques.

Schlagworte: PTBS, PTSD, Psychotrauma, Psychosomatik, Dissoziative Störung, Komplextraumatisierung, psychosomatics, Ekel, complex trauma, dissociative disorder, repulsion
Formate: pdf
Ralft Vog
Seite 158 - 171
Forum
Forum
Formate: pdf
Oliver Ungerer
Seite 172 - 172
Integrative Traumafachgesellschaft gegründet: »Gesellschaft für Psychotraumatologie, Traumatherapie und Gewaltforschung (GPTG)«
Formate: pdf
Redaktion Trauma und Gewalt
Seite 175 - 175
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