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PSYCHE, 1972, Jg. 26, Ausgabe 11

PSYCHE, 1972, Jg. 26, Ausgabe 11

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.11.1972
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187

Details


Hauptbeitrag
Wirklichkeit und Illusion

Die psychoanalytische Annahme, daß das Es keine spezifische Organisation besitze, wird revidiert. Jenseits der durch Ich-Leistungen aufgebauten objektiv-realen Wirklichkeit und jenseits auch der Ich-Archaismen, die Freud unter dem Namen »Primärprozeß« beschrieb, existiert eine phylogenetisch ältere Es-Form der Realitätserfassung. Ihre Funktionsregeln haben sich unter dem Selektionsdruck entwickelt. Sie wären – und sind es z.T. jetzt noch – der Umwelt angepaßt, dienen der Arterhaltung und schließen eine strenge Ordnung eigener Art in sich. Im Ich hingegen bilden sich mit dem reizautonomen Vorstellungsvermögen, mit der Fähigkeit zur reflexiven Abstraktion und mit Hilfe von Lernprozessen konzeptuelle Strukturen und rationale Operationsregeln, die eine logisch-mathematische Erfassung der Wirklichkeit ermöglichen. Zwischen den beiden heterogenen Ordnungen im Es und Ich besteht Unvereinbarkeit, Inkommensurabilität. Die Gesetze im Es sind a-rational und lassen sich nicht bruchlos in logische Theorien umsetzen. Die Mutter verhält sich dem Kind gegenüber in der Dyade zunächst gemäß der »kreatürlichen« Es-Form der Objektbeziehung. Nur so kann sie ihm die Illusion einer Übereinstimmung des allmählich aufgebauten objektiv-realistischen Mutterbildes mit dem hereditär-subjektiv-psychischen vermitteln und die Kluft zwischen den beiden Bereichen partiell überbrücken. Im so geschaffenen Interaktionsfeld zwischen der phylogenetisch älteren und der jüngeren Organisation erlangen bestimmte (rationale) Ich-Inhalte magischen und symbolischen Charakter. Sie werden mit einem Bedeutungsinhalt beladen, dessen irrationale Überzeugungskraft ihnen vom Es zufließt, und sie bilden die Matrix für kollektive illusionäre Gewißheiten – Wahngewißheiten, welche die Menschen auf eine spezifisch menschliche Weise miteinander verbinden oder verfeinden.

Reality and illusion
The author revises the psychoanalytic assumption that the id does not have a specific organization. Beyond the objective-real world which the ego constitutes within the drive-autonomous sphere of representation and beyond the archaic ego-processes which Freud subsumed under the primary process, there exists an id-form of reality conception which is not logically accountable. This conception is closely related to the communication of animals and is characterized by the expressive gestures and release mechanisms discovered by ethology. The »meaning« of this phylogenetically acquired and hereditarily fixed reality conception is self preservation. The unbridgeable chasm between the two forms of organization, between »understanding« and »explanation«, came about as a result of the divergence between the developmental schedules of the id and of bodily growth, which were first postulated by Bolk. The mother, in her dyadic relationship to the infant, conducts herself in accordance with the id-form of object relations. Only in this way can she convey the illusion to the child that there is a congruence between the gradually constituted objective-real mother image and the subjective-psychic image established through preverbal communication. The capacity for the coalescence of the two spheres is tested with transitional objects – ego-objects which take on a peculiar aura by being drawn into the id-world. This intermediate world of illusion is an accomplishment of the ego; it is the world of art and of religion. Considerations concerning the social function of illusions follow.

Schlagworte: Mutter-Kind-Beziehung, Illusion, Es-Organisation, Realitätsbeziehung
Formate: pdf
Harold Lincke
Seite 821 - 852
Zum Begriff der Realitätsprüfung

Es handelt sich um einen Literaturbericht, der den bisher erreichten Stand der Diskussion um die Ich-Funktion der Realitätsprüfung und deren Beziehung zu anderen Ich-Funktionen vergegenwärtigt. Die Realitätsprüfung soll die realitätsgerechte Wahrnehmung innerer wie äußerer Wirklichkeit sichern. Die Erörterung der verschiedenen theoretischen Ansätze zur Aufklärung der Realitätsprüfung zeigt, daß das psychoanalytische Konzept der »äußeren Realität« bisher unausgearbeitet geblieben ist.

Schlagworte: äußere Realität, Realitätsprüfung, realitätsgerechte Wahrnehmung
Formate: pdf
Marvin Hurvich
Seite 853 - 880
Die psychoanalytische Anschauung der Realität I

Die in den Geisteswissenschaften verwurzelte Psychoanalyse artikuliert sich begrifflich in einer naturwissenschaftlichen (biologischen) Terminologie. Der Autor möchte diese Terminologie variieren, um den Bereich der psychoanalytischen Theorie zu erweitern. Der Begriff »Realitätsprüfung« wird in der psychoanalytisch-klinischen Literatur (gegenüber seinen Konnotationen in der Metapsychologie und seiner Bedeutung in der klinischen Praxis) zu eng gefaßt. Konzentriert auf den psychoanalytischen Prozeß, »von dem aus wir die weitere Realität auf gut Glück extrapolieren«, wird versucht, die spezifische Realitätsauffassung der Psychoanalyse als eine komplexe Mischung der komischen, romantischen, tragischen und ironischen Welthaltungen (die hier im Anschluß an Frye und die philosophisch-literarische Tradition charakterisiert werden) näher zu bestimmen.

Schlagworte: Verstehen, Realitätsprüfung, Geisteswissenschaften, komische Anschauung der Psychoanalyse, romantische Anschauung der Psychoanalyse, tragische Anschauung der Psychoabalyse, Unbehagen in der Kultur
Formate: pdf
Roy Schafer
Seite 881 - 898
Buchbesprechungen
Buchbesprechungen
Formate: pdf
Seite 899 - 900
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